Es muß keine Kathedrale sein

Rast in der Donatuskapelle in Daun-Gemünden

Michael Mayer, Daun-Pützborn

 

 

An der Mündung des Pützbaches in die Lieser, die dem kleinen, idyllischen Ort von 180 Einwohnern den Namen Gemünden gegeben hat, steht eine fast unscheinbare Kapelle, die es wert ist, einmal zu verweilen. Sie ist nur 3,80 m breit und 9,60 m lang und bietet rund dreißig Sitzplätze. Erbaut aus Eitler Bruchsteinen hat sie ein kleines behelmtes Schiefertürmchen, aus dem ein helles Glöckchen neben dem täglichen »Engel des Herrn« die Gläubigen einmal wöchentlich zum Gottesdienst ruft.

Die Kapelle ist dem hl. Donatus geweiht. Über der Eingangstür war nach Schug die Jahreszahl 1731 zu lesen, das Jahr, in dem der Pfarrer wohl die Erlaubnis erhielt, für die Bewohner Gemündens nun Gottesdienst halten zu dürfen.

Es können damals nicht viele Beter gewesen sein, denn Jahrhunderte hindurch stritten weltliche und geistliche Herren sich um das Dörflein und die Bewohner, eifersüchtig darauf achtend, daß keinem auch nur ein Scherflein an Steuern und Zehnt verloren ging. Der nördliche Teil gehörte zur Pfarrei und dem Amt Daun (1654: ca. 15 Einwohner; 1794: ca. 22 Einwohner); der östliche Teil (links des Lieserbaches mit Kapelle) zur Pfarrei Weinfeld und dem Arembergischen Besitz, und der Rest (rechts der Lieser) beanspruchte die Pfarrei Steinborn und die Manderscheider Herrschaft.

Altar in der Kapelle von Gerolstein

Schug schreibt, daß diese kleine Kapelle bereits 1713 erbaut, aber erst 1731 fertiggestellt wurde. 1717 einigten sich die Pfarrer von Steinborn und Weinfeld, abwechselnd ihr Recht in Gemünden auszuüben, da Zweifel bestanden, ob die Kapelle nun zur Pfarrei Steinborn oder zur Pfarrei Weinfeld zu rechnen war.

»Bei einem Zeugenverhör 1716 sagte Peter Gillot aus Gemünden, daß ein Markstein vor seiner Türe stehe, daß von Aremberg, Blankenheim und Daun den Zehnt um die Kapelle teilen.« Erst 1803 endete das kirchlich-politische Tauziehen. Gemünden (1345: Gemunde; 1353: Gemonden) kam zur Stadt und Pfarrei Daun.

Schlicht ist der Innenraum eingerichtet. Drei Fenster werfen etwas Licht auf die Einrichtung, die aus dem 18. Jh. stammt. Auf dem hölzernen Altartisch steht eine einfache Kreuzigungsgruppe, links die Muttergottes und rechts der hl. Johannes. Rechts an der Wand ist der Schutzpatron der Kapelle und des Dorfes zu sehen: der hl. Donatus, eine 88 cm hohe Holzfigur aus dem 18. Jahrhundert.

Der Stolz der Gemündener aber ist die sitzende Muttergottes mit dem Kind, eine wertvolle Figur aus dem 14. Jahrhundert unseres bäuerlichen Raumes. Sie hat ein breites Gesicht, das schon all den Schmerz und das Leid ihres Kindes zu ahnen scheint, welches jetzt noch so unbekümmert auf ihrem rechten Arm sitzt, die Erde als Apfel in der Hand hält und seine Füße auf dem Knie seiner Mutter abstützt. Maria trägt ein gekraustes Kopftuch, das einen Kunststil des ausgehenden 14. Jh. verrät. Ihr blaues Gewand mit roten Rosen verziert, liegt eng an ihrem Körper an und wallt in reicher Faltenverteilung bis zum Boden. Nach jahrelanger Abwesenheit in der Dauner Pfarrkirche kehrte die Statue 1980 gründlich restauriert wieder in die Kapelle zurück.

Die Muttergottes-Statue aus dem 14. Jahrhundert in der Gemündener Kapelle

Dem Zeitgeschehen und Witterungseinflüssen ausgesetzt, war das Kapellchen renovierungsbedürftig. Ab 1974 konnte man echten Zusammenhalt von Gemündener Bürgern feststellen. In monatelanger, unentgelticher und engagierter Arbeit wurde ihr Dorfmittelpunkt von Grund auf überholt und mit neuen Bänken und einer warmen Holzdecke versehen. Seitdem erstrahlt das dörfliche Kleinod in neuem Glanz und lädt jeden ein, nicht hastig vorüberzueilen, sondern sich Zeit für ein Gebet und besinnende Betrachtung zu gönnen.

Lit: Schug, Geschichte des Dekanates Daun, 1956