»Ärztliche Hilfe« in der Natur

Heilbehandlung von Bäumen, Pflanzen und des Waldes

Hans Kaegelmann, Flesten

 

Die sterbenden Wälder haben die Öffentlichkeit aufgeschreckt, steht doch noch mehr auf dem Spiel als unser Wald, von dessen Funktion unser Leben in vieler Hinsicht abhängt. Wir stehen jedoch der hochgefährlichen Waldkrankheit keineswegs so ohnmächtig gegenüber wie dies bisher meist hingestellt wird. In der Jahresversammlung des Landesverbandes der Waldbesitzerverbände in Daun im November 1984 sagte der Präsident der Deutschen Waldbesitzerverbände Freiherr von Boeselager, durch die bisher von der Bundesregierung beschlossenen Maßnahmen würde bis 1994 nur ein Bruchteil der den Wald ruinierenden industriell erzeugten Schadstoffe gedrosselt werden. Bis dahin sei der Wald jedoch wahrscheinlich gestorben. Im Versammlungslokal prangte ein großes Spruchband: »Wir Waldbesitzer fordern: Stoppt das Waldsterben jetzt!« Aber wie?

Ergebnisse der Behandlung mit Biplantol: Ein Kischbau vor der Behandlung und ...

...nach der Behandlung wieder mit vollem Geäst und Blättern

Wenn einer krank wurde, ist er Patient, egal ob solch ein Patient nun ein Mensch, ein Tier, eine Pflanze oder eine Lebensgemeinschaft, wie der Wald, ist. Bekanntermaßen wird ein Patient seit altersher ärztlich behandelt, unabhängig von äußeren Ursachen, die ihn schädigend trafen und bevor solche abgestellt sind. Durch Behandlung wird der Kranke wieder gesund oder zumindest gebessert, sofern er nicht bereits unheilbar geschädigt oder die Kunst des Arztes unzureichend ist. Also bedarf auch der Wald der ärztlichen Heilbehandlung, jetzt und sofort, bevor die äußeren Ursachen seiner Erkrankung abgestellt sind. Da die Behandlung von Pflanzen und Lebensgemeinschaften, heute sogenannten Ökosystemen, gegenüber der Medizin für Menschen und Tiere noch wenig entwickelt ist, strengten sich kenntnisreiche und vorausblickende Experten, durch das drohende Sterben der Wälder angespornt, an und schufen in wenigen Jahren die erforderlichen Mittel und Methoden zur Waldbehandlung, die nun so weit praktikabel zur Verfügung stehen, daß der Wald innerhalb eines Jahres wieder gesund gemacht werden kann, sofern dieses Jahr einigermaßen regenreich und die Ausgangslage nicht sehr wesentlich schlechter als 1984 ist.

Ich setzte mich mit diesen verschiedenen Experten im In- und Ausland in Verbindung und veröffentlichte November 1984 mit ihnen die Gemeinschaftsschrift »Heilung des Waldes«, in der die verschiedenen Waldheilungsmethoden und deren Zusammenfassung in einem Gesamtkonzept allgemeinverständlich dargestellt sind. Die 1. Auflage war rasch vergriffen, so daß 1985 die 2. erfolgte, die durch das rasch anwachsende Wissen in zwei Bände aufgeteilt wurde, mit den Untertiteln der Bände: »Praktische Soforthilfe zur Heilung des Waldes, bevor es zu spät ist« und «Gelöste und ungelöste Probleme der Waldheilung.« Wie unwahrscheinlich Baumbehandlung wirkt, zeigen die nebenstehenden Bilder, eine kleine Kostprobe aus dem beweiskräftigen Bildmaterial des Buches.

Im Rahmen des Deutschen Bundes für Vogelschutz führten wir im Kreis Daun und seiner Umgebung eine Reihe von Baumbehandlungen durch, so in Stadtkyll, Feusdorf, Esch, Birgel, Hillesheim, Üxheim, Ahütte, Flesten, Blankenheim und Hoffeld.

Neben vielen zusätzlichen Möglichkeiten bestehen die Hauptbehandlungsarten für Pflanzen, Bäume und Wald, ganz wie bei Menschen und Tieren, in Arznei- und Ernährungsbehandlung. Arzneien wirken am raschesten, sind am einfachsten handhabbar und werden daher bevorzugt, oft auch zu einseitig, angewendet. Auch für die Waldheilung kommen wir mit Arzneien am raschesten zum Ziel. Die Wirkung kann durch die zweite Behandlungsart unterstützt, verlängert und stabilisiert werden. Da sich Landpflanzen aus dem Boden ernähren, ist für sie Ernährungsbehandlung Bodenbehandlung. Gesunder Boden ist Humus, der in vielen Wäldern, besonders Nadelholzmonokulturen, gefährlich zurückging und vielerorts zerstört wurde. Humusbehandlung ist daher die zweite Behandlungsart, die uns zur Verfügung steht. Humus entsteht aus organischen Abfällen, die mittels Kompostierung durch die Tätigkeit der Bodenlebewesen in fertigen, für Pflanzenernährung geeigneten Humus überführt werden. Die wichtigsten Bodenlebewesen sind Bakterien, Pilze und Regenwürmer. Regenwurmzusatz zum Kompost kann den Prozeß der Humusproduktion erheblich beschleunigen und damit rentabilisieren.

Für Pflanzen heilend wirkende Arzneien sind uns bisher eine ganze Reihe bekannt. Die wichtigsten und für Wald, Bäume und andere Pflanzen seit Jahren am besten und mit verblüffendem Erfolg erprobten sind:

1. Glukuronsäure-gamma-lactat nach Dr. med. Valentin Köhler

2. Biplantol nach Konrad Würthle

3. D-Resorber nach Alfred Frick.

Die auf den beigegebenen Bildern wiedergegebenen Bäume sind mit Biplantol behandelt. Alle dieser Arzneien haben keinerlei schädigende Nebenwirkung, sind völlig ungiftig und können nicht überdosiert werden. Die genannten enthaltenen Substanzen, die überall in der Natur, in Mikroben, Pflanzen, Tieren und Menschen, entgiftend wirken: Uronsäuren, die den Zuckerstoffen chemisch verwandt sind, aber eine ganz andere Funktion haben.

Ebenso wie die Arzneibehandlung für Pflanzen, Bäume und Wald liegt auch die Humusbehandlung in einer Reihe verschiedener Modifikationen vor. Die Ursprünge sind uralt. Die wissenschaftliche Erforschung geht auf den Altmeister der Ökologie, der Waldkunde und der Bodenmikrobiologie Raoul France zurück. Seine Frau Annie France-Harrar zog 1950 die praktischen Folgerungen in einem umfangreichen wissenschaftlichen Werk »Die letzte Chance für eine Zukunft ohne Not«, in der sie systematische wirtschaftliche Umwandlung aller organischen Abfälle in Humus weltweit im Rahmen einer »Weltorganisation für Humusproduktion« fordert. Von diesem epochalen Werk ergriffen ging Paul Wilm in Stadtkyll an die praktische Verwirklichung und gründete die »Weltorganisation für Humusproduktion nach Annie und Raoul France«, die inzwischen in vielen Ländern zwischen Kanada, Chile und Indien vertreten ist und gerade in den entferntesten Gebieten Universitätsgelehrte zu begeisterter Mitarbeit fand. Auf Grund der Franceschen Forschungen propagiert Wilms Humusproduktionsstätten in Abständen von etwa 50 km, um unrentable Transportwege zu ersparen. Mit dieser Methode kann das Welternährungsproblem gelöst und »Brot für die Welt« besser geschafft werden als durch Almosen. Eine Reihe von Humusproduktionsstätten arbeitet inzwischen nach der Methode von Wilms. Am besten hat sich der in Diekirch/ Luxemburg arbeitende Betrieb inzwischen entwickelt. Damit jeder sofort auf einfachste Weise Humusproduktion betreiben kann, auch im Haupt- und Nebenberuf als Humuswirt, wurde die »Praktische Gebrauchsanleitung zur Humusproduktion und Kompostregenwurmzucht« herausgegeben.

Angeregt durch die Arbeiten der Frances und durch den Bio-Landbau-Schriftsteller Gustav von Heyer schuf Wilms die Baumhumusbehandlung mittels Aufbringen von organischen Abfällen und Kompostregenwürmern auf die Baumscheiben. Auch mit dieser Methode werden schwerkranke Bäume wieder gesund. Die Möglichkeiten der Wald-, Baum- und Pflanzen-Humusbehandlung bestehen jetzt in einer Reihe verschiedener Formen, wie

1. Aufbringen geeigneter organischer Abfälle auf den Boden ohne und

2. mit Regenwurmzusatz

3. Flächenkompostierung

4. Aufbringen von fertigem Humus

5. Buschkompostierung nach Jean Pain

6. Restholz-Klärschlamm-Kompostierung nach Dr. Erich Koch

7. Zusatz von Pferdemist dazu nach dem Förster Roland Kästner

8. Kompostaufbringung aus Pappel-Weiden-Dünnholz-Plantagen

9. Aufbringen von Rückständen der Biogaserzeugung nach dem Brasilianer Jose Lutzenberger

10. Gründüngung mit Leguminosen (Hülsenfrucht- oder Schmetterlingsblütenpflanzen) Ganz besonders erfolgreich ist das Buschkom-postierungsverfahren, das der verstorbene Jean Pain in der Provence entwickelte. Frederik van den Brande in Londerzeel bei Brüssel entwickelte daraus eine internationale Organisation, die in vielen Ländern arbeitet. In Belgien haben bereits 1/6 der Gemeinden die Methode Jean Pain praktisch übernommen.

Wenn die nun ausreichend vorliegenden praktischen Methoden der Arznei- und Humusbehandlung auch angewendet werden, kann der Wald ziemlich rasch gerettet werden, bevor es zu spät ist.