Am Kohlberg

Paul Quabeck, Hagen-Helfe

Ein echter Eifeljunge ist immer irgendwie auf Entdeckung aus. So war es auch an einem hellen Sommertage. Dem Dorf gegenüber, jenseits der Lieser, lag ein bewaldeter Bergrücken mit mehreren Hangwegen. Statt nun den Umweg über diese bequemen Pfade zu wählen, nahm unser Bub den direkten Weg nach oben. An einer steilen Stelle mußte er sich mit den Händen festkrallen. Der Boden gab nach; und aus dem Geröll schimmerte etwas Glänzendes. Bei genauem Zusehen bestätigte sich seine Vermutung. Er hatte Münzen aus dem Erdreich hervorgescharrt, fünfzehn kleinere und fünf größere Silbermünzen.

Nachdem sie zu Hause gründlich gesäubert waren, konnte man auf der Prägung das Bildnis eines Bischofs erkennen. Im Umlauf aber fanden sich die Wortreste: Archiepiskopus Trever. . . Ganz deutlich war die Jahreszahl 1648 auszumachen. Also: Erzbischof und damals auch Kurfürst von Trier, Ende des Dreißigjährigen Krieges. Zwei kleine Henkel von einem verrosteten Eisentopf deuteten an, daß es sich hier um Geld handelte, das vor heranrückenden Kriegshorden vergraben worden war. Der Eigentümer war vielleicht verschleppt oder umgekommen, die Stelle aber vergessen. Ein unbekanntes Menschenschicksal!

Man erinnert sich an Erzählungen von verborgenen Schätzen und von Schatzgräbern, die danach suchten. Wie oft mußten die Menschen damals ihre wertvolle Habe verstecken und in die Ring- oder Fliehburgen flüchten, die sie auf hohen Bergen angelegt hatten. Noch heute erinnern die Flurnamen Schwedenschanze, Schwedenwall, Landwehr und Am Galgen an diese schreckliche Zeit.

Unser Bub wollte nun doch genau wissen, warum man das Geld gerade an dieser Stelle vergraben hatte. Es hieß also weiter forschen. Nun war schon immer aufgefallen, daß hier oben am Berg ein größerer, flacher Platz lag und daß die Erde hier besonders schwarz war. Da konnten doch nur Köhler, auch Kohlbrenner genannt, gearbeitet haben. Sie, die in großen aufgeschichteten Holzstapeln, die sie mit Rasen abdeckten, innen ein Feuer entfachten und bei schwacher Luftzufuhr das Holz zu Kohle brannten.

Den ganzen Sommer über wohnten sie neben den Meilern in ihren Köhlerhütten. Dort haben sie sicher auch in schweren Zeiten ihr Geld versteckt. Die Namen Kohlscheid, Kohlberg und Kohlhagen deuten noch heute auf solche Plätze hin. Holzkohle ist schon jahrhundertelang gebrannt worden. Eisen und Stahl, mit Holzkohle geschmolzen, waren besonders rein und für Schneidewerkzeuge gesucht. Aus Schwefel, Salz und Kohlen stellte der Mönch Berthold Schwarz das Schießpulver her. Der Dorfschmied arbeitete gern mit Holzkohle, und die Maler verwandten sie für ihre Kohlezeichnungen. Die Hausmutter aber bewahrte mit Holzkohle das häusliche Herdfeuer und füllte damit auch ihre alten Bügeleisen. Heute noch ist die Holzkohle sehr gefragt. Unser Eifelbub hatte schon mancherlei seltsame Dinge heimgebracht, darunter auch allerlei Getier, Eidechsen, Blindschleichen, Igel, But-terkribse und Nashornkäfer. Daß er aber einen jahrhundertealten Schatz heben würde, das hatte er sich wahrlich nicht träumen lassen. Es war sein ganz besonderes Erlebnis. — Der Berg aber, an dem er ihn gefunden hatte, hieß fortan nur noch der »Kohlberg«.