Im Strom der Zeit
Wilma Herzog, Gerolstein
Noch malen Eifelmaler gern
die stimmungsvollen Bilder vom Ginstergold im Abendschein
der Maare Silberflimmer
und reife Felder, windbewegt,
die sanften Lavahügel,
um die ein Bussard Runden dreht
bewegungslos die Flügel.
Noch blickt im Dorf so altvertraut
aus roten Sandsteinaugen
ein Haus in sein Lupinenbeet
ein Stangenzaun muß taugen.
Und doch verrinnt aus Wunden tief
der Eifelheimat Leben:
Moderne Geister, die man rief,
sie brachten nicht nur Segen.
Am Bergfuß holt ein Bagger aus
wie ein gefräßig Tier,
verdaut den Fels, speit Abraum aus,
gibt Kalk auch Split dafür.
Mit Dynamit sprengt man die Wand,
verschandelt so den Blick ins Land.
Noch mahnen Bunker, starr und stumm
von Tod und letzten Schrecken,
man gibt Versprechen denen nun,
die Lehm und Heide decken,
daß deren warmes junges Blut
nicht sinnlos sei verlaufen
und ist doch wieder fest dabei
sich Rüstung einzukaufen.
Und mancher Kämpfer liegt noch heut
vermißt in unsern Wäldern,
und doch sind wieder frischbestellt
die neuen Waffenfelder,
gepflanzt von einer starken Macht
als Schutz uns nun zum Ziel gemacht.
Es dröhnen, donnern die Maschinen,
im Sturzflug streifen sie den Wald,
verborgen liegen alte Minen
und Giftgaslager, neu bei alt.
Das Dorf durchschneidet schnell die Straße,
gestreckt ihr wellender Verlauf,
den Birnbaum konnte man nicht lassen,
dem Haus reißt man die Augen auf.
Gezahnt, gefletscht scheint nun die Tür,
gefüllt mit glänzendem Metall.
Ein Linsenmus ist das dafür,
für das verlorene Erbe all.
So schmückt das ernstgemeinte Haus
heut' Alu, Plastiktand:
Es ist als ob die Bauersfrau
sich schmückt vom Kirmesstand.
Noch malt man gerne hier und dort
die stimmungsvollen Bilder
doch viel Charakter ist schon fort,
schon spät ihn noch zu schildern.
Noch ist nicht jeder Bach gefaßt,
nicht jeder Berg gefressen,
nicht Camping jedem Maar verpaßt,
nicht's Dialekt vergessen,
Noch ist nicht jedes einzle Feld
vom Heckenkranz befreit,
doch ist's den Rest von unsrer Welt
zu retten, höchste Zeit.