Geologie zum Anfassen

Beliebte Wochenend-Exkursion der Eifelstädte

Christa Feltgen, Steffeln

 

Zu den geologischen Wochenend-Exkursionen einiger Eifelstädte scheinen sich die Menschen aus den unterschiedlichsten Gründen anzumelden. Man findet Neulinge, die noch nie etwas mit Erdgeschichte direkt zu tun gehabt haben genau so, wie Kenner, die einmal sehen möchten, ob so ein Ausflug für sie nicht doch noch etwas Neues zu bieten hat. Es kommen Ehepaare mit Kindern, alte und junge Singles und Paare im Rentenalter, man findet Menschen, die später hilflos am Rand des Geschehens stehen, weil Schuhe und Kleidung die Arbeit im Gelände nicht aushalten und andere, die so zünftig angezogen sind, als würde der Weg nicht zu einem Steinbruch oder einem Eifelvulkan, sondern auf einen Alpengipfel führen.

Wahrlich eine bunte Mischung, und es ist sicher keine leichte Aufgabe für den Leiter so einer Gruppe, alle Fragen zu beantworten und alle Wünsche zu erfüllen. Solch eine Schar von erwartungsvollen Hobbygeologen stand auch an einem frischen Maimorgen vor einem Verkehrsbüro und wartete auf den Exkursionsleiter, der mit ihnen ins Gelände fahren wollte. Ich muß gestehen, meinen Mann und mich hatte die Neugier dorthin getrieben, welche Fundstellen wir wohl zu sehen bekommen würdenund die Möglichkeit, die so ein Ausflug bietet, Menschen kennenzulernen und mit Gleichgesinnten ins Gespräch zu kommen. Am Himmel jagten sich dunkle Wolken und wir verkrochen uns fröstelnd in unseren Anorak. Mai kühl und naß...

Endlich konnte es losgehen, mit dem eigenen Pkw, — eine weise Entscheidung, wie sich später herausstellte, denn die Berge von Schmutz, die sich im Laufe des Tages an unsere Stiefel geheftet haben, hätten auch den geduldigsten Busfahrer zu ebenso schmutzigen Bemerkungen veranlaßt.

Das schlechte Wetter sollte zunächst nicht der einzige Minuspunkt an diesem Tag bleiben. Die erste Fundstelle konnte nicht angefahren werden, weil niemand gewußt hatte, daß in dem kleinen Ort ein Maiumzug stattfinden würde. Unter solchen Umständen kann man eben nicht mit zwanzig Leuten in eine Baugrube klettern und im nassen Boden herumbuddeln. Solche dörflichen Feste nicht zu stören, sollte ja auch wohl Ehrensache sein.

Also fuhren wir weiter zu einem größeren Steinbruch, der zwar für Neulinge eine Menge hergibt, bei alten Hasen aber für ziemlich »abgesucht« gilt. Dort wurden wir dann mit unserem Werkzeug auf die dicken Brocken losgelassen. Wir hatten aber auch alle das Bedürfnis, uns körperlich zu betätigen, schon wegen der Temperatur an dem Tag, die alles andere als frühlingshaft war.

Da wir ziemlich viele Neulinge in unserer Gruppe hatten, war der Leiter bald in der Bredouille. Einerseits konnte er die Leute nicht mit allzuvielen wissenschaftlichen Begriffen verunsichern, andererseits auch nicht stehenden Fußes einen Einführungslehrgang für Paläontologie abhalten. Er zog sich zwar diplomatisch, aber ziemlich wortkarg aus der Affäre; wenn man gefragt wird, wie heiß die Eifelvulkane denn gewesen sein müssen, um all die Meerestiere, die da versteinert zu unseren Füßen lagen, so hart zu kochen, daß man sie mit Hammer und Meißel bearbeiten muß, kann das auch redegewandteren Menschen die Sprache verschlagen.

Ein heftiger Regenschauer vertrieb uns dann aus dem Steinbruch, und nachdem wir unsere Schätze im Wagen verstaut hatten, peilten wir ein anderes Ziel an, den Nohner Wasserfall. Der Weg dorthin bot diesmal nicht nur den Fossilienfreunden unter uns viel Schönes. Die Landschaft mit dem riesigen alten Steinbruch im Hintergrund, dem fröhlichen Bach in dem kleinen Tal und die manchen von uns fremde Frühlingsblütenwelt versöhnten uns mit dem verregneten Frühnachmittag. Sogar die Sonne hatte jetzt ein Einsehen und vergoldete uns die restlichen Stunden des Tages.

Der Wasserfall ist ja ein ungewöhnliches Naturschauspiel, wenn man sich auch fragt, wie er so rasch wachsen kann, wenn es doch offensichtlich Sitte ist, daß jeder Besucher ein Stück von dem Sinterkalk mit nach Hause nimmt; wann ich auch immer den Wasserfall besucht habe, stets sind mir Spaziergänger begegnet, die so ein tropfnasses Stück in der Hand trugen. Die meisten Menschen scheinen als Sammler geboren zu werden.

Wir sollten noch ein besonderes Erlebnis an diesem Tag haben. Auf dem Rückweg zu unserem Wagen kamen wir an einer Wiese vorbei, auf der eine Kuh gerade dabei war, ein Kälbchen zur Welt zu bringen. Das Fernsehen, das uns immer alles ganz genau vor Augen führen möchte, verdirbt wohl die guten Sitten. Es hätte sich eigentlich gehört, die Kuh in Frieden zu lassen und höchstens dem Bauern Bescheid zu sagen. Aber wann bekommt ein Städter solch ein Schauspiel schon einmal geboten? Die meisten von uns standen da wie angenagelt.

Die Krönung des Ganzen aber war die Begeisterung einer netten älteren Dame, die sich über den Weidezaun hing und der Kuh ein aufmunterndes »Feste, feste!« zurief. Gott sei Dank hatte das Tier gute Nerven und ließ sich von uns überhaupt nicht stören.

Unser geologischer Samstag klang dann aus beim Dreiser Weiher. Dort buddelten wir im abendlichen Sonnenlicht nach Olivinknollen und unterhielten uns mit dem Exkursionsleiter über die Fundstücke, die wir im Laufe des Tages zusammenbekommen hatten.

Es ist schön, daß die Eifelstädte, die mit geologischen Besonderheiten aufwarten können, solche Ausflüge für ihre Touristen durchführen. Solche »Geologie zum Anfassen« hat sicher schon viele Menschen zu Liebhabern dieser Materie gemacht.

Eins steht für mich auf jeden Fall fest, wenn so eine Exkursion auch einmal nicht ganz so »fundreich« verläuft, interessant kann sie auf die eine oder andere Weise trotzdem sein.

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