Dünnbeinig mit krummem Hörn

Franz Josef Ferber, Daun

 

Die Geschichte der Eifeler Kuh oder der lange Weg zum Butterberg« heißt - nach der Wanderausstellung »Notjahre der Eitel 1944-49« - die zweite große Wanderausstellung des Arbeitskreises Eifeler Museen (AEM), dessen Mitglied die Kreisverwaltung Daun ist. Sie läuft bis etwa Anfang 1989 und soll insgesamt an 14 Orten in der Eifel und im ostbelgischen Raum gezeigt werden. Im November 1986 wurde sie im Beisein vieler Gäste von Herrn Johann Wilhelm Römer, Staatssekretär im Ministerium für Landwirtschaft, Weinbau und Forsten Rheinland-Pfalz, im Rathaus in Gerolstein eröffnet; dort war sie bis 30. Januar 1987 zu sehen.

Bei der Ausstellung geht es um die schicksalhafte Verbindung zwischen Haustier und Mensch in der Eifel. Das Rind als wichtige Grundlage der bäuerlichen Existenz steht dabei im Mittelpunkt. Natürlich ist nicht, wie der Ausstellungstitel vermuten lassen könnte, nur die Geschichte des Eifelrindes dargestellt, sondern es wird weitaus mehr geboten, nämlich die Sozial- und Kulturgeschichte unserer bäuerlichen Bevölkerung in den vergangenen 150 Jahren. Um den Titel der Ausstellung zu erklären: er ist der zeitgenössischen Beschreibung der alten Eifeler Landrasse entnommen, die da wörtlich lautet: »Ein kleiner magerer Rindviehschlag in allen möglichen Farben, mit schmalen Köpfen, starken, krummen Hörnern, dünnen Beinen und meist langen, sichelförmig gekrümmten Klauen«.

Zugegeben, vieles, was die Aussteller dem Betrachter weiszumachen versuchen, mutet nachgerade unglaublich an, so zum Beispiel, daß zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts eine Eifelkuh nicht mehr als 150 bis 200 Pfund wog, also etwa soviel wie ein ausgewachsener Mann. Das lag nicht allein an der kleinen Rasse, deren Schulterhöhe 1 Meter kaum überstieg, sondern auch an dem permanenten Futtermangel, der, verbunden mit der minderen

Futterqualität, die Tiere zur Zwergform degenerieren ließ. Die Futternot war schließlich auch der Grund, weshalb das Eifeler Rindvieh - und das kam vereinzelt sogar noch bis etwa Ende der 1920er Jahre vor - vor Erbärmlichkeit (Unterernährung) im Winter in den Ställen zusammenfiel und im Frühjahr auf die Weiden getragen werden mußte, wo es sich allmählich erholen konnte. Alldies sind keine Erfindungen der für die Ausstellung Verantwortlichen, sondern bittere Tatsachen, die historisch einwandfrei belegbar sind. Und es sind nur einige Fakten, die in erschreckender Deutlichkeit zeigen, wie unsere bäuerlichen Vorfahren von der Not gebeutelt wurden, so daß sie, jedenfalls in ihrer Vielzahl, in eine Lethargie verfallen mußten.

Fragt man nach den Gründen für diese Jahrzehnte währende mißliche Situation eines Großteils der Eifelbauern, so wären in erster Linie die klimatischen Verhältnisse (rauhes Klima, sehr hohe Niederschläge, kurze Vegetationsperioden, Früh- und Spätfröste) und die Bodenverhältnisse (größtenteils nährstoffarm, oft flachgründig, steinig und sauer) zu nennen. Weitere Faktoren der verschiedensten Art treten hinzu, beispielsweise die Zersplitterung der Fluren durch die freie Teilbarkeit beim Erbrecht, die berüchtigten Viehleihgeschäfte und der Tauschhandel der Agrarprodukte gegen Haushaltswaren und andere Güter des täglichen Bedarfs. Dies alles verhinderte bzw. erschwerte eine Kapitalbildung, ohne die eine rentable Landwirtschaft nicht zu betreiben war. Die Preußen erkannten schnell, welch schweres Erbe sie 1815 übernommen hatten, als die Eifel mit dem Rheinland ihrem Herrschaftsbereich zugeordnet wurde. Die preußischen Herrscher sahen sich gefordert, Abhilfe zu schaffen, sie wußten, daß mit einzelnen Finanzspritzen der Eifelnot nicht beizukommen war, sondern daß nur eine langfristig angelegte Hilfe die Besserung der Verhältnisse erhoffen ließ. Und so entschloß sich die preußische Regierung zu einem umfangreichen Unterstützungsprogramm. Nur durch eine Fülle staatlicher, kommunaler und privater Maßnahmen konnte im Laufe von Jahrzehnten eine spürbare Verbesserung der Gesamtverhältnisse erreicht werden. Beispielhaft sollen hier genannt sein: Die Gründung von Buttervereinen, Rinderzuchtvereinen, Molkereien und Viehleihkassen, die Viehversicherungen, die Be- und Entwässerung von Wiesen, die Zuschüsse für das Anlegen von Jauchegruben und Dungstätten, der Kunstdünger, die Erschließung der Eifel durch die Eisenbahn und die Flurbereinigungen. Dieses alles geschah allerdings nicht nur den Eifelern zuliebe. Was die Viehleihkassen angeht, so kommen dem Dauner Landrat Graf von Brühl (1885 - 1889) besondere Verdienste zu. Er war es, der im Jahre 1887 die Kreishilfskasse zur Überwindung des Viehverleihes durch Händler, die erste Viehleihkasse, gründete. Andere ahmten dieses gute Beispiel nach.

Staatssekkretär Johann Wilhelm Römer bei der Eröffnungsansprache

Seit den 1960er Jahren produziert die Landwirtschaft mehr Milch und Butter, als wir verbrauchen können. Während es im 19. Jahrhundert der Mangel war, der die Existenz der Bauern bedrohte, ist es heute der Überfluß, in der Tat eine geradezu verrückte Umkehrsituation. Bei allen gravierenden Veränderungen im Bereich der Landwirtschaft ist jedoch eines geblieben: die Abhängigkeit der Eifelbauern von ihrem Vieh. Das Rindvieh bildet heute wie damals die Grundlage der bäuerlichen Existenz. Wer mehr zu diesem Thema wissen möchte, dem sei geraten, das gleichnamige Ausstellungsbegleitbuch zu erwerben. Es ist 1986 bei Warlich Druck in Meckenheim erschienen und im Buchhandel erhältlich.