Engel mit Marterwerkzeugen

Sakrale Kunst in der Erlöserkapelle Mirbach

Marianne Schönberg, Jünkerath

 

Die Engel mit den Marterwerkzeugen, es sind vier, wir haben zwei ausgewählt, als Anregung zur persönlichen Betrachtung. Ein Besuch in der Kirche zu Mirbach lohnt sich. Nicht nur wegen dieser wunderschönen Mosaikarbeiten. Das kleine Gotteshaus bietet eine Fülle historischer Darstellungen in Stein, Glas; es hat dadurch musealen Wert. Als Kirche dient es der Gemeinde, Kunstkenner handeln Mirbach als Geheimtip.

In der Eifel führt sie ein Schattendasein, die Kapelle zum Erlöser, vor mehr als achtzig Jahren auf einer Anhöhe im Ort Mirbach erbaut. Sie ist älter als ihre große Schwester, die Erlöserkirche Gerolstein, doch weitaus weniger bekannt. Oder wußten Sie un die vier Engel mit den Marterwerkzeugen, herrliche Mosaikbilder, beinahe lebensgroß?

Die Originale stehen in Ravenna. Bei einer Bildungsreise durch Italien stünden sie gewiß auf der Liste der Sehenswürdigkeiten. Doch wer kennt schon Mirbach? Mir war die Kapelle seit Jahren vom Erzählen bekannt. Aber das weckte nicht so viel Neugier, daß ich sie anschaute. Kürzlich kam im Dorf X ein Gespräch am runden Tisch auf. Jemand erzählte begeistert von einer Urlaubsreise nach Griechenland, von alten Ikonen, von Mosaiken aus Süditalien. Mosaikbilder, fragte man, so ähnlich wie in Gerolstein? Wo gibts denn in Gerolstein so etwas! In der Erlöserkirche, da war ich zum Weihnachtsgottesdienst und hab sie gesehen. Peinliches Schweigen, dann die Frage, wo denn diese Kirche sei? Vielleicht ein Einzelfall, aber Tatsache.

Und dann Mirbach! Ein wenig Geschichte? Bitte sehr: Um 1900 war die kleine Pfarrkirche der Gemeinde in solch schlechtem Zustand, daß die Bürger den Freiherrn Ernst von Mirbach baten, er möge sich doch »höheren Orts« für einen Neubau verwenden. Der war zu der Zeit Oberhofmeister der Kaiserin Auguste Viktoria in Berlin. In der Hauptstadt gabs einen Kirchbauverein, der auch aus Mitteln des Hofes bestückt wurde und vielerorts Kirchen baute und ausstattete. Sie ähneln sich alle. Die Mosaiken der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin - heute stehen sie konserviert hinter Glas - lassen Parallelen zu Gerolstein erkennen. Es gibt noch einige Gotteshäuser in Deutschland, die zum Vergleich geeignet sind. Aber wir wollen in der Eifel bleiben. In der großen Kuppel der Erlöserkirche der Brunnenstadt stehen Engel mit ausgebreiteten Flügeln, blau ist die dominierende Farbe, doch die gebänderte Verzierung der Gewänder hat bereits Ähnlichkeit mit den Mirbacher Engeln. Jedes Schmuckband der Tuniken ist allerdings unterschiedlich, keine Figur ist das Duplikat der anderen, das gilt für Gerolstein, für Mirbach. Jede Figur ist eine besondere Arbeit in Mosaik, detailgenau angefertigt, von eigener Ausstrahlung.

Als der Berliner Kirchbauverein 1903 mit erheblicher finanzieller Beteiligung die Ausstattung des neuerbauten Gotteshauses in Mirbach übernahm, kamen auch dekorative Spruchbänder in Mosaik mit Texten aus dem Neuen Testament zur Ausführung. Auch hier wieder Parallelen zu Gerolstein.

Das Steingeflecht des Fußbodens der Mirbacher Kirche ähnelt in seinen regelmäßigen Ornamenten dem der Marienburg in Preussen; es wurde dem Original aus der alten deutschen Ordensburg nachempfunden. Der Fries der Engel ist auf den ersten Blick gar nicht zu erkennen. Wer das Kirchlein betritt, steht erst im Halbdunkel und ist gefangen von den Eindrük-ken, die bunte Glasfenster, das Spruchband, der Bodenbelag vermitteln. Man muß schon ein wenig zum Altar gehen, um den Fries zu sehen. Dunkle Marmorsäulen und alabasterfarbene, reich verzierte Bögen sind kunstvolle Rahmen der Mosaikengel. Sie tragen Dornenkrone und Stricke, Nägel, Hammer, den Essigschwamm, die Geißel, schließlich eine Säule als Symbol der tragenden Kraft.

Gold in der Farbe steht für Herrschaft, für Macht. Das Weiß der Gewänder für Unschuld. Die Blicke der Engel begegnen sich und stellen so eine Verbindung zur Mitte her, vielleicht zum Gebet; zur Meditation. Weil das Kirchlein tagsüber offen ist, hat man Gelegenheit zur stillen Betrachtung. Dafür der Gemeinde ein besonderes Dankeschön. Das ist nicht immer üblich. Zu wünschen bleibt, daß Besucher pfleglich mit dem Haus und seinem Besitz umgehen. Verstöße gegen das Angebot der offenen Tür werden gewiß mit der Schließung beantwortet und die Eifel hätte eine »Museumskirche« mehr. Das wäre kein Fortschritt. Der Gemeinde Mirbach wünschen wir Besucher, die sich als Gäste fühlen und verhalten.