Was will das »Maarprogramm«?

Planung biotoplenkender Maßnahmen für die Schutzgebiete Mürmes, Sangweiher und Dreiser Weiher

Werner Wrede, Landschaftsarchitekt, Trier

 

Der Vulkanismus in der Eitel hat nicht nur Vulkane und die berühmten wassererfüllten Maare hervorgebracht, sondern auch zahlreiche Eruptionszentren, die verlandet sind. Diese sogenannten Trockenmaare haben sich zu wertvollen Feuchtgebieten mit gesamtstaatlich repräsentativer Bedeutung entwickelt. Die Kreisverwaltung Daun erteilte den Auftrag, für drei dieser Feuchtgebiete Vorschläge zu biotoplenkenden Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen zu erarbeiten. Alle drei Objekte dienten den Trierer Bischöfen als Fischteiche und enthalten noch heute z.T. sehr gut erhaltene Reste von Zwischenmooren und Seggenrieder. Jedes hat aber seine eigene Charakteristik, weswegen die vorgeschlagenen Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen im einen Falle mehr die Erhaltung des Vorhandenen, im anderen Fall die Schaffung neuer Biotopqualitäten betonen.

Der Mürmes als Beispiel

Der Mürmes, ca. 6 km südöstlich von Mehren gelegen, besteht in seinem Kern aus Feuchtwiesen, Großseggenriedern und einem Zwischenmoor, das auf bis zu 4 m mächtigen Torfschichten wächst. Das Maar besitzt keinen oberirdischen Zufluß und wird ausschließlich von dem Grundwasser gespeist, das ihm von den Hängen zufließt. Seine außerordentlich komplizierte Geologie und Hydrogeologie ist noch nicht erforscht worden. Der Mürmes diente dem Trierer Kurstaat als Fischweiher, wovon noch der Damm zeugt, der den Mürmes nach Südosten abschließt. Heute wird er von vier Entwässerungsgräben durchzogen, die das Wasser aus der Maarschüssel ableiten.

Schutzwürdige Potentiale

Der Mürmes ist für den Naturschutz von herausragender Bedeutung, weil er eine besonders vielfältige und zugleich seltene Tier- und Pflanzenwelt beherbergt. Die wichtigsten Pflanzengesellschaften sind:

- das Fadenseggemoor. Schwingrasen im Zentrum des Moores, das aus der Fadensegge (Gef. Gr. 3) Torfmoosen und Wollgras aufgebaut ist. In den Schlenken und den Torfstichtümpeln kommt der Zwergigelkolben (Gef. Gr. 2) vor. Die Gesellschaft hat ihre Hauptverbreitung in Alpennähe und in Nordeuropa und ist somit in der Eifel eine Rarität.

- das Großseggenried. Es wird überwiegend von der Schnabelsegge gebildet und ist die natürliche Verlandungsgesellschaft mesotro-pher Seen. In ihm kommen z.B. die Sumpfbinse (Gef. Gr. 2), der Fieberklee (Gef. Gr. 3) und das Breitblättrige Knabenkraut vor.

- Naßwiesen mit der Spitzblütigen Binse. Sie umgeben ringförmig das Großseggenried und sind Wuchsort des Haarstrang-Wasserfenchels (Gef. Gr. 2)

das Grauweidengebüsch. An das Großseggenried schließt sich natürlicherweise ein Grauweidengebüsch an. Im Mürmes ist es bereits in das Flachmoor eingewandert und breitet sich auch in Richtung auf die Feuchtwiesen aus.

Alle diese Pflanzengemeinschaften sind landesweit im Rückgang begriffen, da feuchte und nasse Flächen weitgehend entwässert wurden. Sie sind extrem abhängig vom Wasserstand, so daß bereits geringe Veränderungen des Wasserspiegels zu einer starken Änderung der Vegetation führen können. Im Mürmes sind die Pflanzengemeinschaften noch in einem bemerkenswert naturnahen Zustand und in ihrer charakteristischen Abfolge (Zonation) erhalten. Diese Vegetation ist Lebensraum zahlreicher bedrohter Tiere, die typisch für Feuchtgebiete sind. Geradezu als Leitvogelart tritt die Bekassine (Gef. Gr. 2) auf. Sie brütet im Seggenried und den angrenzenden Feuchtwiesen. Weitere charakteristische Vögel der Feuchtgebiete sind das Braunkehlchen (Gef. Gr. 3), der Wiesenpieper (Gef. Gr. 3) und die Rohrammer. Regelmäßige Wintergäste sind die Kornweihe (Gef. Gr. 1) sowie nordische Gänse und Finkenvögel.

Die Schmetterlingsfauna enthält überwiegend mesophile Arten des Offenlandes, aber auch streng an Naßwiesen und Niedermoore gebundene Arten, z.B. den Randring-Perlmutterfalter (Gef. Gr. 2) und die Nachteule Celaena haworthii, von der es in Rheinland-Pfalz nur noch drei Fundplätze gibt. Auch die Libellen sind mit seltenen Arten vertreten.

Somit ist der Mürmes Rückzugsraum für gefährdete Tier- und Pflanzenarten, Brut- und Nahrungsplatz für die Vögel der Feuchtgebiete und Rastplatz für Durchzügler und Überwinterer (Trittstein für Zugvögel).

Gefährdungen

Durch menschliche Eingriffe hat das Naturschutzgebiet bereits Veränderungen erfahren, die sich in der Zusammensetzung der Vegetation ablesen lassen. Ein Anzeichen dafür ist die massive Ausbreitung des Weidengebüsches und das Vorkommen sogenannter Zeigerarten in den natürlichen Pflanzengesellschaften. Eine solche Zeigerart ist z. B. der Rohrkolben, der sich im Zentrum des Zwischenmoores ausbreitet. Er wächst auf nährstoffreichen Standorten, wohingegen die Pflanzengesellschaft des Fadenseggenmoores eine Gesellschaft der nährstoffärmeren Standorte ist. Auch in das Großseggenried sind gemeinschaftsfremde Arten eingedrungen, und zwar überwiegend aus den gut gedüngten und weniger feuchten Wiesen der Umgebung.

Mürmes: Die Kernzone des Flachmoores zeichnet sich durch ausgedehnte Seggenrieder- und -sümpfe aus. Deutlich sind alte, mit Wasser gefüllte Torfstiche zu erkennen. Weiden sind auf der gesamten Fläche in Einzelstellung und geschlossenen Beständen vorhanden. Zwei Entwässerungsgräben durchziehen das Gebiet. Im SW und W grenzen feuchte, seggenreiche Wiesen und Weiden an. Die Flächen oberhalb der Feuchtwiesen werden ackerbaulich genutzt.

Die Beeinträchtigungen des Mürmes sind:

- Entwässerung durch die Gräben, dadurch bedingtes Vorrücken von Pflanzenarten der Fettwiesen.

- Eutrophierung über das Drainagewasser und das Grundwasser infolge der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung auf der Maarumwallung. Die Folge ist eine weitere Ausbreitung des Weidengebüsches und des Rohrkolbens sowie weiterer Arten, die durch Düngung stark gefördert werden und die konkurrenzschwachen Arten der nährstoffärmeren Standorte unterdrücken.

- Brache. Das Brachfallenlassen des Naßwiesengürtels um das Seggenried führt zur Dominanz hochwüchsiger Krauter und Gräser. Solche Bestände werden von vielen Wiesenbrütern, z. B. Bekassine, als Brutplatz nicht mehr angenommen. Gleichzeitig besteht die Gefahr des Eindringens von Weidengebüsch, wie es sich am Südrand des Mürmes bereits abzeichnet.

- Störungen durch Besucherverkehr. Erholungssuchende können bis unmittelbar an das Feuchtgebiet gelangen und damit zu einem Störfaktor für die Brutvögel werden.

DREISER WEIHER: Das Zentrum des Maares ist heute brachgefallen. Deutlich ist das Entwässerungssystem zu erkenne, durch welche die ursprüngliche Feuchtgebietsvegetation vernichtet wurde. Der Kessel ist weitgehend von Gehölzen frei. Unmittelbar an die Brachflächen grenzen im S u. W intensiv genutzte Wiesen an. An der Ostseite wird Ackerbau betrieben. Am Bildrand sieht man einen Pappelbestand und die Gebäude der »Nürburgquelle«.

Die Pflege- und Entwicklungspläne zum Maarprogramm

 

Mürmes

Sangweiher

Dreiser Weiher

48,5

Flächengröße (Maarboden) (in ha)

43,o

34,o

 

Höhenlage (m ü. NN)

4o6

4o5

46o

Schutzstatus

NSG

NSG

LSG

Vegetation

 

Flach- und Übergangsmoor

Großseggenried

Seggensumpf

Feuchtbrachland

Röhricht

Schutzwürdiges Potential:

schützenswerte

Pflanzengesellschaften

 

 

Schlenken- u.

Zwischenmoorges.

Großseggenrieder ,

Naßwiesen

Großseggenrieder

Borstgrasrasen

Pfeifengraswiesen

Schilf bestand

Mädesüß-Flur,

Feuchtwiese

 

Zahl nachgewiesener bedrohter Pflanzenarten

10

1

0

Zahl nachgewiesener bedrohter Tierarten

29

11

1

Beeinträchtigungen

Entwässerung

X

X

(weitgehend

vorentwässert)

Gehölzaufwuchs

X

(X)

Eutrophierung

X (Drainauslauf)

X

X

Brache

X

(X)

direkte Störungen

Erholungssuchende

Wohnhaus

Planungsziele

Erhaltung

Erhaltung + Wiederherstelung

Wiederherstellung

Maßnahmen

 

 

 

 

 

Wiedervernässung,

Entkusselung,

Mähprogramm,

Verminderung der

Eutrophierung

 

Wiedervernässung, Schaffung

von Bruchwald,

Mähprogramm,

Anlage von Tei-

chen, Verminderung der Eutrophierung

Erhaltung der Restbestände,

Anlage von Wasserflächen,

Verminderung der

Eutrophierung

 

Maßnahmen

Das Ziel der Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen muß die Erhaltung der typischen Lebensgemeinschaften des Feuchtgebietes und Zwischenmoores mit seiner Zonierung sowie die Erhaltung der bedrohten Tier- und Pflanzenwelt sein.

 Der Katalog der Maßnahmen umfaßt:

- Wiedervernässung. Durch Einbau eines Wehres am Dammdurchlaß ist der Wasserstand im Mürmes so zu regulieren, wie es den natürlichen Verhältnissen entspricht. Es werden dabei keine zusätzlichen Wasserflächen entstehen.

- Verminderung der Eutrophierung. Die Nährstoff- (Stickstoff-) Anreicherung von den umliegenden Hängen kann vermindert werden durch die Unterbrechung der Drainagerohre sowie die Anlage eines Grünlandstreifens von 20 m Breite als Pufferzone. Die Beweidung der Wiesen im Naturschutzgebiet ist einzustellen. Die Grünlandflächen dürfen nicht mehr gedüngt werden. Durch betriebswirtschaftliche Maßnahmen kann der Stickstoffaustrag auf den Ackerflächen begrenzt werden (z. B. Teilung der Düngergaben je nach Bedarf, Gründüngung).

- Mahd der Feuchtwiesen. Um artenreiche und als Brutplatz geeignete Feuchtwiesen zu erhalten, sollen diese in 2- bis 3-jährigem Turnus gemäht werden, wobei umschichtig immer einzelne Abschnitte auszusparen sind. Das Mähgut ist von der Fläche zu entfernen, um langfristige Nährstoffe aus der Fläche zu transportieren.

- Lenkung des Besucherverkehrs. Der Weg auf der Südseite des Mürmes wird verlegt.