60 Jahre St. Peter Berndorf

Erinnerung an die Grundsteinlegung der neuen Kirche

Hans-Gregor Adrian, Berndorf

 

In diesem Jahr - genauer: am 27. 2.1987 - jährt sich zum sechzigsten Mal der Tag der Grundsteinlegung für die neue Pfarrkirche zu Berndorf. Schon um die Jahrhundertwende zeichnete sich ab, daß die 1515 erweiterte alte »Wehrkirche« der steigenden Zahl der Kirchenbesucher keinen ausreichenden Platz mehr bot. Mit dem Anbau einer hölzernen Empore versuchte man zunächst, der drangvollen Enge Herr zu werden. 1909 wird der Chor vermauert und der Priester liest nun 2 Messen täglich. Nun ist man gezwungen, an einen Neubau oder zumindest an einen Umbau zu denken. Man entschließt sich zu einem Erweiterungsbau und beginnt im Jahre 1911 mit einer Sammelaktion zugunsten des Umbaues. Nach den vorliegenden Plänen sollte der bisherige Chor noch zum Kirchenschiff geschlagen werden und zusätzlich im Norden und Süden 2 kleine Seitenschiffe erhalten. Nach Osten sollte sich dann der neue Chor mit einer nach Süden angebauten Sakristei anschließen. 7 000 Reichsmark kommen so bis 1914 zusammen. Doch die zuständigen »Denkmalschutzbehörden« verweigern die Genehmigung zum Umbau, sie wollen die alte Kirche in ihrem Urzustand erhalten wissen. Als dann bald der Weltkrieg ausbricht, müssen alle Pläne für lange Jahre zurückgestellt werden. So ist dann erst in den 20er Jahren wieder an Neu- und Umbaupläne zu denken. Schließlich entscheidet man sich für einen Neubau auf dem Grundstück des alten Pfarrhauses unterhalb der alten Kirche. Sträubten sich vor dem ersten Weltkrieg die Behörden gegen einen Umbau der alten Kirche, so sind sie nun gegen den Neubau! Der zuständige Konservator der Rheinprovinz in Bonn befürchtet, die alte Kirche werde völlig verfallen, wenn sie nicht mehr gebraucht werde (eine Sorge die, wie die Entwicklung bis zu ihrer Renovierung 1961 - 65 zeigte, nicht ganz unbegründet war). Der Konservator wird bei der Regierung in Trier vorstellig und versucht den Neubau zu verhindern. Es kommt zu schwierigen Verhandlungen in Bonn, in deren Verlauf man sich auf einen Kompromiß einigt: Die neue Kirche darf gebaut werden, der Kirchenvorstand muß sich allerdings verpflichten, für die Instandhaltung der alten die nicht unbeträchtliche Summe von 2 500 RM zu hinterlegen. Nun kann der Neubau endlich in Angriff genommen werden. Geplant ist eine Kirche im Stil des Barock, doch die von Bauunternehmer Bauer, Hillesheim, gezeichneten Pläne werden vom Trierer Dombaumeister abgelehnt mit der Begründung, eine solch prächtige Barockkirche passe nicht in die ruhige und karge Eifellandschaft. Daraufhin zeichnet der Trierer Architekt Ewen . . . »meist für Gottes Lohn« Pläne für ein schlichteres und doch schönes Gotteshaus, die dann auch bald vom Dombaumeister genehmigt werden.

Das entscheidende Problem war aber die Finanzierung des für eine so kleine Gemeinde doch recht gewaltigen Baues. Weltkrieg und Inflation hatten die 7 000 RM, die für den Umbau gesammelt worden waren, aufgezehrt, man mußte wieder völlig von vorn anfangen. Um wenigstens ein kleines Startkapital zu haben, veranstaltete der damalige Pfarrer und Bauherr Ignatius Fuhrmann in den Jahren 1926 und 27 zwei große Verlosungen, deren Reinerlös für den Bau bestimmt war. Die Dorfbewohner stifteten die Hauptpreise (ein Rind, ein fettes Schwein, ein Hammel, 50 Flaschen Wein) und verkauften die Lose in der ganzen Eifel. Das Ergebnis der beiden Verlosungen waren 6 000 RM und eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft gegen den verantwortlichen Pfarrer wegen Durchführung einer polizeilich nicht genehmigten Verlosung. In der Gerichtsverhandlung vor dem Amtsgericht Hillesheim wird Pfarrer Fuhrmann im Okt. 1926 allerdings freigesprochen.

Weitere 2 000 RM kommen durch eine Kollekte in der Rheinprovinz, 1 000 RM durch eine Bücherverlosung und nochmals  1 000 RM durch Spenden nach Versendung von rund 3 000 Bettelbriefen an die Geistlichen der Diözesen Trier und Köln zusammen.

Mit nur 10 000 RM Startkapital macht man sich im Frühjahr 1927 ans Werk. Nach Besichtigung verschiedener Kirchenbaustellen hatte man sich entschlossen, die Kirche im Warmbetonverfahren (nach Patent des Trierer Architekten Buchholz) zu erbauen. Der dazu erforderliche Lavasand konnte günstig über die Nachbargemeinde Walsdorf bezogen werden, und die Lizenzgebühr einschl. der Leihgebühr für die Schalung betrug nur 2,30 RM pro m3.

In einem Gemeinderatsbeschluß hatte sich vorher die Gemeinde verpflichtet, alle Fronarbeiten und alle notwendigen Fahrten im Zusammenhang mit dem Kirchenbau zu übernehmen. Nach diesem Beschluß war jeder Berndorfer verpflichtet, 25 m3 aus der Sandgrube am Goßberg (Walsdorf) zur Baustelle nach Berndorf zu schaffen.

Zunächst schaffen die Bauern den Sand mit ihren Kuh- und Ochsengespannen heran, bei den damaligen Straßenverhältnissen und den Höhenunterschieden eine wahre Quälerei für Mensch und Tier. Doch da treibt der Pfarrer ein Lastauto auf, das nun im Lohnbetrieb den Sand zur Baustelle schafft. Bezahlt wird das Auto natürlich von den zur Fron verpflichteten Bürgern, die aber so ihre Gespanne für die kommende Frühjahrsarbeit schonen können.

Auf die Männer wartet trotzdem noch genug Arbeit: Die Fundamentgräben müssen ausgehoben werden und dazu sind jedem Bürger einige Meter Fundament zugewiesen worden, die er auszuschachten hat. Mitte Februar macht man sich an die Arbeit und schon am 15. März können die Schalungs- und Betonarbeiten begonnen werden.

Bereits einen Monat später, die Außenmauern erreichen schon 3 m Höhe, kann die feierliche Grundsteinlegung durch den Dechanten Pfarrer Hubert Krämer erfolgen.

229Die Überwachung und Leitung einer solch großen Baustelle erfordert einen tatkräftigen und entschlossenen Bauherrn, und die Berndorfer können froh sein, in Pfarrer Fuhrmann einen solchen Mann zu haben. Unermüdlich arbeitet er für den Fortgang des Baues: er koordiniert die einzelnen Bauarbeiten, schreibt die Arbeiten öffentlich aus, prüft die Angebote, verhandelt mit den anbietenden Firmen, versucht die Preise zu drücken, vergibt zusammen mit dem Architekten und dem Kirchenvorstand die Aufträge und ist auch noch ständig auf der Baustelle, um die Arbeiter und den Fortgang der Arbeiten zu kontrollieren. Trotzdem hat er oft genug Grund zur Klage, nicht alle Arbeiten werden fachmännisch ausgeführt, einem Meister fehlt offensichtlich der sittliche Ernst, denn «... er besoff sich sehr oft mit den Arbeitern und selten war Montag ein Arbeitstag«. Dennoch geht die Arbeit zügig voran. Viele Arbeiten können an Handwerker und Firmen der unmittelbaren Nachbarschaft vergeben werden, sicherlich ein Vorteil für eine strukturschwache Region mit hoher Arbeitslosigkeit. Obwohl alle beim Bau der neuen Kirche großzügig helfen wollen, müssen Pfarrer und Kirchenvorstand doch »höllisch« aufpassen, denn zu groß ist für manchen die Versuchung, kräftig in die eigene Tasche zu wirtschaften. Schließlich erhalten Zimmerleute aus Dreis den Zuschlag, Klempner, Dachdecker und Schreiner kommen aus Hillesheim, die Verputzer aus dem Kreis Schleiden, die Plattenleger aus dem Nachbardorf Kerpen.

Für die Ausstattung der Innenräume müssen dann spezialisierte Handwerksbetriebe und Kunsthandwerker aus der weiteren Umgebung herangezogen werden. Bildhauer- und Restaurierungsarbeiten werden nach Wittlich vergeben, der 80 Zentner schwere Hochaltar (Sandstein) kommt aus Kordel (Mosel) und wird geschmückt von einem Mosaikbild einer Münchener Firma, das der damalige Jagdpächter Hen-drix stiftete. Die barocken Seitenaltäre stammen aus der alten Kirche und müssen renoviert werden. Sie stehen zunächst unter steinernen Baldachinen, die 1962 abgerissen werden sollen. Die Kirchenbänke liefern schließlich 2 Schreiner aus Hillesheim und Berndorf zum Stückpreis von 77 RM.

Doch die Ausgestaltung und Ausstattung der neuen Pfarrkirche wäre wohl recht bescheiden geblieben, hätten nicht die Berndorfer durch großzügige Spenden zur Verschönerung des Innenraumes beigetragen. So sind alle Schifffenster, beide Chorfenster und die Rosette über dem Eingangsportal dieser Spendenbereitschaft zu verdanken. Eine Berndorfer Familie stiftete die Kommunionbank und die Marianische Jungfrauenkongregation stickt das Kommunionbanktuch und 3 Altartücher. Auch die Renovierung der alten Seitenaltäre war nur durch Spenden möglich. Schließlich sei noch erwähnt, daß die Gemeinde Berndorf das gesamte Bauholz stiftete.

Im stillen hatte man gehofft, die Kirche Anfang August zur Spendung der Hl. Firmung einweihen zu können, doch der Fußboden ist noch nicht verlegt. So setzt man als Einweihungstag den 30. Okt. 1927, den Tag des Christ-Königs-Festes fest.

Der Einweihungstag war ein sehr schöner Tag für die ganze Gemeinde und die zahlreichen Gäste. In einer feierlichen Prozession wurde das Allerheiligste von der alten »Wehrkirche« in die neue Kirche geleitet. Der Prozessionsweg war mit Girlanden und Fichten- und Wacholdergrün geschmückt. Das erste feierliche Hochamt hielt der Pfarrer und Erbauer der Kirche l. Fuhrmann, unter Mitwirkung zahlreicher Geistlicher aus der Nachbarschaft und aus Trier. Am Morgen nach der Einweihungsfeier lasen 3 Priester gleichzeitig am Hochaltar und an den beiden Seitenaltären die hl. Messe. Hervorzuheben ist noch, daß die Kirche mit Abschluß der Bauarbeiten praktisch auch schon bezahlt und schuldenfrei dastand. Möglich war dies nur nach Durchführung der Rheinlandhauskollekte, von der ältere Berndorfer heute noch zu berichten wissen.

Durch Nachrichten in der «... nicht ungläubigen Presse . . .« und durch persönliche Schreiben an die jeweiligen Pfarrer wurden die Gemeinden im ganzen Rheinland auf den Kirchenneubau in Berndorf hingewiesen und um eine großzügige Spende gebeten. Nach genauen Anweisungen besuchten dann die Berndorfer Kollektanten die einzelnen Gemeinden (die fleißigsten kamen bis Düsseldorf), gingen von Haus zu Haus und sammelten so über 40 000 RM für ihre neue Kirche. Die Arbeit dieser »Sammler« wurde gut entlohnt und so entstand ein gesunder Wettstreit unter den Kollektanten, wer wohl die größte Summe mit nach Hause bringen würde, ein Wettstreit, der letztlich der neuen Kirche und der gesamten Gemeinde sehr zugute kam. Vom allerletzten Geld werden im Februar 1928 die Kirchenbänke bezahlt und damit war die Kirche vollständig ausgestattet. Geweiht wurde sie - wie schon ihre Vorgängerin - dem hl. Petrus, worauf auch das Bild im rechten Chorfenster hinweist. An Pastor Ignatius Fuhrmann, den Erbauer der Kirche, erinnert heute das Stück Dorfstraße entlang der Kirche, das die Berndorfer ihm zuliebe in »Pastor-Fuhrmann-Straße« umbenannt haben.