Die Kyllbrücke in Birresborn

Ein Gewölbebauwerk von historischem Wert

Dipl. Ing. (FH) Arno Sauer, Bassenheim bei Koblenz

 

Birresborn liegt südöstlich von Prüm und 2 1/4 Meile (ca. 3,6 km) nordöstlich von Mürlenbach am rechten Ufer der Kyll, in welches der Salmbach, nachdem er den Fischbach aufgenommen, mündet-in einem angenehmen »Thale«, von Lavablöcken umgeben, welche auf dem Grauwackengebirge lagern. Bir, Bier, Ber, Beer, ist ein den semitischen Dialekten angehöriges Wort, welches soviel wie Wasserplatz, Brunnen oder auch Wassersprudel bedeutet. Mehrere Bäche im Kreise Prüm heißen Bierbach oder Berbach.

Birresborn erhielt wahrscheinlich den Namen von der sprudelnden Quelle oberhalb des Ortes, wobei der Name Born oder Bur soviel wie Brunnen bedeutet. Die berühmte Birresborner Lindenquelle8 liegt nördlich, 15 Minuten vom Ort entfernt, in geringer Enfernung vom rechten Ufer der Kyll. Die Quelle entspringt am Fuße eines Grauwackenplateaus und war schon den Römern bekannt, wie die Münzen beweisen, welche man in der Nähe des Brunnens gefunden hat. Wenn auch das Wasser aus der Quelle schon seit Jahrhunderten in der Umgebung bekannt war und gegen mancherlei Übel gebraucht wurde, so fing man doch erst im Jahre 1726 an, das Wasser aus dieser Quelle in Tonkrügen nach Trier, Luxemburg, Münstereifel, Aachen und anderen Städten zu versenden. Die Beliebtheit dieses Getränkes hat sich bis in die heutige Zeit erhalten und wird nun durch das Birresborner Sprudelwerk weit über die Landesgrenzen hinaus verschickt.8

Weitere Römerspuren entdeckte man, als die alte Kirche im Jahre 1828 abgebrochen wurde, um an gleicher Stelle eine neue zu bauen. Hier fand man einen Stein mit der verstümmelten und verwitterten Inschrift:

        H No. III NVS

        MADN T II NNV

und unter einem Kehlrande:

        PIINCI NIIRVCI ...

Der Stein wurde an einer Ecke der neuen Kirche eingemauert. In der Nähe von Birresborn in dem »Walde« zwischen Birresborn und Büdesheim, finden sich ebenfalls noch Spuren einer Römerstraße1. In der Schenkungsurkunde des Königs Pipin für das Kloster Prüm vom Jahre 762, wird unter den geschenkten Ortschaften auch Birgisburias in Carasco im Carosgau2 -das jetzige Birresborn - aufgeführt. Der Ort gehörte bis zum Ende des alten Reiches (1794) zum Kurfürstentum Trier und Oberamt Prüm. Während der Zeit der französischen Herrschaft gehörte Birresborn zum Kanton Prüm. Ab 1816 zählte die Gemeinde zur Bürgermeisterei Mürlenbach. 1930 wurde der Sitz der Amtsverwaltung von Mürlenbach nach Birresborn verlegt3 4 5. Seit der Verwaltungsreform vom 7. November 1970 gehört die heute 1 600 Einwohner zählende Gemeinde Birresborn zur Verbandsgemeindeverwaltung Gerolstein im Landkreis Daun.

Zur Geschichte der Kyllbrücke in Birresborn berichtet die Ortschronik wie folgt:5

Der Kyllbrückenbau wurde in den Jahren 1854 bis 1855 durch den Unternehmer Johann Friedrich aus Prüm durchgeführt. Die endgültige Fertigstellung der Brücke wurde ihm jedoch untersagt, weil er schlechte Arbeiten geliefert hatte. Die noch durchzuführenden Restarbeiten werden dem Gastwirt Thomas Weber aus Birresborn, der vermutlich noch nebenbei ein Baugeschäft hatte, zum Preise von 887 Thaler übertragen. Die benötigten Sandsteine entnahm man aus dem Distrikt »Dachsberg«.

Das ursprüngliche Bauwerk mit seinen romantischen barocken Grundzügen und Details (siehe Photo)6, wurde im Jahre 1945 durch Sprengung vor den anrückenden amerikanischen Truppen bis auf die Pfeiler und Widerlager zerstört.

Um die Verbindung mit dem Bahnhof und den Ortschaften, Waldungen und Feldern aufrecht zu erhalten, baute man zunächst unter Ausnutzung der unzerstörten Brückenpfeiler eine Notbrücke aus Holz. Als die Notbrücke wegen des geplanten Neubaues der Kyllbrücke entfernt werden mußte, errichtete man für die Dauer der Bauphase stromaufwärts eine Hilfsbrücke, ebenfalls in Holzkonstruktion.

Zum Bau der neuen Brücke faßte die Gemeindevertretung vom 25. 7. 1949 bis 22. 12. 1949 folgende Beschlüsse:

Nach erfolgter, durch das Kreisbauamt in Prüm durchgeführter Submission über den Neubau der Kyllbrücke, wird dem zweitbilligsten Unternehmer Matthias Böffgen aus Gerolstein der Brückenneubau in Höhe von 26 422,57 DM übertragen.

Die Wasserleitung an der neuen Kyllbrücke wird nach eingehender Aussprache, an der Herr Kreisbaumeister Thomes und Bauunternehmer Böffgen teilnahmen, durch das Kyll-bachbett gelegt. Die Grabenarbeiten im Flußbett selbst werden von der Firma Böffgen zum Preis von 5,- DM pro lfd. m ausgeführt. Die Brüstungsneugestaltung soll in einer späteren Sitzung beraten werden. Das Richtfest wird gesondert gefeiert. Die Unkosten betragen ungefähr 300,- DM. Pro Person werden 7,- DM ausgelegt.

Das Geländer an der Kyllbrücke (Brüstung) wird in Mauerwerk durch die Firma Böffgen aus Gerolstein ausgeführt. Die Kosten als Mauerwerk betragen nach mündlicher Zusage des Unternehmers 1 800,- DM.

Aus Anlaß der Brückeneinweihung veranstaltet die Gemeinde am 1. Januar 1950 Tanzveranstaltungen in sämtlichen Lokalen des Ortes. Vergnügungsssteuer wird nicht erhoben.

Der Erlaß der Vergnügungssteuer wurde an die Bedingung geknüpft, daß kein Eintrittsgeld erhoben werden durfte. Diese Vergünstigung wurde gewährt, da die offizielle Einweihung am 3.12.1949 stattfand und infolge der sogenannten »geschlossenen Zeit« - Adventszeit - kein Tanz stattfinden durfte.

Auf den Photos von der Einweihungsfeier sind u.a. Pastor Kraus, Ortsbürgermeister Benz, haben sich seit dem Wiederaufbau von 1949 bis 1951 im wesentlichen nicht mehr verändert. Im Vergleich zum alten Bauwerk mit seinen vier Bogenöffnungen besitzt die jetzige Brücke, deren Gesamtlänge ca. 35,00 m beträgt, nur drei Bogen mit lichten Weiten von 10,48, 9,10 und 10,40m.

Kyllbrücke in Birresborn 1905

Foto: Fredy Lange

Amtsbürgermeister Schunk, August Wirtz als Ortsältester von Birresborn und der damalige französische Besatzungkommandant erkennbar. Der Festakt wurde durch Liedbeiträge der Schulkinder und des Kirchenchors dem feierlichen Rahmen entsprechend ausgeschmückt. Die bautechnischen Angaben der heutigen Kyllbrücke7

Aufgrund der notwendigen Anbindung einer Zufahrt zu dem nach der Brückenzerstörung neu errichteten Anliegen unmittelbar am Widerlager auf Birresborner Seite, wurde der 1. Bogen zugeschüttet, was bis zum Abschluß der Kyllre-gulierung wegen des geringeren Abflußquerschnittes oft zu großen Hochwässern führte. Wie bereits erwähnt, konnte man die unversehrten Pfeiler aus rotem Sandstein nach einigen Ausbesserungen für den Brückeneubau benutzen. Für den Wiederaufbau mußten zuerst Leergerüste aus Holz für den Bau der drei Bogenkonstruktionen erstellt werden. Bogen und Überbau wurde mit Grauwacke aus einem Steinbruch bei Marksbusch an der Michelbacher Straße errichtet. Das Gesimsband bestehtaus einer mit Basalt errichteten senkrechten Rollschicht, ragt einige Zentimeter über und bewirkt durch den etwas dunkleren Farbton optisch eine sehr ansprechende Trennung zwischen Überbau und Brüstungsmauer. Die 0,50 m starken Brüstungsmauern und die 10 cm überhöhten Brüstungsmauerpfeiler sind durch zum Teil schadhafte Betonplatten zum Schutz vor Witterungseinflüssen abgedeckt. Zwischen jedem Brüstungpfeiler befinden sich in der Brüstungsmauer je zwei schießschartenartige Öffnungen.

Die größeren Sichtflächen in der Ansicht werden über den Strompfeilern durch U-förmige und über dem linken und rechten Widerlager durch kreisringartig ausgebildete Gestaltungselemente architektonisch aufgegliedert.

Die Kreisstraße K 77 führt vom linken Kyllufer kommend über die Bahnlinie Gerolstein - Kyll-burg und über die gerade Kyllbrücke in den Ort Birresborn hinein. Die bituminöse Fahrbahndecke hat eine Längsneigung von 1,5 % und besitzt zur Oberflächenentwässerung ein dachförmiges Quergefälle. Wegen fehlenden Entwässerungsleitungen oder ähnlichen Einrichtungen z. B. in Form eines Freifalls, wird das anfallende Niederschlagswasser durch seitliche Entwässerungsrinnen vom Bauwerk abgeleitet.

Oberstromseitig befindet sich ein schmaler Betonfußweg dessen Kante zur Fahrbahn hin mit einer Stahlschiene geschützt wird. Die Widerlager sind mit den Flügelwänden fugenlos verbunden. Pfeiler l und II sind oben und unten eingespannt, flach gegründet und präsentieren sich als einzelne Scheibe auf einer Sockelverbreiterung in einem ovalen Querschnitt.

Die somit runden ober- und unterstromseitigen Pfeilervorbauten sind durch flache Kopfausbildungen klassizistischen Baustils geprägt, welche von leicht überkragenden Betonplatten mit Gesimsband abgedeckt werden.

Die Gesamtbreite des Bauwerkes beträgt 6,30 m, wobei für die Fahrbahn der K 77 abzüglich der beiden Brüstungen und des 60 cm breiten Gehweges noch 4,75 m verbleiben. Die Kyllbrücke hat heute nach DIN 1072 eine Tragfähigkeit von 60 t und besitzt somit auch neben einem optisch guten Zustand, eine erfreulich gute technische Solidität.

Unterhalten wird das Bauwerk vom Straßenbauamt Gerolstein, wobei die Bau- und Unterhaltungslast aufgrund der überführten Kreisstraße dem Landkreis Daun obliegen.

Nach Ansicht der Denkmalpflege ist das schöne Gewölbebauwerk erhaltenswert, und eine Unterschutzstellung im Interesse kulturhistorischer und öffentlicher Gesichtspunkte kann nur befürwortet werden, damit die Brücke auch kommenden Generationen Zeugnis ablegen kann von unserer Kultur und unserem bautechnischen Können aus früheren Epochen.

Literaturangaben:

1 Eiflia illustr. l. Bd. Abth. S. 33

2 Über den Carosgau f. Eiflia illustr. l. Bd. 1 Abth. S. 111 und nachstehend bei Rro. 267, Wallersheim

3 Wilhelm Fabricius; Erläuterungen zum geschichtlichen Atlas der Rheinprovinz, Bd. 2

4 Barsch Statistisch - Topographische Beschreibung des Reg. Bez. Trier ,,

5 Ortschronik Birresborn, Herr Brück

6 Privatchronik von Matthias Böffgen

7 Brückenarchiv, Straßenverwaltung Rheinland-Pfalz, Koblenz

8 Birresborner Phönix Sprudel, Herr Fischer