Brände in der Stadt Gerolstein

Nach Aufzeichnungen von Rektor Krock

Peter Horsch, Gerolstein

 

Der Raum innerhalb der Stadtmauern war im 17. Jahrhundert gewiß nicht groß. Da wohl alle Bürger zugleich Bauern waren, mußten auch Ställe und Scheunen vorhanden sein, auch ein Platz für den Misthaufen. Wenn man bedenkt, daß damals etwa 60 bewohnte Häuser in dem engen Bereich standen, kann man sich vorstellen, daß sie stellenweise sehr dicht an- und ineinandergeschoben lagen. Da war jedes Eckchen ausgenutzt, wohl auch manches Gäßchen überbaut. Die Häuser bestanden zumeist aus leichtem Fachwerk. Wenn noch im 18. Jahrhundert Strohdächer verboten wurden, so scheinen sie sich doch; wenn vielleicht auch nur auf Schuppen, immer wieder gezeigt zu haben. In den langen Kriegsjahren brach manches Haus zusammen, zum Wiederaufbau fehlte das Geld; da wurden aus einem Haus zwei gemacht, Scheunen zu Wohnzwecken benutzt, Tiere mit in die Wohnräume genommen, Heu und Stroh in leichtfertiger Weise gelagert. Gegen ein solches Verhalten wurde 1707 vom Grafen ein strenger Befehl erlassen, der an die bestehenden Polizeiverordnungen erinnerte und Schultheiss und Bürgermeister unter Strafe dafür verantwortlich machte, daß das unberechtigte und gefährliche Zusammenwohnen schleunigst beseitigt werde. Die zerfallenen Häuser mußten wieder aufgebaut werden. Der bestehenden Polizeiverordnung gemäß mußten alle Häuser bis an das Dach aus Stein gebaut, alle Dächer mit Schiefer oder Blechpfannen gedeckt sein.

Der Nachtwächter hatte strengste Aufsicht zu führen. Was von ihm verlangt wurde, ist ersichtlich aus einem Gedingsprotokoll des Jahres 1733. In demselben heißt es ... »ist Johannes Glasen zum Nachtwächter gedungen worden. Und soll von jedem Haus ein Spelzer Garb haben und soll im Winter zu neun an Hörn anfangen zu blasen, und darauf alle Stund und soll die Mittelstrass durchgehen und die engersten Strass auch. Und wenn etwas ungewöhnliches vorgehen, soll er beim Bürgermeister angeben. Und wann Geissen, Schwein oder sonst Viehe bei nacht auf der Strasse sind, soll hinweg genommen werden.« Eine gewichtigte Persönlichkeit im Rahmen dieses Sicherheitsdienstes war auch der Schornsteinfeger, der alle Jahre viermal die Schornsteine zu fegen und darauf zu achten hatte, daß keine Balken hineingebaut und kein leichtbrennbaren Stoffe in dessen Nähe gelagert wurden. Von besonderer Bedeutung war die Feuer-Commission, die öfters alle Feuerstellen besichtigte. Zu dieser Commission gehörte stets der Leyendekker, zumeist auch ein Bürgermeister, ferner Schöffen und der Zenner. Bei rügbaren Mängeln hatte die Commisson das Recht, Vorstrafen zu verhängen. So liegt ein Fall vor, wonach in dem Hause des Feiten Koch Holz, Laub und andere leicht brennbare Stoffe neben dem Schornstein gefunden wurden, »welches die Bürgerschaft nit leiden kann und setzt (Commission) eine Vorstraf von 1 Reichstaler, die Herrenstraf vorbehalten, hat ausserdem 2 Mass Branntwein zu geben, welches von der Gemein verzehrt worden«. Der Fall wurde also auf dem nächsten Ding weiter verhandelt, dabei wurde der Branntwein verzehrt, dort auch die Herrenstrafe verhängt, die dem Landesherrn zufiel. In einer Dingsitzung am 6. 9.1730 ist von Bürgern gerügt worden, daß in manchen Häusern die Schornsteine nicht in Ordnung seien; darauf wurde der Rat beordert, die betreffenden Schornsteine sofort zu besichtigen. Die Folge war, daß 8 Bürger ein Strafmandat erhielten mit dem Befehl, binnen 2 bis 8 Tagen die Schäden beseitigt zu haben. Bekannte Brände, denen zumeist die ganze Stadt zum Opfer fiel, verzeichnet die Chronik aus den Jahren 1665, 1691, 1708 und 1784. Über den Brand im Jahre 1665 ist, soweit er das Schloß betraf, schon berichtet worden. Der Diener, welcher der gräflichen Familie beim Mittagstisch die Hiobspost brachte, berichtete, daß 4 Häuser im Flecken in Brand ständen. Als aber des Grafen Bruder in den Flecken kam, brannte bereits der ganze Ort, so daß ein Löschversuch vollständig aussichtslos war. In dem gräflichen Brief heißt es: »Der arme Flecken aber ist noch ehender als in einer vierteil stunden gantz in grundt abgebrand, dass die arme leuth nor bloss soviel zeit gehabt, sich mit dem leib zu erretten, aber im übrigen garnichts davon brengt. Der amtman hat zwo ahnen wein und dan was er von Kleidern am leib gehabt, davon brengt, sonsten keines steubers wert; den wein hat er ändern dags erst noch im Keller in inte-gro gefunden, sein übrig mobilia und gar sein huet ist im stich blieben. Von Menschen ist allein kochs philipp sein weib, welches vermeinte, noch etwas zu erretten, vom feuer ereilt worden und zu stücken verbrannt, deren gebeiner ändern dags noch gefunden und begraben sind worden.«

Der Brand im Jahre 1691 hängt zusammen mit der Zerstörung des Schlosses durch die kurpfälzischen Truppen. Bezüglich des Stadtbrandes heißt es in dem Bericht, der den Sachschaden zusammenstellt: »Ahm 5. August die völlige Armee vor das Schloss Gerolstein gerücket, selbigen tags durch eine Bombe den Flecken in Brand geschossen und totaliter bis auf sechs Häuser in die Aschen gelegt und zu einem Steinhaufen gemacht, wodurch leider Gottes schier alles Hausmobilia, auch all notdürftiges Heu samt einiger Sommerfrüchten, so eingescheuert gewesen, verbrannt und ausgeplündert, und ist dieser Brandschaden ad minimum taxiert worden 30 000 Rthb.«

Über den Brand im Jahre 1708 berichtet uns das Sarresdorfer Lagerbuch. In demselben heißt es: »Zuerst nenne ich hier zum Gedenken die Namen derer, die im Jahre 1708 am letzten Tag des April beim Gerolsteiner Brand teils elend erstickt, teils auch verbrannt sind.

1. Elisabeth Moritz, Witwe des Johannes Claus, fast 90 Jahre alt, erstickte. Der Tod überfiel sie doch nicht jählings, da sie stets in Bereitschaft ihn erwartete, ja am Vortage sagte sie mehreren Leuten, sie fürchte, zu diesem Morgen werde bei starkem Wind ein Feuer ausbrechen, und sie selbst werde verschüttet werden und elend umkommen. Eine Stunde vor Ausbruch der Feuersbrunst hörte sie andächtig die Hl. Messe.

2. Der Sohn der vorgenannten Elisabeth, Matthias Claus, wurde fast ganz von den Flammen verzehrt. Er hinterläßt 5 Kinder (Mädchen).

3. Die Tochter derselben, Margaretha Claus, Gattin des Wilhelm Meyer, erstickte nach derBrunst, noch lebend empfing sie die Hl. Ölung.

4. Deren Gatte Wilhelm Meyer erstickte in demselben Zimmer mit seiner Gattin und der Großmutter El. Moritz.

5. Des Wilhelm und der Margaretha Sohn Matthias (er war der Erstgeborene des Matthias), ein Jünglich von 18 Jahren, von guten Eigenschaften, fleißig in den Religionsstunden und aufs beste unterrichtet.

6. Hilgerus Faber (ledig), fast 50 Jahre alt, ein Mann eines lobenswerten Lebens. Eine Stunde vorher hörte er andächtig die Hl. Messe an, die ich selbst feierte. Er besuchte oft die Kirche. Er verbrannte fast völlig.

7. Nikolaus Clemens und seine Gattin Susanna Schräm mit 2 Kindern. Ferner die Tochter Eva des Nikolaus Clemens, die ledig und sehr ehrbar war.

8. Helene Clemens, Witwe, Schwester des Nikolaus, am Vortage tödlich erkrankt, war nach vorhergegangener öfteren Beicht wohl vorbereitet.

9. Dorothea Viktoris, Gattin des Nikolaus Clemens, eine ehrbare und bescheidene Frau. Sie lief mit ihrem noch nicht siebenjährigen Töchterchen aus dem Hause, durch deren brennende Kleider auch Dorothea verbrannte.

10. Susanna Krämer, Gattin des Wilhelm Krämer, welche im Jahre vorher geistesschwach und kindisch wurde. Sie weinte fast immer, wie jener Prophet zu Jerusalem, der 7 Jahre vor dem Untergang wehklagte und weinte. Fast an jedem Türpfosten machte sie Feuer, so daß sie nicht genug bewacht werden konnte. Als die Stadt brannte, irrte sie an eine Türe, wo sie fast völlig vom Feuer verzehrt wurde.

11. Heinrich Batta, Gatte der Johanna Maria Ferri, verbrannte größtenteils.

12. Anna Margaretha Monderath, Witwe des Matth. Eys, lebte noch 8 Tage und wurde auf einen christlichen Tod vorbereitet. Auch ihr Söhnchen verlor sie durch die Feuersbrunst.

13. Anna Maria Baul, Gattin des D.J. Heinrich Daubach, lebte noch einige Tage und starb vorbereitet.

14. J. Gerhard Moritz, lebte noch einen Monat und starb vorbereitet.

15. Seine Gattin Katharina Dahm erholte sich etwas, lebte noch 6 Monate und starb gottergeben.

Im gleichen Jahr 1708, am ersten Adventssonntag, starb Sebastian Eull. Man nimmt an, der sei durch Schmerzen und die Qual, die ihn von morgens bis abends peinigten, gestorben. Er verschied nach vorherigem Empfang der Hl. Wegzehrung und der Hl. Ölung.«

Dieser Brand muß, da verschiedene der unglücklichen Opfer noch die Messe kurz vorher hörten, am Vormittag ausgebrochen sein. Die große Zahl der Toten läßt sich nur erklären aus einer ungeheuer raschen Ausbreitung des Feuers, das die ganze Stadt in kürzester Zeit in ein Flammenmeer verwandelte, aus dem kein Entrinnen mehr möglich war. Eigentümlich ist der Schlußsatz des Chronisten. Es wird nichts davon gesagt, ob er auch Brandwunden hatte. »Man nimmt an, daß er durch die Schmerzen und die Qual, die ihn von morgens bis abends peinigten, gestorben ist.« Dieser verschleierte Ausdruck läßt fast vermuten, daß durch Verschulden des Eull der Brand entstanden ist. Über den Brand aus dem Jahre 1784 ist in den Akten nichts vorzufinden, außer einer kleinen Notiz, daß in dem genannten Jahre die Hofkapelle, also die Kapelle im Flecken, verbrannt ist.