Die Kunst der Orgelbauer

Orgeln der Romantik im Kreis Daun

Matthias Thömmes, Philippsheim

 

Das 19. Jahrhundert brachte mit der gefühlsbetonten Welle der Romantik auch einen tiefgreifenden Umbruch in die Klangwelt der Musik. Die vielfältigen Neuerungen des romantischen Klangempfindens erfaßte schließlich auch die Orgelmusik, da man auch in diesem Musikbereich den neuen Klangvorstellungen gerecht werden wollte. Die Folge davon war ein gravierender Umbruch im gesamten Orgelbau, der von den Klangprinzipien der Barockorgel radikal abwich und sich ganz den klanglichen Normen der neuen romantischen Stilrichtung unterwarf.

Die Orgel der Pfarrkirche Neunkirchen; Pelm Spiel der Organist der Filialkirche Waldkönigen, Bernhard K/äs, Bruder des Organisten der Pfarrkirche, Franz Josef Kläs, Daun-Waldkönigen.

Die Orgel der Pfarrkirche Kirchweiler

Zu den markantesten Merkmalen der neuen Orgelkonzeption gehörten neben einer weichen Gesamtintonation vor allem die Bevorzugung großfüßiger, überwiegend 8' = Register, der Einbau eines Schwellwerkes, zumindest aber eines Registerschwellers für die dynamische Gestaltung der Lautstärken, der Einbau von sog. Schwebestimmen und (bei großen Orgeln) das Fernwerk. Die Schwebestimmen kommen mit ihrem leichten Vibrato besonders gut dem romantischen Klangempfinden entgegen, während das Fernwerk - wie der Name schon sagt - auf Grund seiner entfernteren Position von der Hauptorgel eine entsprechend gedämpfte Klangausstrahlung besitzt.

Als typische Register dieser Zeit gelten auch heute noch neben den Schwebestimmen die Vox coelestis (himmlische Stimme), Aeoline, Lieblich Gedackt, verschiedene weiche Flötenarten (Flauto dolce; Flauto major; Fernflöte) und die Streicher (Geigenprincipal), wie überhaupt die Orchesterorgel, mit der man das Symphonieorchester möglichst naturgetreu nachzuahmen versuchte, die dominierende Erfindung der Romantik darstellte. Bei zweimanualigen Orgeln entwickelte man das vorher meist als Positiv mit Solostimmen ausgerüstete II. Manual mit Hilfe der obengenannten weichen Register zum »leisen Manual« des 19. Jahrhunderts.

Aber nicht nur klanglich, sondern auch äußerlich und technisch wandelte sich die Orgel in dieser Zeit grundlegend. Statt der barocken Rundtürme und prächtigen Schnitzereien griff man nun im Gehäusebau auf die einfacheren historischen Formen der Klassik, Gotik und Romanik zurück. So entstanden die heute noch für diese Zeit typischen Gehäuse in klassizistischem, neugotischem bzw. neuromanischem Baustil. Später entfiel das Gehäuse nahezu ganz, so daß sich die Pfeifen im sogenannten »Freipfeifenprospekt« darboten. Technisch ersetzte man die etwa bis 1870 vorherrschenden Schleifladen mit mechanischer Traktur in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts mehr und mehr durch Kegelladen (so genannt nach ihren kegelförmigen Ventilen) in Verbindung mit der pneumatischen Traktur. Bei letzterer wurde die Verbindung der Pfeifen mit den Tasten durch Luftröhren hergestellt.

Bedeutende Meister dieser Epoche und unseres Raumes waren Wilhelm Breidenfeld und dessen Söhne aus Trier, Johann Schlaad aus Waldlaubersheim, Christian Gerhard aus Bop-pard (die Firma ist heute noch dort ansäßig), Michael Körfer aus Gau-Algesheim sowie die Orgelbauer Müller (Oberehe), Franzen (Trier), Anton Turk und Heinrich Voltmann aus Klausen. Dazu bauten in unserem Raum auch damals schon die heute noch bestehenden Orgelbaufirmen Johannes Klais (Bonn), Gebr. Späth (Ennetach), Walcker (Murrhardt) und Weigle (Echterdingen).

Bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde der romantische Orgelbau beibehalten. Erst mit der in den zwanziger Jahren aufkommenden Orgelbewegung (Orgelreform) begann eine Rückbesinnung auf die Ideale der Barockzeit.

 

Die Orgel der Pfarrkirche Schalkenmehren

Während noch bis vor wenigen Jahren die Orgeln der Romanik in Organistenkreisen geringschätzig bewertet wurden, gelten sie heute mehr und mehr als wertvolle Klangzeugen ihrer Zeit mit hohem Denkmalswert. Man baut sie daher nicht mehr - wie bis dahin üblich - nach barockem Vorbild um, sondern sucht sie so original wie möglich zu erhalten. Im Kreis Daun gibt es noch solche Orgeln in den katholischen Kirchen von Daun-Neunkirchen, Kirchweiler, Gillenfeld und Schalkenmehren. Die Orgel in Daun = Neunkirchen, erbaut im Jahre 1906 von der Firma Johannes Klais, besitzt noch alle Merkmale dieser Zeit (neuromanisches Kastengehäuse mit 3 Rundbögen) romantische Disposition mit leisem II. Manual, Kegelladen mit pneumatischer Traktur. Sie hat folgende

Disposition

1. Manual (C - F'")

II. Manual C - f")

Pedal (C - o")

Principal 8'

Salicional 8'

Subbaß 16'

Gamba 8'

Lieblich Gedackt 8'

Octavbaß 8'

Flauto 8'

Flauto traverso 4'

Choralbaß 4'

Octave 4'

 

 

 

 

Mixtur-Cornett 3-4f Trompete 8'

Koppeln Il/l, P/l, Pll, Subkopel II/I Feste Kombination: p, f, Tuffi, Pianopedal

Ähnliches gilt für die Orgel in Kirchweiler, ebenfalls um dieselbe Zeit von der Firma Johannes Klais erbaut.

Die Orgel in der kath. Pfarrkirche zu Gillenfeld wurde leider 1967 von Orgelbauer Klein aus Obersteinebach (Westerwald) modernisiert, indem ein neuer, elektrischer Spieltisch eingebaut, das ganze Werk elektrifiziert wurde und etliche romantische Register ausgewechselt wurden. Erhalten sind das neugotische Gehäuse, die Kegelladen und eine Anzahl Register. Erbauer und Erbauungsjahr konnten bis jetzt nicht ermittelt werden. Man vermutet, daß die Orgel aus Himmerod stammt. Sie hat heute 17 Register. Dagegen ist die Orgel in der kath. Kirche von Schalkenmehren noch nahezu original erhalten. Das Werk wurde im Jahre 1879 als op. 73 von den Gebr. Breidenfeld gebaut und mit einem neuromanischen Kastengehäuse auf die Emporenbrüstung gesetzt. Es besitzt noch Schleifladen mit mechanischer Traktur und folgende Disposition

Die Orgel der Pfarrkirche in Gillenfeld

Fotos: Nico Sastges

Manual: Collection A

Collection B

Plena

Bordun 16'

Principal 8'

Hohlflöte 8'

Salicional 8'

Octave 4'

Flauto dolce 4'

Octave 2'

Mixtur 2f

Trompete 8'

Pedal: angehängt (besitzt keine eigenen Register)

Die Collectionen A und B sind feste Registerzusammenstellungen. Im »Plena« erklingen alle Register gleichzeitig (volles Werk).