Orchideen der Eifel

Erhaltenswerte Flora unserer Heimat gefährdet

Hans Kaegelmann, Üxheim-Flesten

Orchideen sind für viele die schönsten, interessantesten und faszinierendsten Pflanzen. Auch für Deutschlands Natur und ihre Schönheit haben sie große Bedeutung. Als besonders vornehme Gewächse stellen viele Arten an ihre Umgebung hohe Ansprüche, die durch fortschreitende Naturzerstörung immer weniger erfüllt werden. Eine Reihe von Orchideen ist daher sehr selten geworden und in ihrem Bestand vom Aussterben bedroht. Von den 55 deutschen Orchideenarten trifft Gefahr des Aussterbens für 1/10, 5 Arten und einige Unterarten, zu. Nach der Roten Liste der gefährdeten Arten sind insgesamt 40 Arten in Deutschland gefährdet, davon 22 stark, in Rheinland-Pfalz außerdem 4 weitere Arten. Lediglich 11 Arten sind nicht als gefährdet aufgeführt, von denen 3 aber auch bereits recht selten sind. 6 Arten sind lediglich in geeigneten Gebieten noch einigermaßen häufig, davon eine nur in den Alpen, sonst, wie auch in der Eifel, nur noch 5.

Die Eifel gehört zu den im Orchideenbestand hervorragenden Gebieten. Sie beherbergt 38 Arten, ebenso viele wie im Land Hessen. In der Verbandsgemeinde Hillesheim kommen 25 Arten vor, im Kreis Daun mindestens eine weitere Art, der bekannte, aber überaus seltene Frauenschuh. Eine der 25 Arten wurde 1983 und 84 allerdings nicht wiedergefunden, das Kleine Knabenkraut. Früher war es eine der häufigsten deutschen Orchideenarten. Noch vor wenigen Jahren kam es in Mengen auf den Wiesen vor, z. B. auf einem Kinderfußballplatz bei Zilsdorf. Als ein neuer Sportplatz errichtet wurde, geriet auch der alte Fußballplatz in die Viehbeweidung. In kurzem war das Kleine Knabenkraut durch die moderne Düngung verschwunden. Sie ist die stärkste Ursache des Orchideenrückgangs. Das Kleine Knabenkraut steht dadurch bereits auf der Liste der stark gefährdeten Arten. Orchideenreichtum ist nur mehr in nicht mineralgedüngtem Gelände vorhanden, in der Eifel an erster Stelle auf den Kalktrockenhängen, die durch Schafbewei-dung entstanden und zum Teil noch ihren schönen Wacholderbestand tragen. 10 der Ei-feler Orchideenarten sind für diese Landschaftsform charakteristisch, davon 8 im Kreis Daun. 9 Arten gedeihen vorzugsweise in Kalkwäldern, 3 in lichten Kalkwäldern, -gebüschen und -wiesen, 4 in Feuchtgebieten. Von letzteren ist eine Art vor wenigen Jahren in der Verbandsgermeinde Hillesheim ausgestorben, der schöne, hohe, schlanke Sumpfsitter, eine weitere anscheinend im Kreis Daun, das Fleischfarbene Knabenkraut. Eine dritte Art, das Glanzstendel, ist in der Eifel und in Deutschland Rarität. Nur eine Art, das Breitblättrige Knabenkraut, ist noch einigermaßen ausreichend vorhanden, aber auch nur an wenigen Stellen.

Die bekannteste und durch ihre große, gelb leuchtende Blüte besonders auffällige heimische Orchidee ist der Frauenschuh. Manche Botaniker meinen, daß der einzige, nicht menschlich angesiedelte Standort der Eifel im Kreis Daun liegt.

Die in der Gesamtheit auffälligsten Orchideen sind die lilablütigen Knabenkräuter und der Händelwurz sowie, in Wäldern und an Waldrändern, die zierlich gegliederten, weiß blühenden Waldhyazinthen oder Stendelwurz. Knabenkräuter kommen in verschiedenen Arten in vielen Landschaftsformen vor: Trockenrasen, Feuchtwiesen, Waldrändern, Gebüschen. Von den 15 deutschen Knabenkrautarten kommen in der Eifel 8 vor, bis vor kurzem auch im Kreis Daun, jetzt wahrscheinlich nur noch 6.

Brandknabenkraut (Orchis ustulata). Hundswurz oder Pyramidenorchis (Anancamptis pyramidalis) zwei stark gefährdete Orchideen der Kalktrockenrasen

Fotos: Horst Brennicke, Koblenz

Brandknabenkraut gehört zum Dia Orc 17 z. Es stellt mehrere Pflanzen mit heller Blüte und abgerundeter, braunroter Spitze dar. Hundswurz gehört zum Dia Orc 26 u. Es enthält eine kräftig purpurrote, pyramidenförmige Blüte.

Eindrucksvolle, schöne, weniger häufige Orchideen sind auch die weiß und rot in Wäldern blühenden Arten von Waldvöglein und die schlanken, herrlichen Sitterarten.

Eine ganz eigenartige Orchidee ist die in Kalkbuchenwäldern nicht seltene, nichtgrüne, bräunliche Vogelnestwurz. Sie enthält kein Blattgrün und ernährt sich nur parasitär durch die Wurzeln von anderen Pflanzen.

Unsere wohl häufigste Orchidee ist wegen ihrer grünen, sich nicht absetzenden Blütenfarbe weniger auffällig, trotz beträchtlicher Größe, das Große Zweiblatt.

Die 5 noch einigermaßen häufigen Orchideenarten sind: Großes Zweiblatt, Geflecktes Knabenkraut, Berg-Waldhyazinte, Händelwurz und Vogelnestwurz.

Sehr eigenartige, besonders auf Kalktrockenrasen vorkommende Orchideenarten sind die Ragwurzarten, im Kreis Daun Fliegen- und Bienenragwurz. Wie ihr Name besagt, haben ihre Blüten ein diesen Insekten ähnliches Aussehen.

Ein Kleinod unserer engeren Orchideenflora ist das kleine Grünliche Hohlzüngel, das in Rheinland-Pfalz stark gefährdet ist. Um so bedauerlicher ist, daß eine Gemeinde widerrechtlich eine der wertvollsten Orchideen- und Arnika-wiesen im Kreis Daun zur Anlage eines nicht genehmigten Sportplatzes vollständig zerstörte, worüber auch der Bürgerbeauftragte von Rheinland-Pfalz Klage führte und meinte, daß Gesetze nicht nur für Bürger, sondern auch für Behörden gälten.

Durch den extrem langen Winter 1984 konnte sich die Natur erst sehr spät entwickeln und mußte das Versäumte im Zeitraffertempo nachholen. Dadurch wurden viele Entfaltungsvorgänge auf kürzere Zeiträume zusammengedrängt, was ein üppigeres Bild vortäuschte. Dies trifft auch auf die Orchideen sehr deutlich zu. Die frühen Orchideen blühten erst mit gut 5 Wochen Verzögerung gegenüber Normaljahren auf. Die zeitlichen Abstände zwischen den Aufblühten der einzelnen Arten verringerten sich.

Alle Orchideenarten stehen unter strengem Naturschutz. Es ist auch völlig sinnlos, sie auszugraben und in den Garten zu verpflanzen. Sie gehen dort ein, da sie auf komplizierte Lebensgemeinschaft mit ihrer angestammten Umgebung unbedingt angewiesen sind. Das trifft auf kaum eine andere Pflanzengruppe in so extremem Maße wie auf Orchideen zu. Man müßte schon kubikmeterweise die Umgebung mit ausheben, um ein Weiterwachsen an anderer Stelle zu erleben. Dessenungeachtet können wir immer wieder Orchideenaugrabungs-stellen beobachten. Bessere Information ist deshalb sehr notwendig. Einigen Schaden richten auch Hobbygeologen an, die in ihrem Eifer nicht auf die Umgebung achten, Orchideen zertreten und Orchideenstandorte durch Grabungen vernichten.

Wie endlich durch allertraurigste Vorkommnisse allgemein ruchbar wurde, kann es mit der bisherigen Naturzerstörung unmöglich länger weitergehen. Eine grundsätzliche und effektive Änderung ist aber nur bei allgemeinem Bewußtseinswandel möglich, für den noch viel Information nötig ist. Nur wenn solch Bewußtseinswandel erreicht wird, werden wir und unsere Nachkommen uns auch weiterhin an der Schönheit und an dem materiellen Wert der Heimat erfreuen können.