Rund ums Dorf

Schöne Eifeler Baukultur

Dr. Edith Neubeiser, Immerath

 

Es ist in den letzten Jahren über dieses Thema viel Beachtenswertes geschrieben worden; es bleibt ein Thema.

Wir sollten die Augen öffnen für die alte Eifeler Baukultur, dürfen nicht übersehen, wie viel landschaftsbezogene Substanz in den Dörfern schlummert und noch nicht dem Abriß oder der Vernichtung durch Modernisierung anheimgefallen ist.

Machen wir uns deutlich; sie haben trotz ihrer Schlichtheit Form, diese Trierer Häuser, Fachwerkbauten, Winkelhöfe, Treppengiebelhäuser. Das Architektonische liegt in der Einfachheit und dem Detail. Kaum ein Haus ohne betonte Fensterumrahmungen, Stichbögen, Sandsteineinfassungen, Türgewände mit und ohne Schlußstein, Halbsäulen oder auch nur glatte Türstürze in Naturstein. Es mögen sich noch so viele in der Dorfstraße aneinanderreihen, keines ist wie das andere. Die alte Haustür, gleichgültig ob als reichverzierte Barocktür oder die einfachere, immer geschmückte des 19. Jahrhunderts, jede ist Einladung, keine aufdringlich oder protzig.

Warum, so fragt man sich, werden diese Häuser aufgegeben? Die Jungen ziehen in einen Neubau am Dorfrand, wenn nicht gar in eine Mietwohnung in der Stadt. Und wenn die Alten gestorben sind, gibt es drei Möglichkeiten: Verkaufen; vielleicht findet sich ein Städter, der die Renovierung wagt. Modernisieren, also große Fenster brechen, den Rundbogen der Scheune durch einen geraden Betonsturz mit Garagentor ersetzen und das »Äußere« so richten, daß niemand erkennen kann, daß man in einem alten Eifelhaus wohnt. Einfach abreißen - das wäre die dritte Möglichkeit.

So haben sich die Gesichter vieler Eifeldörfer in den letzten Jahrzehnten weitgehend ins Negative verändert. Leider bildet die Alternative, restaurieren und innen völlig renovieren, die Ausnahme. Die verunzierende Modernisierung überwiegt, im Dorfbild.

Betrachtet man die alten, solide gebauten Wohnhäuser, so kann man doch eigentlich nur kopfschüttelnd fragen, warum bauen die Eifler in kostspielig zu erschließenden Neubaugebieten Haus an Haus und Haus wie Haus? Eines wie das andere, fast alle ohne Charakter, Einheitshäuser, die auch in Köln stehen, in Hamburg, in Bayern.

Natürlich muß auch neu gebaut werden. Aber warum findet die Eifel nicht eine moderne Form des alten Eifelhauses, also einen landschafts-bezogenen Stil? Natürlich baut man im 20. Jahrhundert nicht das gleiche wie um 1800. Aber was hindert uns, aus einem Trierer Haus, einem Treppengiebelhaus eine Eifler Wohnform des 20. Jahrhunderts zu entwickeln. Es sei hier neben dem alpenländischen Haus an den Architekten Mario Botta verwiesen, der aus den Wohnformen seiner Tessiner Heimat einen modernen Stil entwickelt hat.

Ehe ein Neubau erstellt und wertvolle Natur im Umkreis eines Dorfes in Anspruch genommen wird, sollten alle Wohnmöglichkeiten in den Dorfkernen geprüft werden. Ist die Bausubstanz eines alten Eifelhauses gesund, dann läßt sich kein Grund erkennen, warum man dieses Haus nicht modern nutzen kann.

Unsere »Altvorderen« verstanden nämlich, zu bauen. Die kleineren Fenster der Eifler Häuser haben ihren Sinn auch heute noch nicht ganz verloren. Natürlich kann man mit moderner Technik in unserem Jahrzehnt auch ein riesiges Fenster gegen Wind und Wetter abdichten. Aber die Kosten! Und wo liegt der Nutzen? Wird das große Fenster nicht nur zur Angleichung an städtische Wohnformen gebaut? Hat die Eifel das nötig? Daß Licht gebraucht würde, ist sicherlich keine Begründung. Die meisten Eifelhäuser stammen aus dem 18. und 19. Jahrhundert und deren Fenster reichen zur Beleuchtung der Innenräume durchaus. Mit hellen Tapeten, vor allem in den Fensternischen erreicht Licht genug die Stuben.

Vielerorts haben Architekten in Fachwerkhäusern zusätzlich Licht geschaffen, indem sie Gefache durch Glas ersetzten. Man kann darüber denken wie man will. Ich sehe das als Verunzierung und Zerstörung eines Hausbildes an. Wenn die Räume etwas kleiner sind als in manchem Neubau, bieten Phantasie und ein guter Architekt Abhilfe in reicher Form. Wände lassen sich versetzen, beseitigen oder durch große Durchgänge optisch auflösen; Glastüren eröffnen den Blick von Zimmer zu Zimmer. Fläche bieten die alten Bauernhäuser genug, denn sobald sie nicht mehr zur Landwirtschaft genutzt werden, steht jeglicher Ökonomieraum zur Umgestaltung in Wohnraum offen. Die Scheune, die Ställe, die darüberliegenden Galerien bieten ein Tummelfeld für ideenreiche Architekten und Bauherrn.

Das hat so mancher Städter und sicherlich auch mancher Eifler erkannt und aus einem verschmähten alten Haus ein kleines Paradies an Wohnlichkeit und Komfort gemacht.

Dafür ein Dankeschön, für Pionierarbeit in Sachen Erhalt des alten Hauses, des Baumbestandes, der Anbindung an den Nachbarn mit Garten und niederem Gehölz. Irgendwie machts Freude, miteinander, nebeneinander zu leben, zu wohnen.