Eine Hausrenovierung

Dr. Edith Neubeiser, Immerath

 

Die Suche nach dem Haus auf dem Lande; aus Traum wurde Alptraum.

Ganz ruhig sollte es liegen, am Ortsrand, doch nicht einsam, nicht zu teuer, natürlich herrlich, großes Grundstück. Renovieren wollten wir Vieles selbst, wir, mein 14jähriger Sohn und ich als Frau! Nun ja, ich kann manches, aber das hat ja Grenzen.

Wie viele Häuser wir besichtigten, haben wir am Schluß nicht mehr gezählt. Das eine war zu teuer, das andere hatte kaum oder keinen Garten, viele nur eine hühnerleiterähnliche Treppe zum ersten Stock, ich dachte an meine alte Mutter, die uns besuchen sollte. Verfaulte Balken, undichte Dächer, eines mit Mietern, die uns gleich hinausekelten. Eines lag neben einem Sägewerk, ein anderes war viel zu groß. Auch Makler wurden eingeschaltet.

Sie hatten nichts Besseres. Schließlich glaubten wir zu wissen, wie man es machen muß. Wir fuhren mitten in ein Dorf. Irgend jemand erschien, man fragte auf Verdacht, wo denn hier ein Haus zu verkaufen sei? Es gab in jedem Dorf eines oder gar mehrere, alte, verlassene Bauernhäuser; aber es waren nie die richtigen. Eine Zeitungsanzeige am Samstag verhieß: Bauernhaus am Ortsrand, ca. 3 000 qm Umschwung; das Dorf war nicht genannt. Ein Makler meldete sich. Wir fuhren hin. Das war es! Zu beanstanden gab es zwar Vieles, Nässe zur Stallwand hin, das Dach über dem Wohnteil zwar dicht, aber über den 2/3 des Ökonomieteils? Fragen über Fragen stürmten auf mich ein.

Nachdem ein akzeptabler Preis ausgehandelt war, die Augen zu, das Haus gekauft! Es folgten schlaflose Nächte. Mal siegte die Freude über die Errungenschaft, mal Verzweiflung über den unüberlegten Schritt. Immer wieder fuhren wir hin, schauten, überlegten, wo wir anfangen, wie wir vorgehen sollten. Und dann folgte die Tat.

Wir stellten Öfen auf, renovierten zuerst im Obergeschoß ein Zimmer, ein zweites. Dann zogen wir ein, noch im Winter. Die Aussicht auf den herannahenden Frühling beschwingte unsere Arbeiten.

Es kam uns zugute, daß vor uns bereits ein Käufer begonnen hatte zu renovieren. Die gröbsten Arbeiten waren geschafft oder mit wenigen Handwerkern zu bewältigen. Tapezieren, anstreichen, rustikale Holzwände anbringen, Teppichböden verlegen, das schafften wir selbst.

Und tatsächlich blickte die Sonne mit dem heranziehenden Frühling in ein freundlicheres Haus. Es gab noch viel zu tun, aber schon strahlte Gemütlichkeit aus allen Ecken. Das Frühjahr machte auch deutlich, daß wir mitten in einem großen Garten saßen, den wir bisher noch keines Blickes gewürdigt hatten. Nun schien die Sonne mahnend auf Kraut und Unkraut. Zum Glück hatte ich bei Abschluß des Kaufvertrages versprochen, etwa 2/3 des Grundstücks, die seit jeher als Viehweide benutzt waren, dem Pächter, einem Verwandten des Verkäufers, weiterzuverpachten. Es blieben immer noch fast 1 000 qm für uns zu bearbeiten.

Dieser Garten mußte praktisch angelegt werden, große Rasenfläche, die nur zu mähen war. Eine Hecke zum Schutz nach der Straße und ein paar Blumenbeete.

Erst später hat man mir erzählt, daß ich von den Mitmenschen im Dorf für ziemlich verrückt gehalten wurde. Bei jeder Pflanze, die ich setzte, schlug man die Hände über dem Kopf zusammen. Wie das wohl wachsen sollte? Es wuchs!

Schließlich störte der Anblick des Hauses von außen. Da mußte etwas geschehen. Einen Anstreicher hielt ich für zu teuer. Und schließlich hatten wir es bis hierher auch geschafft. Es gibt nicht viel zu berichten, wir haben selbst angestrichen und fanden es gut gelungen. Überallwurde jetzt farbig gestrichen. Nein, zu bunt sollte es nicht werden. Aber so ein Ton zwischen Rosenholz und beige, pompejanisch-rot mit dunkelbraun und weiß abgesetzt. Das erschien uns richtig. Und es sah auch ganz keck aus.

Nun konnten wir zur Ruhe kommen. Endlich wurde wieder gelesen. Jetzt hatte die Eifel uns ergriffen und alle erreichbare Literatur mußte her. Mir gingen die Augen auf. Tatsächlich, wir hatten Vieles falsch gemacht, das Haus ganz nach unserem Gusto renoviert. Zwar hatten wir die Fenster nicht vergrößert und nichts zugemauert oder abgerissen, auch nicht eigentlich modernisiert. Denn wir wollten ja ein altes Bauernhaus, kein nichtssagendes Stadthaus auf dem Lande. Aber im Lichte der Erkenntnisse, in den letzten Jahren immer eindringlicher propagiert, mußten wir noch einmal beginnen.

Zuerst innen. Die pseudobäuerlichen »rustikalen« Moden wurden entfernt. Auch den Schreiner im Dorf mußten wir etwas überreden, uns keine sogenannten rustikalen Eicheneinbauten zu machen. Aber er arbeitet nicht nur gut, er ist auch aufgeschlossen und weiß Ideen mitzutragen und umzusetzen. Viele Innenarbeiten stammen von ihm, angefangen von der Dielentäfelung bis zum wiedererstellten Küchenwandschrank.

Das Dach mußte nun auch erneuert werden. Alles endete schließlich mit einem erneuten Außenanstrich. Es wurden keine langen Farbstudien mehr betrieben, einhellig der Entschluß, wir nehmen die ursprünglichen Farben, weiße Wände, Mineralfarbe, grün und rot abgesetzt an Türen und Fenstern. Ein neues Scheunentor, Form wie das alte, leisteten wir uns auch noch.

Vor Jahren schon haben wir das ganze Grundstück zum Garten umgewandelt, nachdem unser Pächter es zurückgab. Es ist eine Lust, Obst- und Zierbäume wachsen zu sehen. Nun ist aus dem Alptraum doch noch ein Traum geworden.