Ein Stein

Hildegard Sebastian, Daun

 

Ein Stein. - Wer achtet schon darauf? -

lag dort am Weg. - Ich hob ihn auf

und beim Betrachten fiel mir ein,

was man nicht alles macht aus Stein!

Ob er Natur, ob er behauen,

man braucht ihn, um sein Haus zu bauen.

Ein Haus von lebenslanger Dauer,

von Steinen auch ringsrum die Mauer,

die uns vor andrer Neugier schützt.

Wozu ein Stein nicht alles nützt?!

Aus Steinen baut man groß und hehr

der Städte ganzes Häusermeer

und Steine, die seit tausenden von Jahren

manch großes Bauwerk uns bewahren.

Betrachtet man den Stein nur flüchtig

erscheint er grau uns nur und nichtig,

jedoch der Stein in meiner Hand,

den ich nur so am Wege fand,

der gab mir den Gedanken ein,

daß auch zu guter Letzt ein Stein

auf meines Grabeshügel steht.

Euch allen, die vorbei ihr geht,

soll er fortan ein Mahnmal sein,

der große, graue, dunkle Stein.

O, seht nur einmal richtig hin,

er sagt, wann ich geboren bin

und auch den Tag, an dem ich starb,

nicht welchen Reichtum ich erwarb.

Sprecht für mich leise ein Gebet,

eh' ihr dann wieder weitergeht,

vor jenem Stein mit meinem Namen,

wenn Gott einst spricht das große Amen.