Konstantin-Basilika Trier -Kirche zum Erlöser

Lotte Schabacker, Daun

 

Am Roten Haus in Trier ist der Spruch angebracht, Trier sei 1300 Jahre älter als Rom! Er entspringt wohl dem mittelalterlichen Denken und dem Anspruch, die eigene Stadt über andere Städte zu erheben. Soviel stimmt jedoch: Trier ist nicht nur Deutschlands älteste Stadt, sondern auch die Verkörperung unserer abendländischen Kultur von der Antike bis in unsere Tage hinein. In keiner anderen deutschen Stadt ist der moderne Mensch von den Denkmälern der Vergangenheit so unmittelbar umgeben wie in Trier, von Zeugen aus einer 2000jährigen Geschichte. Die beiden großen christlichen Konfessionen feiern ihre Gottesdienste in römischen Großbauten, die Katholiken in dem unter Kaiser Konstantin dem Gr. errichteten, von Kaiser Gratian um 380 erneuerten Dom; die Protestanten in der mächtigen, unter Konstantin nach 300 errichteten Palastaula, der Basilika, dem einzigen antiken Ziegelbau unter den noch sichtbaren Römerbauten Triers.

Das wechselvolle Schicksal eben dieser Palastaula ist ein getreues Abbild der Geschichte Triers, und so soll hier in großen Zügen von ihr erzählt werden. Dieser monumentale Bau war etwa 100 Jahre lang Mittelpunkt des kaiserlichen Palastbezirkes und Schauplatz römischer Machtentfaltung. Nach dem Zusammenbruch der Römerherrschaft an Rhein und Mosel kam im 5. Jahrhundert die Palastaula in den Besitz des fränkischen Königs. Aber die neuen Herren, die bis dahin nur den Holzbau gekannt hatten, wurden mit der baulichen Unterhaltung eines solchen Steinpalastes nicht fertig. Nach und nach verfiel das Gebäude, die Außengalerien stürzten herab, und das gewaltige Langhaus war ohne Dach, so daß es schließlich nur noch als geschlossener Innenhof diente, in den man, angelehnt an die römischen Umfassungsmauern, Wohnungen und Stallungen hineinsetzte.

1197 ging die Palastaula durch Kauf in den Besitz der Trierer Erzbischöfe über, die dort ihren Wohnsitz nahmen, was größere Umbauten nötig machte. So wurde unter anderem die Apsis durch Einziehen einer Mauer vom Langhaus getrennt und zu einem Wohnturm mit Zwischengeschossen umgestaltet.

Schwerste bauliche Eingriffe erfuhr das Bauwerk im 17. Jahrhundert, als die geistlichen Kurfürsten Triers ihre Pläne zum Neubau eines Palais verwirklichten. Es würde hier zu weit führen, alle Änderungen aufzuzählen, die dem Gebäude in dieser Zeit widerfuhren. Jedenfalls befand sich die Aula baulich in einem jämmerlich verstümmelten Zustand, als der Kurstaat Trier aufgehoben und der Landesherr aus seiner Residenz vertrieben wurde. Nach kurzer Benutzung als Militärlazarett ließ die französische Verwaltung 1795 die ganze Palastanlage in eine Kaserne umwandeln. Ab 1814 setzte die preußische Militärverwaltung die Umbauarbeiten fort und schuf eine Großkaserne. Dieser Zustand dauerte an, bis 1844 König Friedrich Wilhelm von Preußen entschied, die Basilika wieder in ihrer ursprünglichen Gestalt herzurichten und der evangelischen Gemeinde Triers als Kirche zu übergeben. Nach Beseitigung aller Verunstaltungen erhielt das antike Bauwerk seine grandiose Raumwirkung zurück, 1856 erfolgte die Einweihung der ev. Kirche.

Im August 1944 zerstörten Brandbomben und Granaten den ehrwürdigen Bau. Die dicken Mauern hielten stand.

Von 1949 bis '56 führte das Rheinische Landesmuseum Trier hier archäologische und bau-geschichtliche Untersuchungen durch, die neue Erkenntnisse über die Palastaula vermittelten und Reste noch älterer Bauanlagen nachwiesen (eine Straßenkreuzung aus dem 1. und einen Palast aus dem 2. Jahrhundert nach Chr.).

Der dreijährige Wiederaufbau der Basilika und ihr Ausbau als Kirche (Wiedereinweihung am 2. Advent 1956) wurden in einer bewußt zurückhaltenden Weise vollzogen. Das Land Rheinland-Pfalz als Bauherr und die christliche Gemeinde als Nutznießerin waren sich hierin völlig einig; die Schlichtheit des Raumes ist überwältigender als jeder mögliche dekorative Ausbau. Die Originalhöhe des Raumes von 33 m wurde wiederhergestellt, seine Grundfläche beträgt 27 auf 56 m, die der Apsis 18 m Breite und 12 m Tiefe. Einen offenen Dachstuhl nach römischem Vorbild zu bauen wäre am geeigneten Bauholz gescheitert und so wählte man eine andere römische Deckenart, die Kassettendecke. Auch der Fenstergestaltung liegen antike Vorbilder zugrunde. Das blendungsfreie Glas wurde in der Mittinger Glashütte in Darmstadt nach schwierigsten Proben im Charakter des Alabasters entwickelt. Selbst die Orgel fügt sich ohne Störung voll in die konsequente Ordnung des Raumes ein; sie ist in einer römischen Fensternische untergebracht und erfüllt dennoch in hervorragender Weise in dem großen Raum ihre musikalische Aufgabe.

Blick in den Altarraum der Kirche zum Erlöser. Foto: Nico Haas, Trier

Von außen zeigt sich heute die Palastaula als massiver Rechteckbau mit fast halbkreisförmiger Apsis an der Nordseite. Sie ist bis in den Mauerkern hinein ganz aus Ziegeln errichtet. Die Umfassungsmauern mit Pfeilervorlagen sind 2,70 m dick, so daß man an den Ecken beiderseits der Apsis je eine Wendeltreppe einbauen konnte, ohne Treppentürme anfügen zu müssen. Die riesigen Wandflächen sind durch hochstrebende Arkaden aufgegliedert, in denen sich in zwei Reihen übereinander Rundbogenfenster befinden.

Die strenge, vertikale Gliederung und das feingeschichtete rötliche Ziegelmauerwerk wirken sehr beeindruckend, der antike Bau jedoch war von außen mit einem feinen, grauweißen Mörtel verputzt. Die Fensternischen trugen Buntputz mit dekorativer Bemalung und unterhalb der beiden Fensterreihen liefen Außengalerien rund um die Aula; sie dienten der Reinigung und Ausbesserung der Fenster und zu ihrem Öffnen und Schließen.

Die heutige Isolierung der Aula entspricht ebenfalls nicht dem antiken Befund. Ursprünglich war sie an der südlichen Stirnwand mit einem reich gegliederten Querbau versehen, wodurch ihr Grundriß T-Form hatte. Von diesem Querbau aus bestand Verbindung auch noch zu anderen Bauten des kaiserlichen Palastbezirks. Sodann begrenzten überdachte Wandelhallen an den Längsseiten des Gebäudes langgestreckte Höfe, hier waren an den Wänden der Aula auch die Heizkammern untergebracht, von denen die Wärme durch fünf Kanäle unter den Fußboden des Innenraums geleitet wurde.

Die Konstantin-Basilika in Trier.

Foto: Inomassin, Trier

 

Die Fußbodenheizung war ein Meisterwerk antiker Ingenieurkunst, sie erwärmte eine Bodenfläche von 1700 m2. Die Heißluft zirkulierte unter dem von Ziegelpfeilerchen getragenen Fußboden. Dann stieg sie durch kastenförmige Hohlziegel hinter der Wandverkleidung hoch, durchquerte die Mauern in schräg nach außen aufsteigenden Kaminen und trat zwischen den Fenstern ins Freie. So war die ganze untere Wandzone von 8 m Höhe in das Heizungssystem miteinbezogen.

Der Innenraum war aufs kostbarste ausgestattet. Die Marmorfußböden in Vorhalle, Langhaus und Apsis hatten verschiedene Schwarzweiß-Muster. Die Marmorverkleidung der Wände reichte bis unter die obere Fensterreihe und war durch Pilaster in Felder aufgeteilt, in denen sich aus geschnittenen bunten Steinen zusammengesetzte Ornamente befanden. Auch der Triumphbogen war mit Marmor verkleidet, die Wölbungen der Nischen hatten Mosaiken. In der weiträumigen, reichverzierten Apsis mit überhöhtem Fußboden thronte bei festlichen Anlässen der Kaiser, umgeben von den höchsten Würdenträgern des Reiches. Kein Pfeiler, keine Säule boten die Möglichkeit eines Vergleichsmaßstabes. Ganz im Banne des gewaltigen Baus mußte sich der Mensch klein vorkommen. War's Absicht?

Die gewaltigen Raumdimensionen des einschiffigen Rechtecksaales übertreffen in der Tat alle Erwartungen. Der von Süden durch die Vorhalle Eintretende mußte rund 84 m durchschreiten, um in die Apsis zu gelangen. Der Eindruck der Größe wurde noch gesteigert durch Kunstgriffe des Baumeisters, durch eine geschickte Ausnutzung perspektivischer Möglichkeiten.

Die Palastaula verkörperte einst in eindrucksvoller Weise die Größe des römischen Weltreiches und die Allmacht seiner Herrschaft. Heute heißt sie »Kirche zum Erlöser«!

Quellennachweis:

»Konstantin-Basilika Trier«. Herausgeber: Ev. Kirchengemeinde Trier.

»Zwerg mit Zauberlaterne« aus dem Märchenzyklus von Michael Blum. Der Maler hat alte und neue Märchen in verschiedenen Techniken aufgearbeitet, die Bilderserie war in einigen Städten in Nordrhein-Westfalen zu sehen, auch in der katholischen Akademie Trier.

Don Quichote, Ritter von der traurigen Gestalt, Held des Romans von Cervantes. Diese Arbeit in Bronze stammt aus dem Atelier von Johann Baptist Lenz aus Oberkail, gesehen in der Europäischen Vereinigung Bildender Künstler 1987 in Prüm