Gerhard IV. von Blankenheim

Einer der mächtigsten Eifeldynasten seiner Zeit

Erwin Schöning, Gerolstein

 

Gerhard IV. von Blankenheim war der älteste Sohn Friedrichs I. von Blankenheim, Herr von Kasselburg und Gerolstein und der Mechtildis, Gräfin von der Mark. Die Geschichtsschreiber sagen Gerhard nach, daß er ein »zur Gewalttat geneigter Mann« gewesen sei, der kein Mittel gescheut habe, um seinen Güterbesitz zu vermehren. Unter ihm erweiterte sich der Blankenheimer Besitz nach Süden in den Gerolsteiner Raum.

Gerhard ist im Interregnum, in der damaligen kaiserlosen Zeit, aufgewachsen. Im Reich gab es keine zentrale politische und administrative Gewalt. Die Fürsten hatten ihr seit Generationen verfolgtes Ziel erreicht: die volle, von nahezu jeder lehnsrechtlicher Fessel gelöste Selbstständigkeit als unabhängige Herren des Landes. Im Lande selbst herrschte das Faustrecht, und die Fürsten usurpierten Rechte, die ursprünglich nur der König ausüben und vergeben durfte. Damals entwickelte sich eines der größten Landplagen: das Raubritterunwesen.

Ein Chronist aus der Eifel berichtet: »In jenen Zeiten des Faustrechts, wo nur die rohe Gewalt herrschte, Raub und Mord mit frohem Mut wie ein Gewerbe betrieben wurde und auf allen Straßen Wegelagerer lauerten, war es notwendig, daß kräftige Maßregeln genommen wurden, um dem Unfuge Schranken zu setzen1.«

Aber auch die Dynasten und Kirchenfürsten befehdeten sich untereinander. Bischöfe und Äbte vertauschten das geistliche Gewand mit der Ritterrüstung. So kämpfte der Erzbischof Siegfried von Köln gegen die Nachkommen des in Aachen erschlagenen Grafen Wilhelm von Jülich. Odo von Esch war in Streit mit dem Nonnenkloster St. Thomas. Er trieb es schließlich soweit, daß Papst Gregor X. sich einschaltete. Odo mußte die »nicht ganz rechtmäßig in Besitz genommenen Güter« den Frauen von St. Thomas zurückgeben. Der Abt von Prüm, Gottfried von Neuerburg (1246 -1275), verordnete im Jahre 1249, daß jeder, der als Mönch, Laienbruder oder Pfründner im Kloster aufgenommen werden wolle, mit einer vollständigen Ritterrüstung versehen sein müsse.

Ein typisches Bild jener Zeit vermittelt uns die Chronik der Benediktinerabtei Malmedy- Sta-blo. Hier hatte sich Heinrich von Geldern im Jahre 1248 mit Gewalt des Abteisitzes bemächtigt, der durch die Absetzung des Vorgängers ledig war. Doch bereits ein Jahr später wurden Malmedy und Stablo geplündert und gebrandschatzt. Gerhard IV. von Blankenheim zog von Osten her heran und brandschatzte Ligneuville. Abt Heinrich wurde 1274 abgesetzt und verlegte sich nun auf die Freibeuterei. Er lockte seinen Nachfolger, Johannes II. von Enghien, in einen Hinterhalt, ließ ihn halb nackt auf ein wildes Pferd binden, das ihn zu Tode schleifte. Aber auch Heinrich fiel unter der Mordwaffe eines anderen Wegelagers.

Diese Zeit der fürstlichen Anarchie, wo der jeweils Stärkste den Schwächeren zu unterdrücken suchte, prägte das Leben Gerhards IV. von Blankenheim. Besitz bedeutete damals Macht, und Macht besaß schon sein Vater Friedrich l. von Blankenheim. Als Junker erlebte Gerhard die Fehde seines Vaters mit Gerlach, Herr von Limburg, bei der es um die Güter der verstorbenen Gräfin Agnes von Castel in Mensfelden, südlich von Limburg/Lahn und Metterich bei Bitburg ging, auf die Friedrich von Blankenheim Anspruch erhob.

Johann von Limburg und Gerlach von Dollendorf waren während dieser Fehde 1267 in Gefangenschaft der Blankenheimer geraten. Hierauf schloß Gerlach, Herr von Limburg, mit dem Blankenheimer einen Vergleich. Urkundlich erklärten Gerlach, seine Gattin Imagina und ihre Kinder, das Friedrich, Herr von Blankenheim, Gerhard, Arnold und die anderen Kinder Friedrichs, den sechsten Teil der Güter in Mensfelden und Metterich erhalten sollen. Außerdem verzichteten die Herren von Limburg auf alle ihre Ansprüche auf die Güter, die Graf Heinrich von Sayn zu Ahrweiler und Saffenburg besessen hatte und die nach Graf Heinrichs Tod durch Erbschaftsrecht an Friedrich von Blankenheim und dessen Gattin Mathilde gefallen waren.

Nachdem auch Mathilde von Dollendorf, die Schwester Gerlachs von Limburg, den Vergleich bestätigt hatte, beorderte Friedrich von Blankenheim diese, ihren Sohn Adolph sowie Johann von Limburg, in die Gegend von Hillesheim, wo sie Urfehde schwören und das Lösegeld für die Freilassung Gerlachs von Dollendorf zahlen mußten. Die Güter zu Metterich schenkte Gerhard von Blankenheim im Jahre 1299 dem Kloster Himmerod.

Gerhard IV. folgte seinem Vater in der Regierung und setzte, der Zeit entsprechend, die Politik des Stärkeren fort. Als er im Jahre1272 Irmesinde, die älteste Tochter Gerhards von Luxemburg, Herr von Durbuy und der Mathilde von Cleve, heiratete, wurde der Blankenheimer noch mächtiger. Sein Schwiegervater war derjüngere Bruder des Grafen Heinrich II. von Luxemburg.

Im Jahre 1278 nahm Erzbischof Siegfried von Köln Gerhard IV. von Blankenheim zum Lehnsmann der Kölner Kirche an und verlieh ihm dafür eine jährliche Rente von 25 Mark. 1282 bezeugte derselbe Bischof, daß er dem Gerhard von Blankenheim für sich und seine Nachfolger und für die Kölner Kirche unter Eid versprochen habe, ihm und seinen Erben gegen jeden Widersacher beizustehen. Gerhard legte ein gleiches Versprechen ab. Als Walther, der 34. Abt von Prüm, im Jahre 1279 mit Heinrich von Schönecken, Gerhards Schwager, wegen der Schutzvogtei von Prüm, die den Herren von Schönecken zustand, in Streit geriet, wählten beide Parteien Alexander von Brumshorn, Domherr zu Lüttich und Gerhard von Blankenheim zum Schiedsrichter. Die Streitigkeiten flammten aber immer wieder auf. Im Jahre 1288 kam es sogar zu Gewalttätigkeiten, bei denen mehrere Mönche der Abtei von Gerhard von Schönecken, dem Sohn Heinrichs, erschlagen wurden. Erst im Jahre 1290 kam durch die Vermittlung des Trierer Erzbischofs Boemund ein neuer Vergleich zwischen der Abtei Prüm und den Herren von Schönekken zustande.

Gerhard IV. von Blankenheim kaufte im Jahre 1282 die Burg zu Steffeln nebst Zubehör sowie das Dorf Auel und einen Hof »Brembden« für 200 Mark Schillinge und 225 Kölner Denaren von Conrad, Herr von Schieiden. Weil die Güter von Steffeln und Auel ein Lehen der Abtei Prüm waren, gab Abt Walther die Genehmigung zu diesem Kauf.

Dreimühlen brachte Gerhard IV. im Jahre 1282 durch einen Gütertausch an sich. Er gab dem Leo von Drimmolen, den er seinen Verwandten und Freund nennt, für die Burg 60 Kölnische Mark und trat ihm dafür die Güter bei Leuders-dorf ab. Im Jahre 1303 trug Diedrich von Drimmolen dem Blankenheimer den Hof zu Dreimühlen und zwei Mühlen zum Lehen auf.

1284 verkauften Dechant und Kapitel des Stifts St. Cunibert zu Köln dem Blankenheimer Güter zu Keyl für 50 Mark Brabanter Denaren. Ein Jahr später geriet Kuno von Bettingen mit seinem mächtigen Nachbarn in Fehde, die damit endete, daß Kuno dem Gerhard von Blankenheim seine Güter verschreiben mußte, die er dann für sich und seine Nachkommen, männlicher und weiblicher Linie, von Gerhard als Lehen empfing. Zu diesen Gütern fügte der Blankenheimer die Güter in Wilre hinzu mit einem jährlich zu zahlenden Zehnt von 40 Mark Silber.

Auch Gerhard von Griffenstein und Agnes, dessen Gattin, traten ihre Güter bei Bewingen nach einer Fehde an Gerhard von Blankenheim ab. In einer Urkunde von 1294 erklären sie, daß alle Fehde und Feindschaft beigelegt und verglichen wurde.

Im Jahre 1291 war Heinrich von Schönecken zum 35. Abt von Prüm gewählt worden. Aber auch unter diesem Abt blieben die Streitigkeiten der Abtei mit den benachbarten Dynasten bestehen. 1293 erklärt Abt Heinrich in einer Urkunde, daß Lambeck von Lissendorf, den er gefangen gehalten hatte, seiner Verbindlichkeit nachgekommen sei. Der Herr von Schieiden hatte für den üssendorfer gebürgt. Auch Gerhard von Blankenheim war mit dem Abt in Streit geraten. In einer Urkunde bezeugt der Abt, daß er von Gerhard von Blankenheim, seinem Oheim, 48 Pfund Trierische Denaren empfangen habe. Die Ritter Conrad von Schmidtheim und Heinrich Smeich, der Knappe Gobelin von Marmach sowie die Herren von Manderscheid hatten für den Blankenheimer gebürgt. Anscheinend war Gerhard in die Hände des Abtes geraten.

Die Streitigkeiten zwischen beiden Parteien flammten jedoch bald wieder auf, und nun geriet Abt Heinrich von Prüm in die Gefangenschaft des Blankenheimers. Damit war Gerhard von Blankenheim zu weit gegangen, denn nun belegten ihn der Papst und der römische König mit Acht und Bann.

Durch Vermittlung des Erzbischofs Boemund von Trier entließ Gerhard IV. den Abt aus der Gefangenschaft. Sicher wollte er sich weitere Unannehmlichkeiten ersparen, die ihm durch die Acht und dem Kirchenbann drohten. In einer Urkunde vom Jahre 1296 dankten Abt Heinrich und der Konvent von Prüm dem Trierer Erzbischof für seine Vermittlung, durch die Abt Heinrich »unter annehmlichen Bedingun-gen« aus der Gefangenschaft entlassen wurde, in der Gerhard von Blankenheim ihn gehalten hatte.

Abt Heinrich und der Konvent von Prüm verwandten sich auch beim Papst, dieser möge Gerhard von Blankenheim von dem Bann lossprechen, der wegen der Gefangenhaltung des Abtes von Prüm gegen ihn ausgesprochen worden war. Daraufhin sprach der Offizial von Köln Gerhard von Blankenheim noch im Jahre 1296 von dem Kirchenbann los. Auch die gegen ihn erkannte Acht wurde aufgrund der Fürsprache durch den Prümer Abt und Konvent zurückgenommen.

Im Jahre 1301 versprach der Kölner Erzbischof Wichold dem Herrn von Blankenheim 40 Mark Kölnisch, in großen Turnosen zu acht Denaren gerechnet, zu zahlen, wogegen Gerhard IV. ihm und die Kölner Kirche Beistand gegen den römischen König und gegen andere Feinde leisten solle. Es war das Jahr, in dem König Albrecht l. militärisch gegen die geistlichen Kurfürsten vorging, weil diese sich gegen die Abschaffung der von ihnen widerrechtlich errichteten Zölle auf den Wasserstraßen auflehnten. Nachdem der Mainzer Bischof bereits im Jahre 1301 kapitulierte, mußten sich die Erzbischöfe von Köln und Trier 1302 unterwerfen und Gehorsam schwören.

Zu einem Vergleich über einen Streit wegen der Erbschaft Gerhards von Durbuy kam es im Jahre 1306 zwischen Gerhard IV. von Blankenheim und dem Grafen Heinrich IV. von Luxemburg. In einer Urkunde verzichteten Gerhard und seine Gemahlin Ermesinde mit Einwilligung ihrer volljährigen Söhne, Friedrich und Arnold, auf ihre Ansprüche auf die Schlösser Durbuy und Roussy zugunsten des Grafen von Luxemburg. Für diesen Verzicht erhielt der Blankenheimer 2000 Pfund kleiner Turnosen, zu der Graf Heinrich von Luxemburg im Jahre 1308 noch eine jährliche Rente von 100 Pfund kleiner Turnosen hinzufügte.

Gerhard IV. von Blankenheim ist vermutlich im Jahre 1308 verstorben. Der älteste Sohn Friedrich folgte seinem Vater in der Regierung. Da er aber keine männlichen Nachkommen hatte, ging der Blankenheimer Besitz auf die beiden Brüder Arnold l. und Gerhard V. über, die diesen Besitz anfangs gemeinsam verwalteten. Als es aber zu Meinungsverschiedenheiten betreffend des Eigentumsrechtes zwischen ihnen kam, teilten sie den Besitz auf. Arnold wurden die Stammgüter zuerkannt, und Gerhard behielt Kasselburg und Gerolstein sowie seine durch Kauf erworbenen Güter. Beide standen ihrem Vater in Mut und Ansehen nicht nach. Gerhard V. erreichte im Jahre 1336 die Verleihung der Stadtrechte an Gerolstein durch Kaiser Ludwig dem Bayern.

Literaturangaben: Schannat/Bärsch: Eiflia Illustrata Bd. 1, Abt. 1 und 2 Neudruck der Ausgabe 1824. Osnabrück Otto Zeller 1966

Deutsche Geschichte Bd. 4, Herausgegeben von Heinrich Pleticha, Verlagsgruppe Berteismann GmbH/Lexikothek Verlag GmbH, Gütersloh 1982

Anmerkungen:1) Schannat/Bärsch: Eiflia Illustrata Bd. 1, Abt. 1, S. 255