»So entsteht ein Bilderbuch«

Ausstellung mit Gisela Kalow und Achim Bröger Malte Blümke, Daun

Im Rahmen der Jugendbuchwoche 1986 fand in der Volksbank Daun eine Bilderbuchausstellung mit Gisela Kalow und Achim Bröger statt. Die Idee zu dieser Ausstellung entstand im Februar 1985 nach einer Autorenlesung in Daun mit Achim Bröger. Nach den positiven Erfahrungen mit den Jugendbuchwochen der vergangenen Jahre fand sich sehr schnell in der Volksbank Daun, der Kreisverwaltung, dem Leseclub »Bücherwurm« am Geschwister-Scholl-Gymnasium und der Buchhandlung Werner ein Veranstalter-Team, das bereit und dazu in der Lage war, die Ausstellung durchzuführen. In Zusammenarbeit mit Gisela Kalow, die nicht nur ihre Originale zur Verfügung gestellt hat, sondern die Konzeption der Ausstellung wesentlich gestaltet hat, und Achim Bröger, der Idee, Texte und eine bisher unveröffentlichte Kurzgeschichte beigetragen hat, kam diese Ausstellung zustande.

Gisela Kalow, geboren 1946 in dem Bilderbuchstädtchen Jever, studierte an der Werkkunstschule Bremen Grafik-Design, arbeitete anschließend in einer Agentur und schließlich in einem Schulbuchverlag, wo sie den Autor Achim Bröger kennenlernte, Achim Bröger, geboren 1944 in Erlangen, arbeitete nach einer Lehre als Schriftsetzer in Druckerei und Verlag als Lektor, Korrektor, Werbetexter. 1971 begann er mit eigenen schriftstellerischen Versuchen, wobei sein erstes Buch das Bilderbuch »Raupengeschichten« war. Neben skurrilen, phantastischen Geschichten und Erzählungen für Kinder und Jugendliche kamen in jüngster Zeit alltägliche Geschichten hinzu, Phantasie und Realität sind die beiden Pole in Brögers Gesamtwerk. Er liebt es, mit Einfällen und Sprache zu spielen, beobachtet gleichzeitig sehr genau und bringt seine Beobachtungen sprachlich auf den Punkt, nicht zuletzt in seinem weit verbreiteten Kinderlexikon.

Die Form der engen Zusammenarbeit zwischen Achim Bröger und Gisela Kalow, bei der sich beide gegenseitig beeinflussen, gibt es sehr selten. In der Regel werden zu einem fertigen Text von einem Verlag Bilder in Auftrag gegeben. Über die besondere Form der Kooperation mit Gisela Kalow sagte Achim Bröger anläßlich der Ausstellungseröffnung; »Besonders gern arbeite ich mit der Grafikerin Gisela Kalow zusammen. Ich mag ihre Bilder. Wir entwickeln zusammen Bilderbücher, erfinden gemeinsam, korrigieren uns gegenseitig. Seit über zehn Jahren sind wir ein Team. Sie malt meine Geschichten aus, macht mehr daraus, als sie ohne ihre Bilder wären.

Originalbild von Gisela Carlow aus dem Bilderbuch »Tschüß, lieber Wal«

« Diese Kooperation und Kongenialität zeigte die Ausstellung, indem sie den Weg der Entstehung eines Bilderbuches von der Idee über die Skizze bis hin zum fertigen Buch dokumentierte. Die besondere Technik Gisela Kalows wurde deutlich: Eine Zeichnung wird auf Fotopapier vergrößert und dann mit Spezial-Farben ausgemalt.

Die Ausstellung bot, neben dem entstehungsgeschichtlichen Aspekt, anhand von ausgewählten Originalen einen Querschnitt durch das Gesamtwerk von Gisela Kalow und Achim Bröger. In dem ersten, 1974 erschienenen Bilderbuch »Guten Tag, lieber Wal« wird die Geschichte von der Freundschaft des Fischer-Rentners Heinrich mit einem Wal erzählt. Im ersten Teil erfüllt sich der ehemalige Flußfischer Heinrich einen langersehnten Wunsch, fährt aufs Meer und befreundet sich dort mit einem Wal, der ihn dann im zweiten Teil des Buches in seinem Dorf am Fluß besucht. Dabeischrumpft der Wal auf Karpfengröße, so daß er schließlich in einem Glas im Wohnzimmer der Fischers-Leute Platz findet. Die Bilder konzentrieren sich auf das Wesentliche, auf die Hauptgeschichte. Meer und Küstenlandschaft sind großflächig in blauen und grünen Farbtönen gehalten. Neben der Hauptgeschichte werden, vornehmlich in den großen ganzseitigen Bildern, kleinere Nebengeschichten erzählt, zum Beispiel die Geschichte von den Bauern bei der Heuernte, ohne daß diese von der Haupthandlung ablenken.

»Tschüß, lieber Wal« knüpft an das erste Wal-Buch an, entwickelt die Geschichte in Text und Bild jedoch weiter und zeigt in einzelnen sehr subtil beobachteten Phasen die Trennung des Wals von seinen »Pflegeeltern« (siehe Bild). In dem zweiten Bilderbuch »Das wunderbare Bettmobil« (1975) baut Herr Hinzel ein Wunderfahrzeug, das fahren, schwimmen und fliegen kann. Nach einer langen Bettreise durch die ganze Welt kehrt Hinzel glücklich nach Hause zurück. An diesem Beispiel zeigte die Ausstellung die Schwierigkeiten, die bei der Wiedergabe der grün-braunen Farbtöne bestehen, während die hellen Farben relativ gut wiedergegeben werden können. Das gleiche Problem stellte sich auch bei dem Bilderbuch »Bruno und das Telefon« (1983), das sehr dunkle grün-braune-blaue Farben enthält. Die originelle Geschichte von Bruno, der sich ganz klein machen kann und durch Telefonleitungen kriechen kann, um seine Gesprächspartner zu besuchen, gewinnt an Reiz durch die verschiedenen perspektivischen Darstellungen. Das Plakat zur Ausstellung stammte aus diesem Buch. Als Titelbild hatte Gisela Kalow ursprünglich ein anderes Titelbild vorgesehen, das Bruno auf dem Telefon sitzend zeigt. Welches Bild als Titelbild besser gefällt, konnte der Ausstellungsbesucher entscheiden.

Der Vergleich mit dem ersten Bruno-Bilderbuch »Bruno verreist« von 1978 zeigt die grafische Entwicklung. Die Zeichnungen werden differenzierter, die Farbnuancen nehmen zu. In »Bruno verreist« geht Bruno, dessen Bild aus einer Karikatur auf Achim Bröger entstanden ist, in einem Postpaket auf Reisen, da er sich keine Urlaubsreise leisten kann. Das Drachenbilderbuch »Ich war einmal« (1980) erzählt die Geschichte einer Drachenfamilie und deren Beziehungen zu den Menschen. Die Hauptfigur ist die kleine Schlafdrachin. Hier hat sich Gisela Kalow gegenüber Achim Bröger durchgesetzt. Das Bilderbuch beeindruckt durch liebevoll-witzige Drachenfiguren und die differenzierten blau-lila Farbtöne.

Der Schwerpunkt der Ausstellung lag bei den Bilderbüchern. Daß Achim Bröger eine ganze Reihe von Büchern geschrieben hat, zu denen Gisela Kalow vornehmlich schwarz-weiße Illustrationen gezeichnet hat, konnte nur in einzelnen Exponaten dargestellt werden. Die Illustrationen unterstützen den Text, führen ihn aber auch weiter, indem sie witzig-parodistische Elemente enthalten. Zu dieser Gruppe gehört auch die bekannte »Pizza und Oskar«-Serie. Es fiel auf, daß in diesen Büchern spätere Motive der Bilderbücher vorweggenommen werden. Die Wirkungsgeschichte der Bilderbücher von Gisela Kalow und Achim Bröger konnte in dieser Ausstellung nur teilweise dokumentiert werden. Die japanische Ausgabe stand für die Übertragungen in viele Sprachen; die Plakette des internationalen Bilderbuchwettbewerbs von Bratislava (BIB) für die zahlreichen Auszeichnungen.

In Zusammenhang mit der Bilderbuchausstellung fanden in Daun mehrere Autorenlesungen statt, in denen die Geschichten von Gisela Kalow und Achim Bröger von den Kindern weiterentwickelt wurden. Die Hauptfigur aus dem neuesten Bilderbuch Kati Mütze wurde anläßlich der Ausstellungseröffnung in der Volksbank Daun vorgestellt. Wie könnte es auch anders sein - Kati Mütze träumt von Daun (siehe Foto). Schon jetzt freut sich eine Projektgruppe des Leseclubs »Bücherwurm« auf Gisela Kalow, die zusammen mit den Schülern ein eigenes Bilderbuch im Rahmen der nächsten Projekttage am Geschwister-Scholl-Gymnasium herstellen wird.

Zu der Bilderbuchausstellung hat die Video-Arbeitsgemeinschaft des Geschwister-Scholl-Gymnasiums einen Video-Film erstellt, der über die Kreisverwaltung zum Einsatz in den Schulen ausgeliehen werden kann.