Säulenförmiger Wacholder auf unterdevonischem Boden bei Bleckhausen. Foto: Stefan Rüge

Historische Landschaftsbilder

Die Eifel im Heide- und Wacholderkleid des 19. Jahrhunderts

Dr. Werner Schwind, Gerolstein

 

Das Landschaftsbild der Eifel hat sich in den letzten 100 bis 150 Jahren erheblich gewandelt. Wiesenmeliorationen, Ödlandaufforstungen, Umwandlung von Laub- in Nadelwälder, Abbau oder Teilabbau von vulkanischen Bergen und nicht zuletzt Straßen- und Häuserbau haben der Eifel ein neues Gesicht verliehen. Auf diesen — außerordentlich interessanten — Gesamtkomplex wollen wir im folgenden aber nicht näher eingehen*. Vielmehr soll an dieser Stelle nur ein Hinweis auf die Eifel im 19. Jahrhundert als Heide- und Wacholderlandschaft gegeben werden.

Es existierten im Prinzip zwei dominierende Heidetypen, einmal die Heiden mit Calluna vulgaris auf den sauren Unterdevon- und Buntsandsteinböden, zum anderen die Heiden der Kalkgebiete. Die Heideflächen mit ihrer unterschiedlich lichten Wacholderbestockung waren keine natürlichen, sondern rein anthropogene (menschlich bedingte) Gebilde. Der Wacholder (Juniperus communis) verbreitete sich auf den Ödländereien vor allem dort, wo ständige Beweidung mit Schafen pflanzliche Konkurrenz ausschaltete bzw. schwächte und dem konkurrenzschwachen, aber anspruchslosen Wacholder auf diese Weise gute Verjüngungsmöglichkeiten geboten wurden.

Heute erinnern nur noch wenige Flächen in der Eifel an Juniperus communis, so z.B. das kleine Wacholderschutzgebiet bei Bleckhausen oder die reizvollen Wacholderheiden in der Dollendorfer Kalkmulde.

Die Landschaft der Eifel besaß im vergangenen Jahrhundert zweifellos einen außergewöhnlichen Reiz, sie verdeutlichte aber auch die enormen landeskulturellen Probleme dieser damals armen, rückständigen Region. Die Wirkung der Heide- und Wacholderflächen auf den Betrachter wird in verschiedenen gedruckten und ungedruckten Landschaftsbeschreibungen des 19. Jahrhunderts plastisch aufgezeigt. Sie war sehr unterschiedlich, je nach der mehr realistischen oder romantischen Ader der Verfasser. Während die einen von der Heide als trostloser Öde sprachen, verkörperte für andere die Heide höchsten landschaftlichen Reiz. Besonderen Eindruck auf den Betrachter (vor allem auf denjenigen, der nicht in der Eifel lebte) hinterließen meist die Wacholdertriften. Koernicke und Roth (1907, »Vegetationsbilder«) bezeichneten den Wacholder als »das für die Eifel charakteristische Nadelholz«. Er beherrschte ihrer Beschreibung nach fast alle höher gelegenen Calluneten, wo er »in schier unendlichen Mengen, teils einzeln stehend,..., teils zu dichten Trupps und Dickichten vereint, die Heide besetzt« hielt. Der Wacholder trat in Exemplaren bis zu 7 m auf. Von diesen Wacholderheiden muß eine seltsame Faszination ausgegangen sein, denn Koernicke und Roth schreiben, daß »ein besonders starkes naturempfindliches Gemüt« dazu gehöre, »um den schweren, düsteren Eindruck zu ertragen und die herbe Schönheit voll zu erfassen, die in dieser weltabgeschiedenen Wacholderlandschaft« lag.

Wacholderheide in der Dollendorfer Kalkmulde. Die kurzstämmige Form ist typisch für den Wachholder auf trockenen Kalk- und Dolomitböden. Beide Aufnahmen zeigen kulturgeschichtliche Naturdenkmäler der Eifel. Sie erinnern an frühere Landnutzungsformen in diesem Gebiet.

Daß die Beschreibung dieses »Vegetationsbildes« vom Beginn unseres Jahrhunderts aus der Eitel stammt, erscheint heute fast unglaublich. Tatsächlich bestanden aber Mitte des 19. Jahrhunderts mehr als 200 000 ha dieser Region aus Öd-, Wild- und Schiffelland, wovon ein nicht bekannter, aber sicher nicht unbedeutender Teil mehr oder weniger licht mit Wacholder bestockt war.

Auch Heimatdichter wie W. Müller konnten sich dem Reiz der Heide- und Wacholderflächen nicht entziehen:

»Auch dort die Höhe, wo roth die Halde blüht, Wo immergrün Wacholderstauden ragen, Die Schlehe reift, die Hagebutte glüht, Hab' ich durchstreift an manchen schönen Tagen;«

Einen optischen Eindruck der damaligen Eifel-heide verdanken wir — von den sogenannten Tranchot-Karten einmal abgesehen — neben wenigen Restflächen und einigen Fotografien vor allem Gemälden bekannter Landschaftsmaler wie z.B. Fritz von Wille oder Wilhelm Degode. Die betreffenden Gemälde zeigen faszinierende Landschaftsbilder, lassen aus landeskultureller Sicht aber auch die Unfruchtbarkeit großer Eifelbereiche erkennen, bevor die großen landwirtschaftlichen Meliorationsmaßnahmen begannen.

* Dieser wird mit umfangreichen Quellenangaben — optisch unterstützt durch ein- und mehrfarbige Karten, Zeichnungen und Bilder — ausführlich dargestellt in dem Buch des Verfassers »Der Eifelwald im Wandel der Jahrhunderte«, Eifelver-ein Düren.