Das Feuerrad rollt zu Tale

Altes Brauchtum in Oberstadtfeld gepflegt

Reinhard Steffens, Berenbach

 

In einigen Orten des Kreises Daun hat sich bis heute ein urwüchsiger Brauch erhalten, dessen Ursprung wahrscheinlich noch in die vorchristliche Zeit zurückreicht, das sogenannte Radschieben (»Radscheiwe«) am ersten Sonntag in der Fastenzeit. Mit dem Feuerrad, als Symbol der aufwärts strebenden Sonne, sollte wohl der Abschied vom kalten, unwirtlichen Winter beschworen werden.

Oberstadtfeld ist eine der Gemeinden, in denen dieses Brauchtum von jeher bekannt ist und mit großer Begeisterung von der männlichen Dorfjugend ausgeübt wird. In den letzten Jahren ist man hier dazu übergegangen, bereits am Abend vor dem ersten Fastensonntag das brennende Rad zu Tal rollen zu lassen. Am frühen Nachmittag dieses Tages ziehen die Junggesellen durchs Dorf um Stroh für das mit Spannung erwartete Ereignis zu sammeln. Mit einem Fahrzeug wird das Stroh auf eine nahe gelegene Anhöhe gebracht. Hier wird das Feuerrad angefertigt. Das Rad war früher ein altes hölzernes Wagenrad, welches von dem Ehepaar beschafft wurde, das zuletzt geheiratet hatte. Heute wird ein aus Stahl gefertigtes Speichenrad verwendet. Nachdem eine lange Holzstange durch die Radnarbe gesteckt ist, beginnt die langwierige und mühselige Arbeit des Strohbindens. Kunstvoll wird das Rad gleichmäßig mit Stroh umwickelt, wobei Draht und Schnur zum Binden verwendet werden. Es entsteht schließlich ein eiförmiges Gebilde, an dem zu beiden Seiten die Enden der Stange herausragen.

Bei Einbrechen der Dunkelheit zünden die Jungen das beim Binden übriggebliebene Stroh an, stellen sich um das Feuer und beten, wenn die Abendglocke läutet den »Engel-des-Her-ren«. Dann wird die Strohrolle angezündet und brennend an den Rand des Abhanges gebracht. Auf Kommando lassen die Träger die Enden der Stange los, worauf das Ungetüm zu rollen beginnt. Funkensprühend und gespenstisch leuchtend läuft es, vom Jubel der Anwesenden begleitet, zu Tal. Das trockene Gras auf der Strecke entzündet sich und reflektiert in magischem Glanz den Weg der brennenden Strohrolle. Begeistert verfolgen die Einheimischen das romantische Spiel aus der Ferne.

Ist das Rad zum Stillstand gekommen, wird es auf den Schultern der Junggesellen mit Gesang durchs Dorf getragen. Hierbei werden sie von einem Akkordeonspieler begleitet. Schließlich ist man vor dem Haus des Ehepaares angekommen, das zuletzt geheiratet hat. Die schwere Last wird abgelegt, und der Ehemann muß eine Flasche Schnaps spendieren. Anschließend teilt sich die frohe Gemeinschaft in mehrere kleine Gruppen auf um in den Häusern Eier zu sammeln. In einer Dorfgaststätte werden diese gebacken und mit viel Flüssigkeit verzehrt.

Auch in anderen Gemeinden des Kreises Daun (z. B.: Gees, Meisburg und Rockeskyll) ist dieser alte Brauch noch lebendig und man kann nur hoffen, daß er auch weiterhin unverfälscht erhalten bleibt.

Singend tragen die Junggesellen das Feuerrad durchs Dorf