Merowingische Funde aus dem Kreis Daun

Bisher wurden mindestens neun Gräberfelder nachgewiesen

Dr. Karl-Josef Gilles, Trier

 

Zahlreiche archäologische Funde bezeugen für die Römerzeit, insbesondere für das 1. - 3. Jahrhundert n. Chr. eine dichte Besiedlung der Eifel. Aus den folgenden Jahrhunderten, die wir der Merowinger - oder Frankenzeit (2. Hälfte 5. - 8. Jahrh. n. Chr.) zurechnen, stehen dagegen den Archäologen nur relativ wenige Fundstükke zur Verfügung, die an eine, durch viele Zerstörungen oder Abwanderungen verursachte Verödung denken lassen.

Seit der Mitte des 3. Jahrhunderts drängten immer häufiger germanische Völker nach Westen über den Rhein nach Gallien. Bei diesen Germaneneinfällen, die das Vorspiel zur großen, im Jahre 375 durch den Einbruch der Hunnen ins Westgotenreich ausgelösten Völkerwanderung bildeten, wurden weite, fruchtbare und dicht besiedelte Gebiete nahezu entvölkert, da die wenigen überlebenden Landbewohner in der Mehrzahl in sichere Provinzen abwanderten oder Zuflucht in befestigten Städten oder Kastellen suchten. Das Ende der Römerherrschaft bahnte sich an, als nach 395 die Residenz von Trier nach Mailand und der Sitz der Zentralverwaltung für Gallien, Spanien und Britannien von Trier nach Arles in Südfrankreich verlegt und wenige Jahre später der Rheinlimes durch Truppenabzüge zum Schütze Italiens erheblich geschwächt wurde.

Es war nur eine Frage der Zeit, bis germanische Völker zu einem erneuten Einfall oder Beutezug nach Gallien aufbrechen würden. Neujahr 406/7 überschritten Wandalen, Alanen und Sueben bei Mainz den Rhein, ohne auf größeren Widerstand zu stoßen. Kurze Zeit später folgten vom Mittelrhein die Franken, die bis 418 nicht weniger als dreimal die alte Kaiserresidenz Trier plünderten. Schon vor dem verheerenden Hunnensturm des Jahres 451 war das Leben im hiesigen Raum so unerträglich, daß zu diesem Zeitpunkt die meisten Siedler in die befestigten Städte abgewandert waren. Kurz danach fiel das Trierer Land endgültig in die Hände ripuarischer Franken, die sich ausschließlich in breiteren Flußtälern auf fruchtbaren und leicht zu bearbeitenden Böden niederließen und die Hochflächen des Huns-rücks wie große Teile der Eifel aussparten. Der verbliebene Rest der autochthonen, also der ansässigen, romanisierten Bevölkerung, die sich von den fränkischen Neusiedlern archäologisch durch die Grabsitten unterscheiden läßt, lebte teils in eigenen, teils in gemeinsamen Siedlungen mit den neuen Herren zusammen. Erst allmählich dürfte sich die Verschmelzung beider Volksgruppen vollzogen haben. Entsprechendes läßt sich anhand der merowin-gerzeitlichen Friedhöfe aus dem Kreisgebiet bisher nicht nachvollziehen, da sie aufgrund der Grabbeigaben frühestens im späten 6. Jahrhundert angelegt wurden. Daher sollten wir die hier bestatteten Toten fränkischen Neusiedlern zurechnen, die sich erst in der letzten Phase der fränkischen Landnahme im Kreis Daun niederließen. Andererseits fehlen spätrömische Gräberfelder, die noch Bestattungen des 5. Jahrhunderts aufweisen; eine kontinuierliche Besiedlung von der Spätantike bis zum frühen Mittelalter läßt sich daher im Kreisgebiet nicht belegen.

Fränkische Siedlungen sind im hiesigen Raum durch Grabungen noch nicht erschlossen. Allgemein lassen sie sich auch nur schlecht fassen, da sie in Holzbauweise errichtet waren und oft den Kern oder Ursprung mittelalterlicher Siedlungen bildeten und sich daher archäologischen Beobachtungen entziehen. Dagegen kennen wir im Kreisgebiet rund zehn mehr oder weniger gut untersuchte Friedhöfe. Die Toten sind alle unverbrannt in Steinsärgen, in von Steinplatten umstellten Gräbern, den Plattengräbern oder in einfachen Gruben in Holzsärgen beigesetzt. Während bei der fränkische Bevölkerung den Männern meist ihre Waffen, insbesondere Spatha (zweischneidiges Schwert), Sax (einschneidiges Schwert) und Franziska (Wurfaxt), und den Frauen ihr Schmuck sowie Teile ihrer Tracht ins Grab mitgegeben wurden, bestattete die romanische Restbevölkerung ihre Toten im 5. und 6. Jahrhundert, wohl unter dem Einfluß des Christentums, ohne oder mit nur wenigen Beigaben und übernahm erst im 7. Jahrhundert das prunkvolle Totenbrauchtum der Franken, der neuen Oberschicht.

Deutlicher als in früheren Jahrhunderten spiegelt sich in merowingischer Zeit im Beigabenreichtum (Zahl der Waffen oder Qualität der Gürtelgarnitur) der soziale Stand der Toten wider und läßt bei einer vollständigen Untersuchung eines Gräberfeldes auch Schlüsse bezüglich der sozialen Gliederung des zugehörigen Hofes zu.

Ob die noch bescheidene Zahl der merowingi-schen Friedhöfe im Kreisgebiet wesentlich größer war, wird die Zukunft zeigen. Sicherlich ist dies aber abhängig von der Beobachtungsgabe Einzelner wie der Zusammenarbeit mit der zuständigen Denkmalfachbehörde, dem Rheinischen Landesmuseum in Trier, das für jeden Hinweis dankbar ist und diesem auch gern nachgeht.

Liste der merowingischen Grabfunde aus dem Kreisgebiet

Vorbemerkung: Bei zeitlich nicht gesicherten Gräbern, die einer älteren oder jüngeren Epoche angehören können, ist der Ortsname in Klammern gesetzt.

Birgel

Von Steinplatten umstelltes Grab, das gegen Kriegsende durch Bombeneinwirkung teilweise freigelegt wurde. Da über den Grabinhalt nichts Näheres bekannt wurde, bleibt die Zeitstellung des Grabes offen, obgleich die Grabform für eine merowingerzeitliche Bestattung sprechen könnte. - Trierer Zeitschr. 24/26,1956/58, 616.

Dockweiler

Im Museum Düren werden mit Fundortangabe »Dockweiler« verschiedene Keramikgefäße, Gürtelteile und Waffen aufbewahrt, zweifellos die Reste verschiedener Grabinventare des 6. und 7. Jahrhunderts. Der genaue Fundort läßt sich allerdings nicht mehr ermitteln. - Böhner, Frank. Altertümer II, 12.

Dreis l

Am Südhang des Struthberges wurden in den frühen 30er Jahren beim Pflügen mehrfach Steinplattengräber angeschnitten, von denen zumindest eines eine Spatha enthielt. - Böhner, Frank. Altertümer II, 13

Dreis II

Bei Trockenlegungsarbeiten des Dreiser Weihers wurden 1959 einige fränkische Gräber angetroffen und zerstört. In von Steinplatten eingefaßten Gräbern wurden Knochen und stark verwitterte Eisenteile beobachtet, die jedoch achtlos fortgeworfen wurden. - Trierer Zeitschr. 27, 1964,279.

Gerolstein l

Bei Wegebauarbeiten am Schadeberg wurden im Frühjahr 1968 ein Knickwandtopf und ein Glasgefäß des 7. Jahrhunderts gefunden, die offensichtlich aus einem angeschnittenen Grab stammten. - Trierer Zeitschr. 33, 1970, 280f.

 (Gerolstein II)

Bei Ausgrabung der römischen Villa »Sarabo-dis« kamen 1908 auch »einige mit Steinen umstellte Skelettgräber ohne Beigaben« zutage. Nach Lage und Beschreibung könnten sie der Merowingerzeit angehören. - Böhner, Frank. Altertümer II, 36.

Hillesheim

Bei der Anlage von Befestigungen wurden im Jahre 1939 in der Flur Schwedenschanze mehr als 14 merowingerzeitliche Gräber des 6. und 7. Jahrhunderts beobachtet und teilweise vom Rhein. Landesmuseum untersucht. - Böhner, Frank. Altertümer II, 40f.

(Hinterweiler)

Innerhalb der bekannten römischen Ruinenstätte »Im Kloster« wurde auch ein beigabenloses Trockenmauergrab festgestellt, das der Merowingerzeit angehören könnte. - Böhner, Frank. Altertümer II, 41.

Reich verzierte Goldblechscheibenfibel mit Perlmutt - und Glaseinlagen aus blauem, grünem und weißem Glasfluß aus Pelm - 7, Jahrhundert n. Chr. Foto: Rhein. Landesmuseum Trier

Fränkischer Glasbecher 1 : 2 und Knickwandtopf 1 : 4 aus Gerolstein, 7. Jahrhundert n. Chr.

Hohenfels

In der Flur »Grabenfeld« wurden seit 1950 beim Abbau von vulkanischem Sand immer wieder merowingerzeitliche Gräber angeschnitten. 1912 konnten vom Rhein. Landesmuseum 125 Gräber planmäßig untersucht werden, die teilweise reiche Beigaben des 6. und 7. Jahrhunderts aufwiesen. - Böhner, Frank. Altertümer II, 42ff.

(Kerpen l)

Ein beigabenloses Körpergrab wurde 1932 im Südteil des Dorfes freigelegt. - Böhner, Frank. Altertümer II, 60.

(Kerpen II)

Etwa 1 km nördlich des Dorfes wurde 1935 ein Rotsandsteinsarg ohne Beigaben angeschnitten. Eher spätrömisch als merowingerzeitlich. -Böhner, Frank. Altertümer II, 60.

Kirchweiler

In den Lavasandgruben in der Flur »Dauner Heck« kamen 1959 ein Knickwandtopf und eine Röhrenausgußkanne des 6./7. Jahrhunderts zum Vorschein, die ursprünglich wohl Teil eines Grabinventars waren. - Trierer Zeitschr. 27, 1964, 280.

Lissendorf

Bei der Steingewinnung am Möschelberg wurden zwischen 1886 und 1930 zahlreiche merowingerzeitliche Gräber, darunter auch Steinsärge aufgedeckt. Das Inventar eines reicheren, unter einem Hügel gelegenen Männergra-bes aus dem 7. Jahrhundert gelangte 1929 in das Rhein. Landesmuseum Trier. - Böhner, Frank. Altertümer II, 68f.

Neunkirchen

1963 konnte aus dem Abraum einer Sandgrube auf dem »Riemerich« eine merowingerzeitliche Lanzenspitze aufgelesen werden. Der weitere Abbau der Grube ergab keine zusätzlichen Funde, so daß es sich bei der Lanzenspitze um einen Einzelfund handeln dürfte. - Trierer Zeitschr. 30, 1967, 288.

Niederehe

Bei Bauarbeiten wurden 1956 nebem dem Kirchturm zwei Plattengräber angeschnitten, von denen eines im Brustbereich des Toten stark vergangene Eisenteile aufwies. Ein im Umfeld der Gräber aufgefundes Randstück eines karolingischen Kugeltopfes könnte die Gräber bereits dem 8. oder 9. Jahrhundert zuweisen. - Trierer Zeitschr. 24/26, 1956/58, 616f.

Pelm

Zwischen 1919 und 1935 wurden auf dem alten Friedhof mehrfach relativ reich ausgestattete Gräber des 7. Jahrhunderts entdeckt. Die Beigaben, darunter zwei Goldblechscheibenfibeln gelangten ins Rhein. Landesmuseum Trier. -Böhner, Frank. Altertümer II, 109f. - Trierer Zeitschr. 50, 1987.

Abgekürzt zitierte Literatur

Böhner, Frank. Altertümer = Kurt Böhner, Die fränkischen Altertümer des Trierer Landes. Germanische Denkmäler der Völkerwanderungszeit. Ser., B 1 Teil l und II (Berlin 1958).

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