Erinnerungen an Willi Bloos

Liselotte Dohm, Gerolstein

 

Originale sterben aus. Das haben wir mindestens zu dem Zeitpunkt erkannt, seit Willi Bloos mit seinem kleinen Hund Pisko (sonntags Urino) nicht mehr durch die Gerolsteiner Straßen spaziert. Das ist nun über ein Vierteljahrhundert her. Weilte er noch unter uns, so wäre wohl kaum jemand vor seinem harmlosen Spott, seiner Ironie sicher. Und manche Karikatur, unser Städtchen und seinen Rat betreffend, wäre auf dem Bierdeckel in einer Wirtschaft so ganz nebenbei zurückgeblieben. Dabei mußte ich oft an unser Rondell denken, das doch zu verschwinden uns lange Zeit bedrohte. Was hätte Willi Bloos daraus gemacht!

Er stammte aus dem Hause des Kunst- und Sammlerfreundes Hofapotheker in Brühl. Er wurde, wie sein Bruder Richard, Kunstmaler. Seine Studien auf den Akademien Düsseldorf und Paris ließen ihn zu einem Kunsthistoriker werden, der jedem Lehrstuhl Ehre gemacht hätte. Doch Willi Bloos hatte nicht den geringsten Ehrgeiz. Er war ganz und gar Bohemien des Montmartre, ehe die Moderne mit Existentialisten und Surrealisten in die Künstlerkeller einfiel. — Nur seinen engsten Freunden war seine große Musikalität bekannt, er spielte meisterhaft Gitarre und Balaleika. Die Vielseitigkeit von Willi Bloos war unbegrenzt. Besondere Verdienste hatte er sich auf naturwissenschaftlichem Gebiet erworben. Er war es, der die einzig dastehende Sammlung versteinerter Seelilien aus den Kalkschichten um Gerolstein für seinen Bruder Richard sammelte, die nun im Kreisheimatmuseum in Sarresdorf vorläufig Aufnahme gefunden haben. Später sollen diese im geplanten geologischen Museum des alten Rathauses die Attraktion werden.

Hier schaut Herr otoos in aller Ruh dem bunten Kirmestrubel zu, doch Pisko richtet unverwandt die Nase nach dem Würstchenstand.

Foto: Lange

Auch den antiken Sammlungen, angefangen bei prähistorischen Gefäßen und Werkzeugen bis zum anspruchslosen Zinnlämpchen aus dem Eifler Bauernhaus, galt seine Leidenschaft. So malte er oft nur nebenbei. Doch gibt es von ihm viele schöne Gemälde aus dem Gerolsteiner Raum, dessen glückliche Besitzer sich noch heute täglich an ihnen erfreuen. Da ist die Büschkapelle im Schnee, oder die Ruine der Löwenburg mit den darunter liegenden Gärten im Bungert. Meisterhaft gelungen scheint mir sein Interieur: Der Blick in die Küche der Burgfamilie Morsch, die Vater und Mutter emsig bei der Arbeit zeigen. Frau Morsch schält Kartoffeln, er fertigt Heurechen an. Das Ergreifendste ist eines seiner letzten Bilder: Die Burgstraße nach einem schweren Bombenangriff. Bis hinauf zur Kirche nur Schutt und Trümmer, daneben rechts und links gespensterhaft die Ruinen von Häusern und Ställen.

Selbstportrait von Willi Bloos als Stadtrat.

Willi Bloos starb in der Nacht des 2. Weihnachtstages 1959 fast 76jährig in seinem Dachkämmerchen des Hauses Krähe, liebevoll umsorgt von Familie Schenk. Er war der Vertreter einer Kulturschicht und Geisteshaltung des 19. Jahrhunderts. Mit unserer schnellebigen Zeit des technischen Fortschritts wollte er nichts zu tun haben. Der älteren Generation bleibt er als liebevoller Spötter unvergesslich, und so schließe ich diese Erinnerung an Willi Bloos mit einer Strophe seines Lieblingsliedes, das er gern bei einem guten Tropfen im kleinen Kreise sang:

Ich gehe meinen Schlendrian

und trinke meinen Wein;

und wenn ich nicht bezahlen kann,

so ist die Sorge mein —

Und sollte auch mein Hemd

durch tausend Löcher schimmern,

so hat sich doch kein Mensch —

kein Mensch darum zu kümmern!