Schriftliche Gedanken

Brigitte Müller, Schönecken

 

Mama,

lange schon bin ich fort von Zuhaus,

ich denke oft daran, wie es früher bei uns war.

Meine Erinnerung, die zeichnet exakt mir noch auf,

was mir lieb und teuer,

wer bescheiden und gemütlich,

aufopfernd und gütig,

Mittelpunkt unserer kleinen Familie war.

Nun zu schreiben, was tausendmal zuvor

ich Dir sagen wollte,

fällt in Worte zu fassen mir recht schwer.

Allzu oft hast unsere Tränen Du getrocknet,

unsere Kleidchen genäht,

unsre Wunden verbunden.

Ich sehe Dich an der alten Nähmaschine sitzen,

ich mache Hausaufgaben:

das alte Radio krachst leise,

es ist wieder mal nicht sauber eingestellt - egal.

Wenn ich Deinen Rat brauche,

Du bist ja da!

Nicht immer trafen Deine Worte,

bei mir auf ein offenes Ohr.

Generationskonflikte versuchte auch ich damals

jugendlich-aggressiv lautstark zu lösen.

Wie töricht. - Ich höre Dich noch sagen:

»Wenn Du selbst einmal Kinder hast,

wirst Du Vieles besser verstehen!«

Nur eine halbe Stunde Wegstrecke

trennen uns voneinander.

Wir, die jüngere Generation,

leben ein arbeitsreiches, unruhiges Leben.

Ihr schaut schon fast auf Euer erfülltes Dasein zurück.

Dein Rücken ist schon sehr gebeugt,

Deine Beine tragen Dich längst nicht mehr gut,

Dein Rheuma macht Dir zu schaffen.

Und immer noch bist Du ganz Mutter,

die bescheiden im Hintergrund bleibt,

und sich still darüber freut,

wenn es der Familie gutgeht.

Ehe Du eines Tages für immer von uns gehst,

möchte ich Dir sagen:

Danke für alles;

für all Deine Sorgen und Mühen,

Deinen Kummer, Deine schlaflosen Nächte,

Deine Güte und Deine Einsatzbereitschaft,

wann immer ich Dich rief.

Mama,

Du warst und bist eine gute Mutter,

hab' Dank dafür!

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