Erinnerungen . . .

Therese Schneider, Brockscheid

 

Oft muß ich an die Kriegs- und Nachkriegsjahre zurückdenken. Wenn man unsern jungen Leuten davon erzählt, schauen sie betroffen und stellen die Frage, wie das nur sein konnte. Vom Ausmaß der Notzeit können sie sich keine Vorstellung machen und deshalb meine ich, man solls doch mal aufschreiben. Vor 45 Jahren fehlte alles und nicht umsonst hießen die Nachkriegsjahre »Hamsterjahre«. Solange die Stadtbewohner noch etwas zu tauschen hatten, konnten sie sich helfen, das wurde auf dem Dorf in Lebensmittel »umgesetzt«. Da trennte sich mancher von Dingen, die - wenn nicht von hohem, materiellen Wert - doch einen bedeutenden ideellen Besitz darstellten. Besonders Mütter mit Kindern hatten es schwer, Nahrungsmittel zu besorgen und damit ab und an den Kleinen ein warmes Essen zu kochen.

Mit Bekleidung war es ebenso schlecht bestellt. Jeder Stoffetzen hatte einen Wert und wurde wiederverwendet. Oft machte man aus mehreren schadhaften Kleidungstücken ein brauchbares. Manche Frau erwies sich bei solchen Aktionen als echte Künsterlin. Wenn heute die Schneiderin aus schönem Stoff ein schönes Kleid näht, ist das eine lobenswerte Fertigkeit. Aber damals, als Mütter aus abgetragenen Kleidungsstücken für die Kinder Röcke, Hosen, Mäntel, Jacken und Schürzen nähten, da war das eine Kunst. Das alte Zeug mußte zunächst getrennt, gewendet, gewaschen und gedämpft werden, bis es einigermaßen in Form war. Auch sollten Stoffarten und Stoffmuster zueinander passen. Und was wurde nicht alles verstrickt! Alte Sachen hat man aufgeriffelt, daraus für Kinder und Erwachsene Pullover, Strümpfe, Mützen, Handschuhe und Schals gearbeitet. Der Faden riß sehr oft und mußte immer wieder verknotet werden,. Beim Stricken wurde darauf geachtet, die Knoten auf die linke Seite zu bekommen; sie präsentierte sich dann im »Knotenmuster«. Aus der Wolle von Matratzenauflagen wurde Garn gesponnen, das beigemischte Roßhaar zog man Faden für Faden heraus und was trotz aller Mühe im Garn blieb, kratzte. Solche Strickteile waren geliebt und gehaßt zugleich.

Die Zeit heilt Wunden. Erinnerungen - auch solche - sind ein kostbarer Schatz.

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