Symbole der Kindheit

Puppenbilder von Michael Blum

Marianne Schönberg, Jünkerath

 

In Nordrhein/Westfalen war sie bereits einige Male zu sehen, die Sondergalerie »Puppenbilder« des Malers Michael Blum. Modell standen Puppen aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Es ist kein Geheimnis, daß Blum zu diesem Spielzeug ein besonderes Verhältnis hat. Man muß sich wohl intensiv mit der Geschichte der kleinen Damen aus Lederbalg und Porzellangesicht, später aus Stoff und Kunstmasse beschäftigen, um sie auseinanderzuhalten, die koketten, die unnahbaren Geschöpfe.

Jedes Land kann da seinen eigenen Typ Puppen anbieten, in einer Vielfalt der Gestaltung durch verschiedene Jahrhunderte und modische Epochen. Einmal waren sie Spielzeug für Kinder aus begüterten Familien, oft nur Statussymbol und Vorzeigeobjekt.

Die Entstehung der Puppe datiert um 2000 v. Chr. Damals wurden in Ägypten Holzpuppen mit beweglichen Gliedern hergestellt, auch Puppenkleider, sogar Puppenstuben. Grabfunde beweisen das und Zeichnungen. Auch in griechischen Kindergräbern fand man kleine Marmorpuppen. Der Schluß liegt nahe, daß sie als Spielzeug im Gebrauch waren.

Weiter erzählt die Geschichte, daß griechische Mädchen vor der Hochzeit ihre Puppen dem Artemis zum Opfer brachten, als Symbol der Kindheit. Ein Verkaufsschlager wurden Puppen im 15. Jahrhundert in Nürnberg. Sie eroberten den Markt sehr schnell. Im 16. und 17. Jahrhundert wurde die Puppe von den Wohlhabenden gekauft, nun nicht mehr als Spielzeug. Dazu war sie zu teuer. Sie zierte die gute Stube und bewies durch ihre Anwesenheit, daß die Besitzer des Hauses sich etwas leisten können.

Den heute immer wieder variierten Typ der Babypuppe, dem geliebten Spielzeug beinahe jedes Kindes, gibt es erst seit der Mitte des 19. Jahrhunderts. Immer wieder wird die Puppe dem modischen Trend angepaßt, oft kommen die scheußlichsten Exemplare auf den Markt, sind eine Zeitlang »in« und verschwinden dann; kaum jemand weint ihnen nach.

In Michael Blums Puppenbilder-Serie sind sie nun zu sehen, die mit den großen Augen und dem vollen, halboffenen Mund. Wie Damen gekleidet raffen sie das Röckchen und wollen Aufmerksamkeit erregen. Der Gesichtsausdruck reicht von verträumt bis fordernd. Schön geschwungene Augenbrauen unterstreichen den »Augenaufschlag« und machen sie unwiderstehlich. Wer über Parallelen nachdenken möchte, bitte, das war eigentlich auch ein Anliegen des Malers, als er die Kleinen porträtierte. Jede Darstellung ist ein ganz bestimmter Typ, jedes Bild hat dazu den besonderen Rahmen. Oft sind das schon Wertgegenstände. So der schwarze Ebenholzrahmen für das schmale, zartfarbene Bild »Eine Blume für Queen Anne«, eine englische Puppe aus der Zeit um die Jahrhundertwende. »Hinter der Gardine« zeigt einen Puppenkopf als Porträt, mit Spitzen an Kopfputz und Kleid. Monatelang sammelte Blum alte, baumwollene Spitzenstücke.

Das war gar nicht einfach. Großmutters Truhe ist mittlerweile leer, zu viele Enkel mit unterschiedlichen modischen Wünschen haben da geplündert. Doch was sich noch fand, wurde liebevoll verarbeitet, eingebettet in den Farbauftrag. Die Wirkung ist sehr plastisch, es sind »Bilder zum Anfassen«. Das große Ölbild »Puppen hinter dem Fenster« zeigt eine Fülle alter Dinge. Einmal das bäuerliche Sprossenfenster, dahinter die Spitzengardine, hier im Detail der Form wiedergegeben, denn sie ist echt.

Und dann die Puppen. Unten links die französische, ganz Dame, mit aufwendigen Rüschen am Kleid und großem Kopfputz. Daneben das Mütterchen, es hält ein Kleines auf dem Schoß und war zu seiner Zeit bestimmt das »Wunschkind« vieler Puppenmütter. Jene Ära und unsere Tage, im Grunde gibts da nicht viel Unterschied. Wer die staunenden Augen der Kinder sah, die mit den Eltern zur Puppenausstellung kamen, brauchte nicht lange zu fragen, ob man sie heute noch mag, die geduldigen Spielgefährten der Kinderzeit.

Puppen hinter dem Fenster. Ein Bild aus der Sammlung »Puppenbilder« von Michael Blum, mit Originalspitzen aus vergangenen Tagen verziert, in sie eingebunden. Die komplette Serie einmal im Kreis Daun zu haben, ist der Wunsch vieler Kunstfreunde. Sie ist eine Huldigung an die Vergangenheit, fordert zu kritischer Betrachtung der Gegenwart heraus; diese Galerie wäre ein informativer Beitrag — nicht nur für Puppenfreunde.

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