Pfarrhaus für »Kirchenkiste«

zu unsicher

Einbruch in die Kirche Hilgerath im Jahre 1863

Marita Kohl, Trier

 

Inmitten von sieben Dörfern liegt auf einer Anhöhe die dem hl. Hubertus geweihte Pfarrkirche von Beinhausen. Die bis 1949 existierende alte Kirche mit dreiseitigem Chorabschluß wurde in den Jahren 1803-05 unter Beibehaltung des vor 1500 erbauten Turmes errichtet. Sie scheint wegen ihrer Abgelegenheit nicht selten Anreiz für Einbrüche oder Diebstähle gebildet zu haben.

Schon Peter Schug schreibt in seiner Dekanatsgeschichte, daß das Lagerbuch fünf Diebstähle zwischen 1714 und 1868 melde1).

Mit diesem Lagerbuch ist wohl das im Bistumsarchiv Trier befindliche Kirchenbuch Nr. 1 von Beinhausen gemeint 2). Dieses Kirchenbuch beinhaltet neben lagerbuchartigen Einträgen, wie Krudewig 3) in seiner Bestandsübersicht des Pfarrarchivs erwähnt, Eintragungen über Bruderschaften, aber auch Tauf-, Heirats- und Sterbeeinträge. Deshalb wird dieses sogenannte Lagerbuch im Bistumsarchiv auch als Matrikelbuch oder Kirchenbuch geführt. Es bietet ebenfalls einen genauen Bericht über den letzten Diebstahl und Einbruch in die Pfarrkirche.

Der Text wurde von dem bis 1864 in Beinhausen als Seelsorger amtierenden Pfarrer Josef Hardt4) niedergeschrieben. Damit ist gleichzeitig bewiesen, daß der letzte von Schug erwähnte Diebstahl nicht im Jahre 1868 erfolgte, sondern noch in der Amtszeit Pfarrer Hardts, nämlich im Jahre 1863. Diese Jahreszahl ist, wenn auch äußerst undeutlich geschrieben, im Originaltext zu entziffern.

Auf den Seiten 31 bis 34 des Kirchenbuches steht zu lesen:

»Im Jahre 1863 wurde in der Nacht vom fünften auf den sechsten Oktober von Dieben an zweien Stellen in die Pfarrkirche zu Hilgerath eingebrochen; zuerst nämlich eine Scheibe am Fenster der Sakristei. Weil man aber an dieser Stelle wegen des starken Binnen-Ladens und dessen schweren Sperrholzes großen Widerstand fand, so ließ man an dieser Stelle ab und es wurde der vierte Theil eines Fensters am Chore der Kirche erbrochen und von Einer Person hineingestiegen, deren Schmutz der Schuhe oder Stiefel an der weißen Außenseite der Kirche durch das Anstämmen beim Einsteigen deutlich sichtbar war.

Dann wurde versucht, das Tabernakel des Hochaltars mittelst eines eisernen Werkzeugs zu erbrechen, bei welchem Unternehmen das Tabernakel, aus seinem eisernem Gewinde gehoben, sich selbst sperrte, und der Scheiberiegel des Schlosses gekrümmt wurde und das Umdrehen des Tabernakels unmöglich machte. Während die Diebe nun noch an mehreren Stellen des Tabernakels zum Aufbrechen Eisen ansetzten, wie die Beschädigungen am Tabernakel zeigten, wurden dieselben durch, vom Markte zu Buchholz in der selben Nacht heimkehrende dicht an Hilgerath vorübergehende Marktleute gestört und verjagt. Diesem Zufalle allein ist es zuzuschreiben, daß die Diebe ihren Zweck nicht erreichten und nicht in den Besitz der werthvolleren Kirchen-Utensilien, wie unser bider Monstranze, des besten Ciboriums, des besten Kelches u.s.w. gelangten. Der Dieb oder die Diebe haben dadurch, daß sie zuerst versuchten, in die Sakristei zu kommen, Lokalkenntniß an Tag gelegt; denn sobald sie in der Sakristei waren, konnten sie leicht den Schlüssel des Tabernakels nehmen und die dort befindlichen Schränke öffnen, ...« Soweit der Bericht des Diebstahls. Im Folgetext beklagt Pfarrer Hardt den schlechten Zustand des Pfarrhauses. Dieser macht es demnach unmöglich, die wertvollen Kirchenutensilien dort vorschriftsmäßig unterzubringen.

Bereits in einem Schreiben an das Trierer Generalvikariat vom 14. 12. 1862 hatte Hardt die Situation als desolat bezeichnet, wie entsprechende Auszüge aus diesem Brief beweisen5): »Die isolierte, von allen Dörfern entfernte Lage der Pfarrkirche der Pfarrei Beinhausen auf dem Berge Hilgerath hat schon seit alten Zeiten nothwendig gemacht, daß die werthvolleren Kirchen-Utensilien, wie Kelche, Monstranz u.s.w. im Pfarrhause zu Beinhausen aufbewahrt werden mußten. Leider ist das . . . alte Pfarrhaus in einem so baufälligen und elenden Zustande, daß die werthvolleren Kirchen-Utensilien ebensowenig sicher in demselben aufbewahrt werden können ... die Lehm-Gefach-Wände des Pfarrhauses sind im Inneren des Hofes theils in Stücke herabgefallen und der andere Theil ist so faul und los, daß man keines Instruments sondern nur eines Fußtrittes bedarf, um ohne alle Mühe in das Haus einzudringen . . . und sind die Kirchen-Utensilien in der gut verschlossenen Sakristei auf dem Berge Hilgerath noch besser aufgehoben . . .«

Dennoch unterzeichnen Bürgermeister und Kirchenräte am 28. 11. 1863 so der Bericht von Pfarrer Hardt im Kirchenbuch bzw. Lagerbuch, ein Protokoll mit folgenden Worten:

»Der Kirchenrath, da er durchaus nicht der Ansicht ist, daß ein Einbruch in die Pfarrkirche Hilgerath in diebischer Absicht stattgefunden habe, erklärt das Pfarrhaus, welches wohl einer Reparatur bedarf, vollständig sicher zur Unterbringung der Kirchenkiste und der werthvolleren Kirchen-Utensilien ...«

Nach Meinung Pfarrer Hardts sind dies lediglich »Schritte« und »grobe Unwahrheiten« entstanden aus dem Bestreben kein neues Pfarrhaus bauen zu müssen.

Ehe Pfarrer Hardt die Pfarrei in der Struth im Juni 1864 verließ, trug er noch folgenden Eintrag in das bereits so häufig zitierte Kirchen-und Lagerbuch ein:

Die Pfarrkirche zu Hilgerath, dem hl. Hubertus geweiht. Sie liegt auf einer Anhöhe, umgeben von sieben Dörfern.

Foto: Schönberg

Wie veränderlich hier die Witterung und dar-im sehr nachtheilig der Gesundheit eines Pators, welcher an dieses Klima nicht gewöhnt 5t, berichtet die Erfahrung, daß bei der Frohn-sichnamsprocession in den Jahren 1858 und 859 an den Altären im Freien die Kerzen lurch die Hitze weich wurden und krumm sich usammenbückten - in dem Jahre 1864 aber iine solche Kälte bei Abhaltung der Frohnleichlamsprocession war, daß die Leute vor Kälte zitterten und mir die Hände an der Monstranz o kalt wurden, daß das Gefühl aus den Fin-lern gewichen war.«

Offensichtlich hat sich der Pfarrer also nicht nur wegen der Uneinsichtigkeit mancher Pfarrangehöriger in Beinhausen unwohl gefühlt.

Nach Pfarrer Hardts Fortgang wurde die Pfarrei zwei Jahre lang von Uess und Darscheid ausverwaltet, bevor mit Pfarrer Nikolaus Matthieu 6) ein neuer Seelsorger Einzug hielt. Ein neues Pfarrhaus wurde allerdings erst 1902 fertiggestellt.

 

1) Peter Schug, Geschichte der Dekanate Adenau, Daun, Gerolstein, Hillesheim und Kelberg (= Bd. V d. Geschichte der Pfarreien des Bistums Trier) Trier 1956, 100-111

2) Kirchenbuch Beinhausen Nr. 1 = BATr. Abt. 72, 47 Nr. 1

3) Johannes Krudewig; Übersicht über den Inhalt der kleineren Archive der Rheinprovinz, Bd l V 2. Heft: Krs. Daun, Bonn 1912,107 Nr. 3

4) Josef Hardt, * 24. 10. 1810 Dattenberg, Priesterweihe 19. 3.1836, 1836 Kpl. in Andernach, 1841 Pfr. In Blasweiler, Juni 1844 Pfr. in Nunkirchen, 1851 Pfr. in Obergondershausen, 1852 beurlaubt, 1855 Vikar in Schwetzingen, 20. 1. 1857 bis Juni 1864 Pfr. in Beinhausen, 10. 2. 1866 Pfr in Tellig, t 18. 3. 1875; vgl. Der Weltklerus der Diözese Trier seit 1800, Trier 1941, S. 143.

5) Vgl. Pfarrakten der Pfarrei Beinhausen im BATr. Abt. 70 Nr. 311 S. 81 f.

6) Nikolaus Matthieu * 10. 5.1835 Roden, Priesterweihe 27. 8.1864 in Trier, 27. 8. 1864 Kpl. in Saarbrücken-St.Johann, 5. 10. 1865 Religionslehrer am Gymnasium in Saarbrücken, 5. 9. 1876 Pfarrer in Beinhausen, 23. 6. 1884 Hilfsgeistlicher in Karweiler, t 13. 4. 1887. Vgl. Weltklerus (wie A.4) 223.