Deutsche Sprach - Schwere Sprach

Mißglückte Versuche, Dialektausdrücke zu »verhochdeutschen«

Theo Pauly, Gerolstein

 

Bis in die Zeit nach dem 2. Weltkrieg wurden alle Kinder der Eitel im Heimatdialekt großgezogen. Mit Eintritt in die Schule begann für sie das Erlernen einer Fremdsprache: Hochdeutsch. Jede Unterhaltung außerhalb der Schule, in Familie, Dorf und Umgebung wurde im heimischen Idiom durchgeführt. Allenfalls versuchte man sich in »Hochdeutsch« gegenüber dem Pastor, dem Lehrer, dem Arzt oder gegenüber einem Fremden, von dem man »hochdeutsch« angesprochen wurde. Das Hochdeutsch, dessen man sich in der Schule bedient hatte, war auch nicht immer astrein, und häufig wurde im Bedarfsfall der Dialektausdruck einfach »verhochdeutscht«. Manchmal gelang das, aber ab und zu ging es auch daneben.

So hatte der Bauer aus der Struth dem Pastor im Pfarrhaus einen Besuch abgestattet, sei es, daß er ein Kind zur Taufe angemeldet hatte oder sei es aus einem anderen Grund gewesen. Jedenfalls war er vom Pastor freundlich empfangen worden und hatte sogar von dem hochwürdigen Herrn ein Gläschen Eifelschnaps angeboten bekommen. Als er sich nun an der Pfarrhaustür vom Pfarrer verabschiedete, meinte er, wegen des freundlichen Empfangs und des zusätzlichen Genusses eines scharfen Tropfens, dem »Haar« noch eine Artigkeit sagen zu sollen. Mit ausgestrecktem Finger zeigte er auf ein Salatbeet im gegenüberliegenden Pfarrgarten und sagte: »Herr Pastor, Ihr habt aber schönen Schlaat im Garten!«

Die Bäuerin aus der Struth kam an einem heißen Sommertag müde von der Feldarbeit nach Hause, als ihr unterwegs eine Gruppe von drei Radfahrern begegnete, ganz offensichtlich Touristen aus der Stadt. Bei der Frau angekommen, stiegen sie von ihren Rädern ab und erkundigten sich nach dem Weg. Einer von ihnen begann das Gespräch, indem er feststellend fragte: »Gute Frau, Ihr kennt Euch doch hier in der Gegend aus?« Die Frau, die bestätigen wollte, daß sie »kundig« (Dialekt: künnech) sei, versicherte: »Oh ja, ich bin König hier!«

Pitter hatte sich als Knecht ins Niederland, wie man die Gegend am Niederrhein nannte, verdingt. Er hatte seiner Mutter versprechen müssen, ab und zu einmal zu schreiben, und daran hielt er sich auch. In einem Brief schrieb er unter anderem »Gestern ging ich in die Kirche. Es war heiß. Auf der Straße lag faustdicker Stüpp.« (Dialekt: Stopp = Staub)

In der Schule hatte der Lehrer über Naturschutz gesprochen. Dabei hatte er herausgearbeitet - die Gepflogenheiten der Eifelbauern wohl kennend-, daß man sogenannte Raubtiere oder -vögel nicht einfach deshalb töten dürfe, weil sie den Bauern Schaden zufügten. Besonders intensiv war Kloas wohl im Gedächtnis haften geblieben, daß Bussard oder Habicht, die man »Stüßvüjjel« nannte, nicht abgeschossen oder getötet werden dürften, daß es genüge, einen solchen Vogel gegebenenfalls zu vertreiben. In dem Aufsatz, der das Thema »Naturschutz« abschließen sollte, schrieb er kurz und bündig: »Wenn ein Stoßvogel geflogen kommt und auf ein Huhn zielt, muß man ihm einen dicken Stein überwerfen; das ist Naturschutz!«

In einem weiteren Aufsatz, der im Anschluß an das Thema »Verkehrserziehung« angefertigt werden sollte, wollte er, wie im Unterricht erfahren, wiedergeben, daß vor einer scharfen Kurve ein Verkehrsschild aufgestellt sei, auf dem ein S-förmiges Zeichen auf die Gefahrenstelle hinweise und daß ein Auto- oder Motorradfahrer spätestens ab hier die Geschwindigkeit verringern und abbremsen sollte. Kloas schrieb: »Vor dem Bremsen steht ein S!«