Die schwarzen Diamanten von Daun

Heinz Kowalski, Moers/Rhld.

 

Schwarze Diamanten, so nannte der Gerolsteiner Rektor und Eifelgeologe Stefan Dohm (1862 - 1924) die aus den Tuffen mancher Eifel-Vulkane herauswitternden Augite.

Sie bilden meist kurzsäulige Kristalle mit achtseitigem Querschnitt, dachförmigen Enden mit ungleich großen »Dachflächen« von pechschwarzer Farbe und glasartigem Glanz, deren Gestalt im einzelnen stark abweichen kann.

Man kennt dieses genauer als basaltischer Augit zu bezeichnende Mineral aus zahlreichen erloschenen und noch tätigen Vulkangebieten der Erde, dementsprechend zahlreich sind die Fundorte.

Einer der bekanntesten ist seit alters her der Firmerich bei Daun. Schon E. Mitscherlich (1794 - 1863) erwähnte in seiner Schrift über die vulkanischen Erscheinungen der Eifel vom Firmerich bei Daun »Tuffe mit vielen und großen Augiten«. Es ist deshalb keineswegs verwunderlich, daß zahllose prachtvoll kristallisierte Augite vom Firmerich ihren Weg in öffentliche und private Sammlungen nahmen.

Augite sind in der Regel Einzelkristalle (Abb. 1) »Zwillinge«, das heißt die innige Verwachsung zweier Kristalle, sind selten. Meist haben die Kristalle nur eine Größe von 0,5 bis 2 cm (Abb. 2), als Seltenheit wurden auch solche von 6 cm Länge gefunden.

Der Entstehung nach sind Augite typische Kinder der Tiefe, ihr Wochenbett ist das Magma, der glutflüssige Gesteinsbrei des Erdinnern.

Hier entstehen sie durch Auskristallisation, wenn sich das Magma auf eine Temperatur von etwa 1200° C abgekühlt hat. Die durch Anlagerung langsam wachsenden Kristalle schwimmen zunächst in dem heißen, zähflüssigen Gesteinsbrei und steigen mit ihm aus der Tiefe empor, bis die überhitzten, hochgespannten Gase des Magmas sich nahe der Erdoberfläche durch heftige Explosionen Luft verschaffen. Durch den Druck der gewaltsam entweichenden Gase wird der Glutfluß regelrecht zersprüht und in Millionen und Abermillionen größerer und kleiner Lavafetzen und -tropfen hoch in die Luft geschleudert, wo sie erkalten und je nach ihrer Größe in näherer oder weiterer Entfernung des Ausbruchskraters wieder zu Boden fallen. Auch die bereits in fester Form im Magma vorhandenen Augite erblicken auf diese Weise das Tageslicht.

Idealbild eines Augit-Kristalls. Nach Rinne, Gesteinskunde, 12 A. 1940.

Je nach Größe und Schwere war die Luftreise verschieden lang. So wie größere Lavafetzen wegen ihrer Masse nahe an der Ausbruchstelle zu Boden fielen, konnten die feineren Partikel, die vulkanischen Sande und Aschen, länger in der Luft bleiben und mit dem Wind weiter verdriftet werden. Es finden sich deshalb größere Augite stets in geringer Entfernung vom Eruptionsschlot, wo sie in den gröberen Lagen der als Tuffe bezeichneten, mehr oder weniger verfestigten vulkanischen Lockermassen auftreten.

Im Idealzustand zeichnen sich die darin befindlichen Augite durch scharfe Kristallkanten und spitze Ecken aus. Doch finden sich meist nur Stücke und Teile von zerbrochenen Kristallen, so daß man in der Regel längere Zeit aufmerksam und intensiv nach befriedigenden Funden suchen muß.

Neben den scharfkantig ausgebildeten Kristallen und Kristallfragmenten stoßen wir zuweilen auf Augitkristalle, deren Kanten und Ecken wie abgerollt erscheinen (Abb. 3). Sie sehen aus, als ob sie einen längeren Transport im fließenden Wasser hinter sich hätten. Doch die Fundumstände verbieten eine solche Deutung, denn man findet kantengerundeten Augite z. B. auf der Höhe des Firmerichs. Hier scheidet ein Transport durch fließendes Wasser aus. Auch andere Erklärungsversuche, etwa die Rundungen auf Verwitterungsvorgänge zurückzuführen, befriedigen nicht.

Wenn wir uns an die Entstehung der Augite als Frühausscheidungen aus dem Magma erinnern, bietet sich eine plausible Erklärung geradezu an.

Eine Gesteinsschmelze wie das Magma nimmt im Erdinnern größeren Raum ein und weist keineswegs überall die gleiche Temperatur auf. Diese Temperaturunterschiede bedingen im Magma auf- und absteigende Wärmeströmungen; d. h. kühleres, dichteres Magma sinkt langsam ab in Zonen heißeren Magmas, während dieses zum Aufsteigen tendiert. So können bei einem in langsamem Aufstieg begriffenen Magma bereits fertig ausgebildete Augitkristalle vorübergehend in Zonen gelangen, wo die Temperatur den Schmelzpunkt des Minerals überschreitet. Es findet dann eine Wieder-aufschmelzung statt, die sich zuerst an den Kanten und Ecken des Kristalls bemerkbar macht. Die unmittelbar darauf erfolgende Eruption unterbrach in unserem Falle den Vorgang der Wiedereinschmelzung, es wurden Augite ausgeschleudert, deren Kanten und Ecken durch Schmelzvorgänge mehr oder weniger stark abgestumpft bzw. abgerundet waren.

Gut ausgebildete Augite fanden sich allerdings nicht nur in den Tuffen des Firmerichs. Weitere Fundstellen bei Daun sind: Fuchskopf, Riemerich, Wehrbüsch und die Umgebung des Weinfelder Maares. Die Größe dieser Funde konnte sich freilich zu keiner Zeit mit den Augiten des Firmerichs messen.

Herrn Ludwig Jung (1911 -1985) danke ich für die freundliche Überlassung der in Abbildung 1 und 3 wiedergegebenen »Dauner Diamanten«.

Zeichnung: Günther Neunzig, Meisburg