Weil Kröten uns nützlich sind

Beobachtungen am Krötenschutzzaun bei Crumps Mühle

Günther Heerwagen, Birgel

 

In den vergangenen Jahren rückten auch die sonst verborgen lebenden Kröten ins öffentliche Blickfeld. So hörte und las man auch bei uns im Kreis von Kröten und Krötenschutzzänen. Sehr starke Wechsel findet man bei Crumps Mühle bei Birgel, in der Nähe von Birresborn und im Maubachtal bei Boverath. Autofahrer konnten im späten Frühjahr nach Anbruch der Dunkelheit Gestalten beobachten, die mit Taschenlampen und Eimern bewaffnet waren und oftmals auch Kröten sehen, die plattgefahren auf der Straße »alle Viere« von sich streckten.

Erdkröten gehören zu den Lurchen wie Gras- und Wasserfrösche und verschiedene andere Krötenarten. Sie unterscheiden sich aber wesentlich in Laichzeit und Gewohnheiten. Sie sind in Wäldern und Gärten ebenso heimisch wie in Wiesen und Feldern. Wie alle »Frösche« sind sie ausgesprochen nützliche Tiere, die viele Schadinsekten, Schnecken und Gewürm mit Appetit vertilgen. Vorwiegend sind Kröten nachts aktiv. Tagsüber verkriechen sie sich. Sie brauchen kein Gewässer, der Nachttau genügt ihnen, um nicht zu vertrocknen. Anders ist es jedoch zur Laichzeit.

Im späten Frühjahr, Mitte April bis Mai, beobachtet man die auffällige Wanderung der erst mit drei Jahren geschlechtsreifen Erdkröten zu ihrem Laichgewässer. Oft sind einige Kilometer Entfernung zu überwinden. Da die Erdkröte grundsätzlich zu dem Gewässer zurückgeht, in dem sie gezeugt und geboren wurde, steht sie manchesmal vor größten Problemen, sofern dieses inzwischen zerstört oder zugeschüttet worden ist.

Sie ist im allgemeinen auf ein stehendes Gewässer angewiesen, welches keine Raubfische enthält, also alte Bombentrichter oder andere Tümpel. Kaulquappen werden von Fischen nicht gefressen, da sie anscheinend einen abstoßenden Geschmack haben, aber wenn sie fast zur Kröte entwickelt sind, verliert sich dieser und die Jungkröten müssen sich gewaltig beeilen, ihr Leben an Land zu beginnen. Nicht alle Jungamphibien, die oft in Massen auftreten, sind Kröten, meist sind es die anspruchslosen Grasfrösche, die schon ab Februar in selbst kleinen Pfützen gelaicht haben. Kreuzen Krötenwanderwege vielbefahrene Straßen, so kommt es zu einem Massensterben.

Der Krötenschutzzaun bei Crumpsmühle

Jedoch ist in den letzten Jahren mit dem Rückgang der Laichgewässer und der Kröten auch das Massensterben auf der Straße geringer geworden. Es trifft die vom Aussterben bedrohte Krötenart um so härter, wenn jetzt noch Sterbefälle »durch Überfahrenwerden« eintreten; so etwas hat die Natur nicht eingeplant! Verspüren die Kröten, daß es Zeit zum Laichen ist, treffen sie oft noch weit vom Wasser entfernt einen Geschlechtspartner. Beim Männchen löst sich ein Klammerreflex aus, und es sitzt nun fest auf dem Rücken des Weibchens. Huckepack läßt sich der Herr Gemahl weiterschleppen. Ist nun eine Straße zu überqueren, so ist dieses beladene Weibchen langsamer als einzelne Kröten und hat deshalb das Risiko, noch eher überfahren zu werden.

Diese Wanderung findet vornehmlich an warmen, möglichst noch regnerischen Abenden und Nächten statt. Kröten sind sogenannte wechselwarme Tiere, das heißt, ihre Körpertemperatur ist von der Außentemperatur abhängig. Ist es kühler, so werden infolge der niedrigeren Bluttemperatur die Bewegungen der Kröte langsamer. Gerade in diesem Zustand sind Lurche besonders gefährdet, wenn sie auf eine Straße kommen, die noch Sonnenwärme gespeichert hat. Sie nutzen diese Wärmequelle zur Rast, um mehr Beweglichkeit zur Fortsetzung der Wanderung in die Abendkühle zu erreichen.

Damit diese Gefahr verringert wird, werden vielerorts paralell zu den Straßen im Bereich der Krötenwechsel von Naturschützern mit Genehmigung der Behörden Krötenzäune aufgebaut, die es ermöglichen, die Kröten abzufangen, einzusammeln und gefahrlos über die Straße zu bringen.

Ideal wäre ein Tunnel unter der Straße, in welchen die Kröten mittels trichterförmig angelegter Zäune gelenkt werden. Aufgrund der hohen Kosten einer nachträglichen Untertunnelung ist dies bei bestehenden Straßen nicht wirtschaftlich.

So sieht man bei Dunkelheit und Regen bis in die späten Nachtstunden die freiwilligen Helfer beim Einsammeln und Übersetzen der Erdkröten. Erreichen nun letztere unversehrt ihr Laichgewässer, so läßt nach etwa vierzehn Tagen Aufenthalt das Weibchen einen perl-schnurähnlichen Laichstrang ab, der von dem auf ihrem Rücken sitzenden Männchen befruchtet wird.

Nach einigen Wochen schlüpfen die Kaulquappen und nach ihrer Entwicklung zu kleinen Kröten verlassen sie das Wasser, um nach Jahren und kilometerlanger Wanderung genau zu diesem Tümpel zurückzukehren, wo auch sie sich fortpflanzen werden.

Die Altkröten krabbeln nach dem Ablaichen meist wieder bei Regenwetter aus dem Tümpel und kehren in Wald und Flur zurück.

»Huckepack" über die Straße

Wieder haben sie die lebensgefährdende Straße zu überqueren, bis sie im nächsten Frühjahr, sofern sie nicht vertrocknet, vergiftet, überfahren, zertreten oder gefressen sind, wieder zur Laichzeit erscheinen, sicher insgeheim hoffend, daß rücksichtsvolle Autofahrer, wenn ihnen Kröten begegnen, den Fuß vom Gaspedal nehmen.