Weihnachtliche Gestalten -
in ganz Europa sind sie zuhause
Paul Krämer, Gerolstein
Keine Zeit des Jahres ist so stark vom Christlichen Brauchtum geprägt, wie die Wochen zwischen Advent und Dreikönig. Wenn auch im deutschen Sprachraum die Formen wechseln, Akzente verschoben sind - die Grundeinstellung bleibt.
In der Mitte des Winters dominieren Vermummung, Umzüge der Gabenspender oder Gabenheischer und manche Form entspricht gewiß heidnischem Kult. Wenn die Naturgewalten dem Landmann sichtbar wurden, fühlte er sich überirdischen, oft geradezu dämonischen Kräften überantwortet. Den Geistern wollte er auf seine Art begegnen, sie überlisten oder gütig stimmen.
Auf solche naturnahen und mythischen Vorstellungen unsrer Ahnen stieß der christliche Glaube als Frohbotschaft des Lichts und der Liebe. Missionaren konnten Erfolge aber nur gewiß sein, wenn sie Werte heidnischer Kultur in ihre Botschaft mit einbezogen. Darauf entstanden recht unterschiedliche Erscheinungsformen des mitwinterlichen Brauchtums.
Nachdenklichen Menschen wird aufgefallen sein, daß die Heiligenfeste ab Martini (11. November) bis Dreikönig (6. Januar) eine feierlichere Ausrichtung erfahren, als sonst im Kirchenjahr. Da ist der Andreas/Barbara/Lucientag, es gesellen sich dazu Nikolaus und Thomas, die Mitte bildet das Christfest - den Ausklang Sylvester und Epiphanias. Auffallend, daß die Heiligen meist als Gaben- oder Gnadenbringer erscheinen, daß sie in kirchlich-liturgischem Gewand oder in Vermummung auftreten. Beweis ist der Hl. Nikolaus, von Kindermund weit und breit gelobt. Im Westen und Süden Deutschlands tritt der Heilige im bischöflichen Ornate auf, im linksrheinischen Raum und Böhmerwald als Gabenspender, jedoch begleitet von einer strafenden Person, dem Hans Muff. Er ist im westdeutschen Grenzraum mit Fell bedeckt, getarnt mit schwarzgefärbtem Gesicht, benimmt sich oft derb und toll. Im Bayerischen heißt er »Klabauf«, im Donauknie und Böhmerwald auch »Krampus«. Die strafende Macht trägt eine Schelle, oft auch ein Kettchen, um das Böse (unartige Kinder) daran zu binden. Im Gebiet von Mosel und Eifel heißt der Strafende auch »Pelzbock«, in Baden und Württemberg »Pelzmärtel«.
Eigenartigerweise zieht im Süden Deutschlands schon zur Adventszeit ein Pelzbock umher, ohne den Mentor Nikolaus. In Bayern heißt er »Nußmärtel«. Neben der Pelzvermummung gibt es noch eine aus Stroh und Laub. Die tragen den Nikolaus begleitende »Buttenmänner« des Berchtesgadener Landes. Ihnen gleichen im Norddeutschen die »Schimmelreiter« mit Storch und Klapperbock. Auch in Schlesien kannte man solche an Mitläufern reiche Umzüge, in wahlloser Kleidung, aber mit christlichen Namen wie Jusuff - Petrus-Nikloweibel - Nachtnikolause. Selbst das Christkind erscheint im Südwesten und in Schlesien schon vor dem Weihnachtsfest, ähnlich der Luziabraut in langem, weißen Gewand mit Lichterkrone. Zuweilen begleitet vom Nikolaus oder Knecht Rupprecht.
Diesem christlich ausgerichteten Brauchtum stehen jene Gestalten gegenüber, die nur noch den Namen mit den Heiligen gemeinsam haben.
Da sind zunächst im niederdeutschen Raum der Sünnerklas, Zinterklas, Nickel, Klos, Pelznickel, Klasbur, Aschenklas, Rugklas. Was war zuerst - Gestalt oder Name?
Kinder brachten ihm Geschenke dar, damit die Strafe nicht allzu hart ausfiel. . .
Zurück zum Advent, da tritt neben Nikolaus der Knecht Ruprecht auf, Knecht, Begleiter, ein rauher, struppiger Geselle des Heiligen. Ausihm wurde im 19. Jahrhundert der alte, gütige Kinderfreund, Vorbild des moderneren Weihnachtsmanns, der mit einem hellen Tannenbaum durch die Straßen zieht. Er eroberte dann Sachsen, Thüringen, das Hannoversch-Brandenburgische.
Doch es treten in verschiedenen Gebieten noch andere Gestalten auf. In Schleswig-Holstein der »Kindjees oder Kuijees« - eine Verballhornung des Namens »Kind Jesu«. Auch Luzia und Thomas haben dort ein Brauchtum entwickelt. Beide Gestalten waren »furchterregende Gespenster, vor denen man sich hüten mußte« - Nacht der Dämonen!
Letzte und lieblichste Gruppe sind die Sternsinger, denen oft ein Hauch Exotisches anhängt. Bis heute gilt in der Ostkirche Epiphania als »Das Hochfest« der Weihnachtszeit. Die Dreikönigssternsinger - Kaspar, Melchior und Balthasar - sind Gabenheischer und Gnadenbrin-ger; im Schlesischen traten sie schon vor den Weihnachtstagen auf. Als Einzelgänger sind zu nennen Andreas, Aschenpuister, Anklopfer -ihr Brauchtum ist schwindend klein. Damit ein ganz klein wenig in Erinnerung bleibt, dafür stehen diese Zielen. . .