Die Kunst der Orgelbauer

Orgeln der Neuzeit im Kreise Daun

Matthias Thömmes, Philippsheim

 

Da die Ideale der Romantik den Orgelbau noch bis weit in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts beeinflußten, beginnt die Neuzeit in diesem Bereich streng genommen erst in der zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts. Zwar begann bereits in den 20er Jahren mit der Orgelbewegung (Orgelreform) eine Neuerung, die sich in einer Rückbesinnung auf den barocken Orgelbau äußert, jedoch machten sich deren Auswirkungen - bis auf einige Ausnahmen - erst viel später bemerkbar.

Die Neuzeit im Orgelbau läßt sich in zwei Epochen gliedern: Während die erste (etwa von 1945 -1960) sich bereits dispositionell an der Orgelbewegung der 20er Jahre orientiert (barocke Disposition), technisch jedoch noch überwiegend die Kegellade in Verbindung mit der elektropneumatischen bzw. rein elektrischen Traktur bevorzugt, hat das Konzept der Orgeln der zweiten Epoche (etwa von 1960 bis zur Gegenwart) sowohl hinsichtlich der Disposition als auch der technischen Konstruktion die alte Barockorgel zum Vorbild.

Kennzeichen dieser Werke sind zunächst die Schleifladen in Verbindung mit einer mechanischen Spieltraktur. Die Registertraktur ist entweder auch mechanisch (erkenntlich an den Zügen rechts und links der Klaviaturen) oder aber elektrisch angelegt. Letztere hat den Vorzug des bedeutend schnelleren Umregistrierens, zumal sie meist in Verbindung mit einer oder mehreren sog. »freien Kombinationen« (Vorbereitungen) vorzufinden ist. Mit diesen kann eine komplette Registrierung vorprogrammiert und durch einen einfachen Knopfdruck blitzschnell abgerufen werden. Die neueste Errungenschaft auf diesem Gebiete sind die »elektronischen Setzer«, mit denen eine Vielzahl vorprogrammierter Registrierungen sich unverzüglich abrufen lassen.

Die Disposition dieser Orgeln zeigt nach dem Vorbild der Barockorgel eine Vielfalt an verschiedenen Stimmen und Fußlagen, die ein entsprechend farbiges und frisches Klangbild ergeben. In Verbindung mit einem Schwellwerk sind diese Werke von ihren Erbauern so angelegt, daß möglichst viele Stilepochen der Orgelliteratur darauf originalgetreu interpretiert werden können.

Die Orgel der Pfarrkirche Niederbettingen

Foto: Jörg Petry Walsdorf

Auch die zwischenzeitlich einmal eingeführte nahezu gehäuselose Freipfeifenaufstellung wurde bei den neuen Orgeln zugunsten eines soliden Gehäuses aufgegeben, das - wie bei den alten Barockorgeln - wieder die einzelnen Teilwerke äußerlich in Erscheinung treten läßt und neben dem Pfeifenschutz eine hervorragende Klangabstrahlung in den Kirchenraum garantiert. Zur ersten Epoche gehören beispielsweise die Orgeln in Hilgerath (R. Seifert 1954: 11/18), Darscheid (R. Seifert 1957:11/17, 1972 umgebaut), Dockweiler (Sebald 1940:ll/ 15), Kelberg (Sebald 1940, 1972 umgebaut: 11/ 20), Gerolstein-Lissirigen (Klais 1910, Sebald 1961:11/14), Mürlenbach (Sebald 1958:11/14), Rockeskyll (Sebald 1960:11/11), Pelm (Sebald 1960:11/12). Zu dieser Epoche zählen auch die Orgeln in Jünkerath. Die Orgel der Kath. Pfarrkirche St. Antonius wurde von der Firma Ernst Seifert (Bergisch-Gladbach) um 1958 erbaut. In den 60er Jahren erhielt auch die Kath. Kirche Heiligkreuz in Jünkerath-Glaadt eine Sei-fert-Orgel und gleichzeitig die Evangelische Kirche Jünkerath eine einmanualige Orgel von der Firma Walker.

Ein hervorragendes Beispiel für die Auswirkungen der Orgelbewegung bietet die Orgel der kath. Kirche von Niederbettingen. Obwohl bereits um 1942 von der Bonner Orgelbaufirma Johannes Klais als op. 973 erbaut, besitzt sie folgendes Klangbild:

Disposition

1. Manual (C-g'")

Bordun 16'

Principal 8 '

Lieblich Gedackt 8'

Oktave 4'

Rohrflöte 4'

Mixtur 4f

Trompete 8'

 

II. Manual (C-g'")

Holzflöte 8'

Salicional 8'

Principal 4'

Oktava 2'

Nachthorn 1'

Sesquialter 2f

Scharff 3 - 4f

Der mit den Lichtreflexen der Architektur verbundene Orgelprospekt in der Thomas-Morus-Kirche in Daun.

Fotos: Nico Sastges

Pedal (C-f)

Subbaß 16'

Zartbaß 16 ' (Tr.)

Principalbaß 8'

Gedacktbaß 8' (Tr.)

Choralbaß 4'

Posaune 16'

Koppeln: IM, SUB IM, I-P, II-P. Elektrische Kegelladen, zwei freie Kombinationen, Freipfeifenprospekt. Die Registerzusammenstellung ist typisch barockorientiert.

Zu den Orgeln der zweiten Epoche gehören u. a. die sehr klangschönen Instrumente der kath. Kirchen in

1. Daun - Thomas-Morus, erbaut 1971 von der Firma Romanus Seifert, Kevelaer.

Disposition

1. Hauptwerk (C-g'")

Principal 8'

Spitzflöte 8'

Oktav 4'

Hohlflöte 4'

Sesquialtera 1-3f

Superoctav 2'

Trompete 8'

 

II. Schwellwerk (C-g '")

Rohrflöte 8'

Salicional 8'

Principal 4'

Schweizerpfeife 2'

Sifflöte 1 1/3'

Scharff 4 f 2/3'

Hautbois (französische Art) 8'

- Tremulant -

 

Pedal (C-f)

Subbaß 16'

Principalbaß 8'

Gedacktpommer 8'

Choralbaß 2f 2' + 4'

Normalkoppeln, 2 freie Kombinationen, Pleno, Tutti und Absteller. Schleifladen mit mechanischer Spiel- und elektrischer Registertraktur. Freistehender Spieltisch.

2. Welcherath, erbaut 1981 von der Orgelbaufirma Mayer, Heusweiler.

Disposition

l. Hauptwerk (C-g"')

Salicional 8'

Principal 8'

Rohrflöte 8'

Oktave 4'

Waldflöte 2'

Sesquialter 2f

Mixtur 4f 1 1/3'

- Tremulant -

 

II. Echowerk (C-g'")

Metallgedackt 8'

Spillflöte 4'

Principal 2'

Gemsquinte 1 1/3'

Cromone 8'

- Tremulant -

Pedal (C-f)

Subbaß 16'

Holzoctave 8'

Gemshorn 4'

Posaune 16'

Koppeln: ll-l, I-P, II-P. Schleifladen mit mechanischer Spiel- und Registertraktur. Das Pfeifenwerk steht in einem schönen Barockgehäuse des 18. Jahrhunderts. (Foto s. Hüb. 1984 S. 117 + 120)

Von der gleichen Firma stammt die neue Orgel in Densborn, erbaut 1979 mit zwei Manualen, 16 Registern und Schleifladen mit mechanischer Traktur.

Die Orgel der Pfarrkirche St, Anna in Gerolstein.

3. Gerolstein. Ein sehr schönes Werk der Firma Josef Weimbs (Hellenthal) aus neuester Zeit steht in der St.-Anna-Kirche in Gerolstein. Es wurde am Ostermontag 1985 (8. April) feierlich eingeweiht und hat folgende

Disposition

1. Hauptwerk

Principal 8'

Hohlflöte 8'

Oktave 4'

Flaut-traverse 4'

Principal 2'

Mixtur 4f 1 1/3'

Cornett 3f 2 2/3' ab c'

Trompete 8'

 

II. Positiv

Bourdon 8'

Gamba 8'

Rohrflöte 4'

Nasard 2 2/3'

Doublette 2'

Terz 1 3/5'

Scharff 3 f 2/3'

Cromorne 8'

- Tremolo -

 

Pedal

Subbaß 16'

Offen baß 8'

Choralbaß 4'

Fagott 16'

Koppeln: ll-l, I-P, II-P. Schleifladen mit mechanischer Spiel- und elektrischer Registertraktur. Zwei freie Kombinationen. Von der gleichen Firma stammt die neue Orgel in Birresborn, erbaut 1979 mit zwei Manualen und 12 Registern.

Organist und Chorleiter Albert Schneider (Boxberg) beim Orgelspiel in der Pfarrkirche Hilgerath (Pfarrei Beinhausen) >

Orgelprospekt in Darscheid