Festwochen in Kronenburg

Reverenz an den Bildermacher Rolf Dettmann

Marianne Schönberg, Jünkerath

 

Er wurde gefeiert, der Bildermacher in Kronenburg. Das war nicht seine Idee. Vor fünfzig Jahren kam er in die Eifel, als junger Mann mit Werner Peiner zur neu eingerichteten Malerschule. Seinem Freund Matthias Weber fiel das auf und er setzte die Vorbereitungen für einJubiläum an; mit der Begründung, man möge die Menschen zu Lebzeiten ehren, so man das vorhabe. Recht hatte er.

Druck der Sepiazeichnung, die _; Blickwinkel mit Malerschule.

Es wurde ein Fest daraus, das bereits am Tag der Eröffnung der Sondergalerie in den Räumen der Bildungsstätte Kronenburg seinesgleichen suchte. So viele Menschen im großen Hörsaal, dichtgedrängt saßen sie, die Galerie war besetzt und in den Gängen handelte man Stehplätze in Dreierreihen. Als Rolf Dettmann mit seiner Frau Katharina den Saal betrat, gabs spontan Beifall, von den Kronenburgern, den Gästen, den Freunden der Familie. Solche Gesten sind Auszeichnungen, die man sich nicht an die Brust heften kann, die in der Seele bleiben, nachhaltig und in besonderer Dankbarkeit. Denn leicht hat er's den Kronenburgern nicht gemacht, der Maler aus Mönchengladbach. Immer wieder stellte er Land und Leute vor, liebevoll oder kritisch gesehen; er nahm da kein Blatt vor den Mund und keins vor die Feder. Daß viele seiner Bilder gerade aus der kritischen Sicht eine besondere Form der Huldigung an Kronenburg und die Menschen im Dorf waren, das begriff man erst später. Er hat das Malerdorf weit über Kreis- und Landesgrenzen bekannt gemacht.

Matthias Weber sprach in der Einführung zur Ausstellung vom »Worpswede der Eifel«. Das hört sich an solch einem Tag gut an, doch dahinter stehen Wochen einsamer Arbeit an ungeliebten Themen, die einfach »sein müssen«. So die Zyklen der sorgenvollen Betrachtung um die Vermarktung des Ortes durch Feriendorf und See mit allen negativen Begleiterscheinungen, die solche Anlagen nun einmal mit sich bringen. Bestimmt ist es Dettmanns energischen Dokumentationen zu danken, daß nicht alles, was sich die Vermarkter des touristischen, neuen Kronenburgs einfallen ließen, verwirklicht wurde. Als das Feriendorf noch nicht gebaut war, lief in der Zehntscheune im Burgbering eine Ausstellung mit visionären und zum Teil bösen Bildern von Rolf Dettmann zu diesem Thema.

Ölbild in asymmetrischer Form mit dem Titel UNSER HAUS. Es zeigt das Dett-mannsche Anwesen versteckt und geborgen unter dem Stuhl, dem immer wiederkehrenden Symbol des Bildermachers. Für ihn ist der Stuhl das intimste Möbelstück. Ihn gibts seit Jahrhunderten, Vorläufer war eine erhöhte Sitzfläche in Form von Steinen und sie wandelte sich für Leute, die »etwas zu sagen hatten« bis zum Thron. Im Garten übergroße Herkulesstauden, das Paar, der Ursprung der Familie. Eine Leiter führt hinauf zum Mädchenkopf, Mistelzweige rahmen ihn ein. Doch man kann die Leiter auch zum Rückweg ins schützende Haus benutzen...

Die Einführung dazu sprach damals Dr. Dr. Otto Baur aus Stadtkyll mit ebenso unmißverständlichen Worten. Das gab Ärger, stürmische Diskussionen schlössen sich an, Freundschaften standen plötzlich im Meinungsstreit. Aber solche Dinge müssen sein. Ist eine Aussage allzu gefällig, dann stimmt etwas nicht.

Es kam die Zeit der Verarbeitung der aufgezeigten Themen. Wenig später, zum 70. Geburtstag erhielt der Bildermacher in Kronenburg das Bundesverdienstkreuz und Regierungspräsident Dr. Antwerpes aus Köln sagte damals, daß man mit dieser Auszeichnung einen Mann ehre, der sich kritisch mit dem Zeitgeschehen auseinandersetze. Haben Sie doch Wirkung gezeigt, die »bösen Bilder«? Ein neues Bild von Kronenburg hatte Rolf Dettmann für die festlichen Tage gemalt. Zwar die klassische Ansicht, das vertraute Panorama, aber im Vordergrund die Malerschule. Schließlich fing hier alles an. Die Original-Sepiazeichnung wurde während der Festwochen versteigert und den Erlös bekam die Gemeinde, als Zuschuß für die Ausrichtung aller Tage. Es gab auch Drucke des Bildes, handsigniert, sie waren bald verkauft und dies Geld ging ebenfalls in den großen Topf. Das war Dettmanns Geschenk zu seinem Fest. Für ein umfassendes Rahmenprogramm hatte sich der Festausschuß allerhand einfallen lassen. Musikalische Angebote in vielfältiger Form, Gespräche, Diskussionen, Rückblende in vergangene Jahre des Ortes.

Nach der Eröffnung der Sondergalerie im Gespräch (von links) Prof. Matthias Weber, Rolf Dettmann, Direktor Groh von der Bezirksregierung Köln.

Paar mit Kronenburg auf aem Kopi, Ölbild in asymmetrischer Form. Es könnten Rolf und Katharina Dettmann sein, die »ihr Kronenburg« ständig im Sinn, im Kopf haben, die es gemeinsam tragen und manchmal gewiß ein wenig unter der Last gefordert sind. Eine Rückblende in vergangene Jahrzehnte?

An einem Abend trafen sich Studenten der Fachhochschule Düsseldorf, Fachbereich Architektur, zur Podiumsdiskussion mit Rolf Dettmann, Prof. Matthias Weber, der Dozentin Prof. Birgelbach aus Düsseldorf und Prof. Ehren. Sie waren zum Ende des Semesters in Nordrhein-Westfalen für fünf Tage nach Kronenburg gekommen, zum Malen, zum Sehen. Natürlich interessierte sie die Sonderausstellung sehr und das kam im Gespräch auch zum Ausdruck. Mit vielen kritischen Anmerkungen, mit Fragen zur Sache, zur Zeit um 1930, zu Rolf Dettmann und seiner Malweise ganz persönlich. Seine Farbgebung sei verhalten, aberdoch leuchtend - wie macht man das? Dettmann erklärte die Vielfältigkeit der Farbskala für Vorder- Mittel- und Hintergrund, dazu den besonderen Aspekt im Mittelgebirgsraum. Die Urfarben Rot, Gelb und Blau wurden analysiert, in Komplimentärfarben umgesetzt doch - und das sagte Dettmann für sich selbst - Farben kommen letztlich aus dem Innersten, sind Produkte einer persönlichen Einstellung. Er erklärte die Symbole seiner Bilder, die immer wiederkehren und vom Betrachter verstanden sein müssen, soll er Zugang zu den Bildern finden. Von der Vorliebe für die Linie sprach der Bildermacher. Er lernte in einer Zeichenklasse und fertigt auch heute noch Skizzen an. Danach kommt die Arbeit im Atelier, sie lebt dann auch aus dem visuellen Gedächtnis und läßt dem Maler persönlichen Freiraum bei der Ausarbeitung des Themas.

Was ein Künstler sei, der Unterschied zwischen Maler und Künstler, fragten die jungen Leute. Dettmann antwortete, das wisse er nicht. Er empfinde seine Arbeit als Aufgabe, etwas mitzuteilen und den Betrachter zum Nachdenken anzuregen. Die Problematik um den Ort Kronenburg war den Studenten nicht bekannt. So fanden sie Dettmanns Bilder unverständlich, und er erzählte ihnen aus den Jahren der Bürgerinitiative, von der Angst um den Ort, die ja in der Liebe begründet ist. Deshalb auch »Huldigung an Kronenburg« gerade in den problematischen Bildern.

Frage zu den Porträts, ob das nicht längst überholt sei? Gewiß, doch in der Wiedergabe der Person liegt die Möglichkeit, den Menschen ungeschminkt zu sehen mit positiven und negativen Details. Ob das die Leute akzeptieren? Die Kronenburger bisher immer, sagte Dettmann. Das sollte man ihnen einmal danken. Es ist gar nicht einfach, sich anzunehmen wie man ist, womöglich im Bilde die ungeliebten Eigenarten noch unterstrichen.

Was hält Dettmann vor, der modernen Kunst, von den »neuen Wilden«? »Das muß man überstehen. Jeder Künstler hat in seiner Zeit eine Aussage zu machen. Ob die überdauert und noch später Gültigkeit hat, bleibt abzuwarten«. Professor Weber sagte Worte zum Schluß, die Studenten dankten mit herzlichem Beifall. Das war ein hilfreicher Abend im Rahmen der festlichen Tage, für den Maler, die Gäste, die jungen Leute. Er gab der Festwoche das Lebendige. Wo sonst kann man mit dem Maler reden und das über Stunden, öffentlich, mit Diskussionsbeiträgen anderer Hörer. Oft liegen Welten zwischen den verschiedenen Meinungen. Sie anzunehmen - nicht unbedingt anzuerkennen - ist eine Hilfe zur Verständigung zwischen den Generationen.