Die Fronleichnamsprozession

Eine lustige Erinnerung an Jugendtage

Karl-Heinz Schwartz, Gerolstein

 

Der Fronleichnamstag nimmt in meinen Erinnerungen eine besondere Stellung ein. Nicht nur, weil an diesem Tage schulfrei war. Nein, es war vor allem die feierliche Atmosphäre, die sich überall dort ausbreitete, wo man schon Tage vorher mit den Vorbereitungen zu diesem Frühsommerfeiertag beschäftigt war, die unvergessen geblieben ist: in der Schule, in der Kirche und zu Hause.

Es galt frisches Tannengrün zu holen, das dann von den Frauen zurechtgeschnitten und gekonnt zu Girlanden gebunden wurde. Diese befestigten sie nun zwischen kalkgetünschten Pfählen beidseitig der Straße und verzierten die Girlanden mit weißem Kreppapier. Auch die Fahne, zu diesem Anlaß frisch gewaschen und gebügelt, durfte nicht fehlen.

Uns Kindern oblag die Besorgung des Blumenschmuckes, zunächst für den »eigenen Straßenteil«, dann aber auch für die benachbarten, durch die die Prozession ihren Weg nahm. Gerade die dort ansässigen Geschäftsleute hatten verständlicherweise dafür nur wenig Zeit, wollten aber auf einen bunten Blumenteppich, über den der »Haar« mit der Monstranz schritt, nicht verzichten. Uns war das nur recht, und wir steigerten uns dabei in einen Eifer, den sich unser allseits geschätzter Lehrer Andersch von seinen Schüler beim Unterricht nur hätte wünschen können... Wußten wir doch, daß nach Ablieferung eines mit Ginsteroder Margeritenblüten gefüllten Korbes beim Bäcker Strohe oder Metzger Lachemeier ein Eis, ein Stück Fleischwurst und manchmal sogar 20 Pfennige »heraussprangen«.

Daß wir dabei im jungen, saftigen Gras der Wiesen »unter der Burg« nicht selten großen Schaden anrichteten wurde uns erst blitzartig bewußt, wenn der Feldhüter mit lauter Stimme sein Nahen ankündigte: »Macht och uß da Wiesen eruß, ihr macht en Sauerei wie en Herd Wildsau, wä soll dat Schraß elo noch mähe?«. Gott sei Dank waren meine Freunde und ich sportlich gut drauf und ab gings über den Burgberg in den nahegelegenen Wald »im Heiligen Stein«. ..

Besonders rege Geschäftigkeit herrschte an den vier Stationen, an denen die Fronleichnamsaltäre aufgebaut wurden: In der Held, am alten Krankenhaus in der Raderstraße, vor der Statue des hl. Antonius bei Schüßlers und an der Normaluhr. Letztere Stelle lag in unserer Nachbarschaft und den frommen Leuten dort gelang jedes Jahr ein kunstvoll geschmückter und reichverzierter Altar, von dem der Pastor, ehe die Prozession die Pfarrkirche wieder erreichte, noch einmal den Segen spendete.

Damit die für diesen Zweck aus dem eigenen Garten verwendeten Blumen und Gestecke auch möglichst lange noch schön und frisch aussahen, durften sie erst unmittelbar vor Ankunft der Gläubigen dort hingebracht werden. Dadurch gerieten Gretchen und Elsbeth, deren ganzer Stolz das Herrichten »ihres Altars« war, jedesmal in große Hektik, denn auch das Mittagessen sollte pünktlich auf dem Tisch sein, wenn ihre Lieben von der Prozession zurückkamen. Und den festlichen Abschluß mit »Tedeum und Segen« wollten sie nicht versäumen.

»Esch johe noch flott noh dor Erbsenzopp kukke un et Jebetbooch hole, esch hure de Musik alt kunn«, sagte Gretchen und eilte davon.

Elsbeth richtete noch das Maigrün zurecht und zündete die Kerzen an. Ihr prüfender und zugleich strahlender Blick ließ die Zufriedenheit über das gelungene Werk erkennen. Und auch das herrliche Wetter konnte nicht besser sein. Als Gretchen zurückkam staunte Elsbeth nicht schlecht. »Wofür häs dau dann dat Stück Speck elo motjebracht?« »Wat han esch, en Stück Speck motj .......? Oh Konner nä, nau han esch doch vor laudor Oprejung et Jebetbooch on de Erbsenzopp jeschmoß.«