Zwei Lateiner

Herbert Wagner, Hillesheim

 

Ein Bäuerchen aus einem Eifeldorf hatte den einzigen Sohn in die Stadt aufs Gymnasium geschickt, nicht so sehr, weil er ihn für ein besonderes Lumen hielt, sondern vielmehr, um vor dem ewigen Drängen seiner Frau endlich Ruhe zu haben, die aus dem Sohn unbedingt einen »Haar« machen wollte. Nun standen die ersten Ferien bevor, in denen der »Studierte«, wie die Mutter ihn immer nannte, aus dem Konvikt nach Hause kommen sollte. Aber noch vor ihm traf ein »blauer Brief« ein, dem zu entnehmen war, daß der Filius zwar in vielen Dingen, die allerdings weniger die Schule betrafen, recht fix, in schulischen Dingen dagegen und besonders in Latein aber leider eine totale Niete sei. Es mit den geprüften Eltern wohlmeinend, erteile man deshalb das Consilium abeundi. Was das auf gut Deutsch hieß, erfuhr der Vater beim Pastor. —

Als dann die Ferien da waren und der Sohn mit flott aufgesetzter grüner Pennälermütze vom Bus geschlendert kam, war der Vater gerade dabei, einen Wagen Mist zu laden. Man begrüßte sich, und der Vater — an das Consilium denkend — fragte den Filius: »Na, wie jeht öt dann su ön d'r Stadt?«

»Sehr gut, Vater, ausgezeichnet«, antwortete der Sohn forsch.

»Un wie klappt öt op dem Gimminasium?« »Gut, Vater, ziemlich gut«, kam die Antwort schon eher etwas kleinlaut.

»Häs'de dann och düchdich Ladfng jeliert?« »Ja, Vater, auch«, klang es beinahe bedrückt. »Dat ös schün! Dann kanns'de mir och secher soon, wat Most op Lading heescht?«

Der »Studierte« glaubte, den Vater überfahren zu können, und: »Mistus, Vater«, antwortete er schlagfertig. »Aha! Un Jaffel?« »Gabelina, Vater.« »Mhm. Un Woon?« »Wagenium, Vater.« »Jo — dat ös jo janet su schwär, wie ech jemint haan, dat Ladfng, dat kan ech och! Wille paß ens janz joot op, wat ech dir wille soon: Wenn dou not ön'ner Vierdelstonn dö Mistus op dö Wagenium jelade häss, da schloon ech dir dö Gabelina ön dej Crucifixus, dat dou dön Ange-lus Domini öm Himmel öt Gloria in excelsis sönge hürs per omnia saecula saeculorum! Un möt dem Gimminasium und möt der schrööner Studentenkapp ös öt och üs un Amen, dat' de dat weeß! So, wille kanns 'de der Motter Juden Dach soon. Un dann: ömjedonn un Most jelade, äwwer fix«!

*) Hillesheimer Dialekt: Karl Meier

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