Nikolaus von der Flüe —

Mann des Friedens

 

Betrachtungen zu einem Tafelbild von Michael Blum

 

Marianne Schönberg, Jünkerath

Es gleicht den christlichen Tafelbildern mit Themen aus dem Alten und Neuen Testament aufs Haar, das Bildnis des Nikolaus von der Flüe, in der Schweiz Friedensheiliger genannt. Lange hatte sich Blum gegen diese Arbeit gesperrt. Er verstand den Auftrag des Mannes nicht recht, den man immerzu als abgezehrten Einsiedler zeigte, mit tiefliegenden Augen; gar kein friedvoller Anblick.

Aber es gibt Berichte, die wecken Interesse und so sucht man nach Informationen. Legenden, so wertvoll sie als Erzählung sein mögen, helfen da wenig. Was in alten Blättern geschrieben steht, kommt den Tatsachen näher; und Michael Blum trug in viel Kleinarbeit Material zusammen, das durchaus Fakten lieferte. Der »Heilige Gottes«, der »ehrwürdige Nikolaus von der Flüe, Einsiedler in der Schweiz«, auch liebevoll »Bruder Klaus« genannt, wurde 1417 bei Sächseln im Kanton Unterwaiden geboren. Seine Eltern Heinrich Löwenbrugger und Emma Robert erzogen ihn im christlichen Glauben. Bereits in jungen Jahren waren Arbeit und Gebet sein Tagewerk. Gern hätte er sich dem jungfräulichen Stande gewidmet — so ist's in den alten Papieren zu lesen — doch den Wunsch seiner Eltern und den Willen Gottes ehrend, ging er die Ehe mit Dorothea Wißling ein. Sie gebar ihm zehn Kinder und soll im 40. Lebensjahr noch eine überaus schöne Frau gewesen sein, mit persönlicher Ausstrahlung, vom Glauben geprägt.

Wahrscheinlich liegt hier der Kern allen Verstehens für den Familienvater Klaus, der im fünfzigsten Jahr seines Lebens beschloß, Haus und Hof, Weib und Kind zu verlassen und sich als Einsiedler ins nahe Gebirge' zurückzuziehen. Bedenkzeit bat sich Dorothea zu diesem Plan aus. Dann webte sie eigenhändig das Gewand, das Nikolaus tragen wollte. Michael Blum hat das in einem Tafelbild sehr eindrucksvoll dargestellt. Aber seine zweite Interpretation der Geschichte um den Heiligen bringt Blumen ins Blickfeld des Betrachters. Sie sind seit Jahren in all seinen Arbeiten der sichtbare Schlüssel für Erlösung, Erweckung, Befreiung und wollen auch hier die Zustimmung der Dorothea unterstreichen, die den neuen Lebensweg des Hausvaters und Ehegemahls nur als Trennung auf Zeit annahm.

Für den Unterhalt der großen Familie war gesorgt. Den Hof bestellte bereits der älteste Sohn. Was trieb nun diesen Mann in die Einöde? Frieden wollte er erbitten und vermitteln, für Haus und Hof, für das Land, für die Welt. Bereits in jungen Jahren als Kriegsteilnehmer mahnte er... »Brüder, befleckt den Sieg, den ihr durch Gott errungen, nicht durch Unmenschlichkeit«. Damit stand er gegen jede Form von Raub und Plünderung, er war Beschützer der Witwen und Waisen, Retter jungfräulicher Unschuld vor der Sieger Übermut. Frieden war ihm das höchste Gut. So rief man ihn in Zeiten der Aufstände in den Kantonen als Schlichter an. Stets kam er und sein Wort wurde geachtet. Zwischen den Gebieten Österreichs hatte er 1474 vermittelt, als nach jahrhundertealter Erbfeindschaft der Friede zwischen Habsburg und den Eidgenossen zustande kam. Unzählige Streitereien schlichtete der fromme Mann.

In einer Schrift über die Heiligen unserer Tage, in Wien gedruckt, steht zu lesen . . . »Pius XII, der Friedenspapst wußte sehr wohl was er tat,als er am 15. Mai 1947, nachdem die Schweiz von zwei Weltkriegen verschont geblieben war, Klaus von der Flüe im Petersdom zu Rom heilig sprach. In seiner Predigt meinte der Papst, Klaus sei ein aktueller Heiliger. Das kann heute durchaus unterstrichen werden. In der Kirche in Sächseln gibt es ein Betrachtungsbild des Nikolaus aus dem 15. Jahrhundert. Da liegen Wanderstab und Reisetasche im Stall, der die Christgeburt darstellt und der Besucher liest das Gebet: »Du kommst in Bethlehem zu mir, damit auch ich mich auf den Weg mache, immer wieder neu«.

Was ist dieser Mann für die Menschen unserer Tage? Ein Aussteiger, einer, der Illusionen nachhängt? Er hat es sich gewiß nicht leicht gemacht mit seiner ganz persönlichen Entscheidung, sie war ein Opfer, für ihn, für seine Familie. Inzwischen sind 400 Jahre vergangen. — Die Erde ist uns fast Untertan, der Friede fern.

Symbole im Bild erzählen vom Leben des Hl. Nikolaus, des Friedensheiligen der Schweiz. Auf dem Kopf steht das, was er verlassen hat; Haus und Hof, Garten, Bäume, die Sonne. Hoch ragt neben ihm auf, wohin er strebt. Zur fernen Stadt, in der Gott Frieden und Gerechtigkeit übt. Mit seiner Gattin verbindet ihn der Rosenkranz, das gemeinsame Gebet füreinander. Sie bleibt für ihn bewahrt, ein schönes Bild, von Blumen umrahmt.