Komm einmal mit nach Bethlehem
Hildegard Sebastian, Daun
Komm her, mein Freund, ich geh' mit dir |
einmal nach Bethlehem; |
es ist gar nicht so weit von hier, |
der Weg nur unbequem.
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Du siehst mich gar so fragend an, |
weißt nicht, wo Bethlehem ist? |
Du glaubst doch, wie so mancher Mann, |
du seist ein guter Christ!
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Dann komm mal mit ins Kinderheim |
und hör' der Kinder weinen, |
mach selber dir drauf einen Reim, |
hilf mal den lieben Kleinen!
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Hol' eines mit zu dir nach Haus |
und sag' nicht immer: Morgen. . .! |
Mach dir mal eine Freude draus, |
voll Lieb' es zu umsorgen!
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Geh' auch mal mit an jenen Ort, |
wo nur die Alten wohnen, |
schenk ihnen dort ein liebes Wort, |
Gott wird es dir schon lohnen!
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Hast du schon mal daran gedacht, |
dir könnt' es auch so gehen, |
was sie ins Altersheim gebracht! |
Hab' doch für sie Verstehen!
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Sie werden dir recht dankbar sein, |
führst du sie mal spazieren, |
oft sind sie ja so ganz allein; |
das müßte dich doch rühren! |
Was können sie denn schon dafür, |
daß man Protest erhoben, |
daß man sie von der eig'nen Tür |
hat einfach abgeschoben?
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Besuche sie doch öfters mal, |
hast du 'ne Stunde Zeit, |
umsonst - es ist doch ganz egal - |
und macht doch soviel Freud'!
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Nun komm noch mit ins Krankenhaus! |
Du zuckst bei dem Gedanken? |
Kauf einen kleinen Blumenstrauß |
und schenke ihn den Kranken!
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Komm, setz' dich einmal an ihr Bett, |
's ist leichter, als du denkst; |
sie freuen sich, weil du so nett, |
und deine Zeit verschenkst!
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Siehst du, mein Freund, jetzt waren wir |
einmal in Bethlehem; |
und sei mal ehrlich, sage mir, |
war das so unbequem?
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Du hast das Kindlein doch gesehen, |
das in der Krippe lag, |
sollst öfters mal nach Bethlehem gehen, |
nicht nur am Weihnachtstag! |