Vor 50 Jahren: Bau des Westwalls

Mit der Ruhe in den Eifeldörfern war es vorbei

Klaus Linden, Niederbettingen

 

Reichsparteitag der NSDAP 1938. Hitler steht auf der Höhe der Macht. Auf diesem Parteitag lüftet er vor der Weltöffentlichkeit in Nürnberg ein Geheimnis, als er wörtlich erklärte. »Ich befahl den sofortigen Ausbau unserer Festungsanlagen im Westen. Ich darf Ihnen die Versicherung geben, daß seit dem 28. Mai 1938 dort das gigantischste Befestigungswerk aller Zeiten im Aufbau begriffen ist. Ich möchte Ihnen nur wenige Zahlen nennen: An der deutschen Westbefestigung, die seit zwei Jahren an sich bereits im Bau begriffen war, arbeiten nunmehr zusammengerechnet 278 000 Arbeiter, darüber hinaus 100000 Mann Reichsarbeitsdienst und zahlreiche Pionierbataillone und Infanteriedivisionen«.

Die älteren »Zeitzeugen« können sich erinnern, daß es ab diesem Zeitpunkt mit der Ruhe in den bis dahin so stillen Eifeldörfern vorbei war. Wir in Niederbettingen z. B. bekamen einen unvergeßlichen Eindruck von denen, die die Partei als »Arbeiter der Faust« bezeichnete. Man hatte das Ruhrgebiet nach Reserven durchforstet. Die Arbeitskräfte, die bei uns einquartiert waren und jeden Tag per Bus nach Brandscheid gefahren wurden, kamen aus Bochum, Die soliden Dorfbewohner verstanden deren Lebensweise nicht. Der erste Weg bei Rückkunft von der Arbeitsstelle führte in die Gastwirtschaft und hier blieb man bis zum späten Abend oder gar bis zum Morgen. Das viele, und nicht allzu schwer verdiente Geld wurde meist im Handumdrehen wieder ausgegeben. Aus unserer damaligen Sicht war es eine buntscheckige Arbeiterschaft, die in die ruhigen Eifeldörfer quoll. Es handelte sich meist um Arbeitslose, die man verpflichtet hatte. Kein Wunder, daß die alten Leute bei uns die Welt nicht mehr verstanden, denn derartiges hatten sie noch nicht erlebt.

Im August 1938 überzeugte Hitler sich persönlich über den Stand der Arbeiten an der Westgrenze und stattete unter anderem Irrel, Echternach und Bleialf einen Besuch ab. Ein zweites Mal besichtigte Hitler den Westwall in der Eifel im Mai 1939 und sorgte am Bahnhof Hillesheim für einen großen Volksauflauf. Im Sommer 1939 gesellten sich zu den Westwallarbeitern die Einheiten der Deutschen Wehrmacht, die die Häuser belegten, so daß am Ende weit mehr Fremde unsere Heimat bevölkerten als Einheimische. Die Zahl erhöhte sich noch, als bei Kriegsbeginn bis zum Einmarsch nach Frankreich jedes Haus randvoll belegt war. Heute kann man ruhig sagen, daß dieses gigantischste Befestigungswerk aller Zeiten, wie Hitler es nannte, für die Katz war.