Mineralogentreff am Emmelsberg

Wodurch Üdersdorf weltbekannt wurde

Hans-Joachim Theis, Üdersdorf

 

Manch ein Feriengast hat sich bei einem Spaziergang im Bereich Tellerlei an Wochenenden wohl schon so seine Gedanken gemacht, was es damit auf sich hat, daß viele, mit Stiefeln und Helmen bekleidete und mit Hammer und Meißel ausgerüstete, Männlein und Weiblein im Steinbruch und in der Lavagrube Üdersdorf stehen und auf Steine klopfen.

Da der Feriengast weiß, daß es die Arbeit im Steinbruch als Strafe nicht mehr gibt ist guter Rat teuer. So wird dann ein Einheimischer gefragt, was da in den Brüchen passiert. Der Gast kann dann erfahren, daß es sich bei den Menschen um Fossilien- und Mineraliensammler handelt. Genauere Auskunft kann man ihm jedoch meist nicht geben.

So habe ich mir einmal die Mühe gemacht und einen Teil der Leute »unter die Lupe« genommen. Alle Berufssparten tauchen in der Grube und im Steinbruch auf, Professoren, Direktoren und Arbeiter. Diese Leute kommen auch teilweise aus anderen Ländern. Doch was verbindet diese Menschen und was treibt sie an den Rand des Dorfes? Um darüber mehr zu erfahren habe ich mich in die Fachliteratur eingelesen und diejenigen, welche Arbeiten über den Steinbruch und die Lavagrube Emmelsberg gefertigt haben, angerufen und um weiteres Informationsmaterial gebeten. Dieses Material wurde mir dann auch freundlicher Weise zur Verfügung gestellt.

Doch damit war die Frage, was die vielen Menschen nach Üdersdorf treibt noch nicht beantwortet. Erst bei genauem Studium der Literatur wurde mir bewußt, welche Raritäten Üdersdorf in Wirklichkeit zu bieten hat und warum Üdersdorf unter Mineralogen weltbekannt ist.

Der Emmelsberg (Lavagrube Slabik) ist ein basaltischer Vulkankegel, überwiegend aus Schlackentuffen aufgebaut und von Basalt durchsetzt. Er gehört zum quartären Vulkanismus der Westeifel. Es gibt seltene Mineralien welche durch Toneinschlüsse im Lava enstanden sind. Diese Einschlüsse finden sich in allen Größenordnungen bis zu Kopfgröße. Die Sammler interessieren sich jedoch nur für Stücke bis zu Hühnereigröße, da nur bei solchen Einschlüssen der Umwandlungsprozeß so weit fortgeschritten ist, daß sich neue Mineralien bilden konnten. Die umfangreichsten Funde wurden bisher an der Nordseite des Bruches gemacht. Folgende Mineralien wurden unter anderem bisher am Emmelsberg gefunden: Sellait, Haematit, Pseudobrookit, Tri-dymit, Cristobalit, Rutil, Mullit, Titanit, Cordierit, Osumilith, Augit, Nephelin, Leucit, Sanidin, Sodalith und Granat, sowie der Topas. Der Topas dürfte jedoch durch seinen Durchmesser von 2 mm nicht für die Fertigung von Schmuckstükken geeignet sein.

Die aufgeführten Mineralien sind bei den Sammlern bekannt durch ihre modellhaft schöne Entwicklung. Aber die bis jetzt genannten Mineralien sind nun mal nicht allein dafür verantwortlich, daß der Emmelsberg und damit Üdersdorf so bekannt ist.

Ende der Jahre 1979/80 fand man ein Mineral am Emmelsberg, welches bis dahin unter den Sammlern nicht bekannt war. Man stellte Analysen und Untersuchungen an, konnte das Mineral aber nicht bestimmen. Von den »Emmelsberger« Sammlern wurde das Mineral dann »Üdersdorfvit« genannt. Die Farbe des Minerals war lilagrau bis auffallend blau. Auch weiterhin wurden Untersuchungen dieses Minerals, seiner Form (spitzpyramidale, durchscheinende, sechsseitige Prismensäule) durchgeführt. Außerdem wurde der Borgehaltermittelt. Eine Spezialaufnahme eines sorgfältig ausgesuchten Kristalls ergab die Identität mit Jeremejewit. Doch der Name des Kristalls sagt dem Laien wie mir noch gar nichts, lediglich ist in der Aussprache bzw. der Schreibweise des Wortes zu bemerken, daß es ziemlich fremdländisch klingt. Und in der Tat, die wirkliche Sensation ist die, daß es sich bei dem Jeremejewit um einen sehr seltenen Kristall handelt.

Dieser Jeremejewit ist erst an drei Orten bzw. dreimal auf der Welt gefunden worden. Das heißt, der Jeremejewit ist nicht nur für die Eifel oder Deutschland neu, sondern bisher nur zweimal, zuerst 1933 in Nertschinsk Ostsibirien (im Ural gelegen) und 1974 am Cape Cross/ Süd-West-Afrika, gefunden worden. Der Nachweis wurde durch eine Gandolfi-Auf-nahme geführt, d.h. jedes Mineral wird mittels Röntgenstrahlen untersucht und bestimmt. Durch die Einmaligkeit der Kristallform (die vergleichbar mit der Einmaligkeit eines Fingerabdrucks ist) und durch die chemische Zusammensetzung wird ein Mineral bestimmt. Diese Bestimmungen werden an den Universitäten Mainz, Bochum und Heidelberg durchgeführt. Eine der führenden Kapazitäten für die Mineralien in der Eifel ist der Dr. Gerhard Hentschel aus Wiesbaden. Er hat an der Bestimmung der Mineralien mitgewirkt. Der Jeremejewit hat also dazu beigetragen, daß Üdersdorf zumindest unter den Mineralogen weltbekannt ist. Zum Schluß möchte ich noch ein anderes Mineral nennen, welches auch einen Seltenheitswert besitzt. Es handelt sich um das Mineral Roedderit. Dieses Mineral war bis 1980 nur als außerirdisches Mineral bekannt, welches in Meteoriten zur Erde gekommen war. Dieser Roedderit wurde als Kristall bisher offiziell nur in Ettringen (1980) und in Üdersdorf (1981), als nicht von Meteoriten stammend, gefunden.

Mein Dank gilt allen, die mir ihre Unterstützung zuteil werden ließen. Hierbei handelt es sich um die Mineralogen: Herrn Direktor Schäfer, Mayen; Diplompsychologe Lauer, Mayen; H. Kirch, Schiffweiler und Dr. Gerhard Hentschel vom hessischen Landesamt für Bodenforschung in Wiesbaden.