Vom »Logischen« Gebrauch der Deutschen Sprache

Theo Pauly, Gerolstein

 

Benjamin ist rnit seinen vier Jahren schon recht sprachgewandt, aber die deutsche Sprache hat für so einen Knirps doch noch ihre Tücken. Bei den eigenen Kindern achtete ich seinerzeit darauf, ihnen den richtigen Gebrauch der Muttersprache beizubringen und korrigierte falsche oder verdrehte Ausdrücke. Beim Enkel verzichte ich darauf, weiß ich doch aus langer Erfahrung, daß sich alles von selbst reguliert. Der schulmeisterlich erhobene Zeigefinger tritt also nicht in Aktion und ich ergötze mich an den kleinen Unebenheiten des Kindes im Gebrauch der Sprache. Dabei mache ich die Feststellung, daß er unsere Muttersprache eigentlich völlig logisch und folgerichtig gebraucht, daß die »richtige« Anwendung verschiedener Ausdrükke oder zusammengesetzter Wörter im Grunde gar nicht so »logisch« und »folgerichtig« ist.

Hinterm Haus, da, wo anstelle des Gartens die eingezäunte Fläche einen Rasen darstellt, beileibe keinen Zierrasen, allenfalls ein Stückchen Wiese, wo aber etwas wächst und grünt und in gewissen Zeitabständen gekürzt werden muß, andernfalls Frau und Nachbarn unsereinen als »noch zu faul zum Rasenmähen« ansehen würden, steht der Rasenmäher griffbereit. Es ist weder ein elektrisch betriebenes Gerät, noch eines, das mit dem Geknatter seines Benzinmotors die Mittagsruhe der Anlieger stören könnte. Für die paar Quadratmeter »Rasen« genügt so ein Ding, das mit Muskelkraft geschoben wird. Jedenfalls kann es auch schon, wenn das Gras nicht allzu hoch steht, von Benjamin hin und her und kreuz und quer vorangedrückt werden und der Kleine beschäftigt sich mit Vorliebe damit. Beim letzten Besuch ergriff Benjamin meine Hand, führte mich zur Terrassentür und forderte mich auf: »Komm, Opa, wir gehen spielen!« Bereitwillig kam ich dieser Aufforderung nach, war ich mir doch meiner Wichtigkeit und Notwendigkeit als Spielkamerad bewußt. Draußen ließ Benjamin meine Hand los, eilte spornstreichs auf den Rasenmäher zu und erklärte mir: »So, Opa, jetzt rasenmähe ich!«

Hatte der Knirps nicht recht? Warum muß es denn unbedingt heißen: »Ich mähe Rasen«? Aber es kam noch besser! Wie bei Kindern üblich, erlahmte bald sein Interesse am Rasenmäher. Er ließ ihn einfach mitten auf der »Wiese« stehen, eilte zum Besen, der ebenfalls hinterm Haus zu finden ist, um die Terrasse sauber zu halten, ergriff ihn und kommentierte seine neue Beschäftigung so: »So, Opa, und jetzt bese ich!« Ich fand's herrlich! Und ein drittes Mal bewies er an diesem Tag seine Fähigkeit, die deutsche Sprache »logisch« anzuwenden. Als Nachtisch gab es zum Mittagessen frische Erdbeeren. Meine Frau, hatte ihm schon reichlich aufgelegt, aber Benjamin hätte gern noch mehr gehabt und so erklärte er: »Oma, ich möchte noch vieler!«

War das nicht die logische Steigerung des Wortes »viel«?! Hier fiel mir dann eine nette Begebenheit ein, aus der ersichtlich wird, wie Menschen sich manchmal in ähnlicher Form zu helfen wissen, wenn ihnen die Bezeichnung eines Begriffes in einer bestimmten Sprache fehlt. Während des Urlaubs in Indonesien wollte mir die quicklebendige und temperamentvolle kleine einheimische Nonne Paullydia, die ein recht passables Deutsch sprach, auf der Fahrt zum Bade-Städtchen Batu auf Java erklären, daß es hier schwefelhaltige Bäder gebe. Ihr fiel aber die Bezeichnung »Schwefel« nicht ein. So fragte sie: »Wie nennt man das, wenn Luzifer Feuer macht?«