Getröstete Trauer

Gedanken nach einer Beerdigung

Hans-Martin Stüber, Gerolstein

 

Im November 1987 wurde Pfarrer i. R. Bernhard Wiebel nach einer Trauerfeier in der Mutterhauskirche in Düsseldorf - Kaiserswerth beigesetzt. Er war von 1934 -1951 Pfarrer unserer Kirchengemeinde Gerolstein/Jünkerath, bevor er ins Diakoniewerk berufen wurde. Am 16. November starb er dort nach längerer Krankheit im Alter von 83 Jahren.

Dieser Bericht einer Trauerfeier soll nicht Bernhard Wiebel in den Mittelpunkt stellen, das wäre gegen seinen Willen. Doch Trauergottesdienst und Beerdigung waren so beeindrukkend, darüber lohnt es, nachzudenken. Pfarrerin Renate Biebrach sagte zu Beginn, daß in dieser Trauerfeier erstmals die vom Verstorbenen entworfene »Tabea-Weihnachtsfeier '88« dargeboten wird. Das hatte er gewünscht.

Es wurde viel gesungen, zu Beginn das Abendlied »Mit meinem Gott geh' ich zur Ruh«, dann gemeinsam Psalm 139 gebetet. Aus dem Weihnachtslied »Nun singet und seid froh« sang der Seniorenchor die Strophen «Groß ist des Vaters Huld« und »Wo ist der Freuden Ort«. Orgel, Flöten und Sprecher brachten Anklänge an die Lieder »Es ist gewißlich an der Zeit« und »Morgenglanz der Ewigkeit«, sowie Stücke aus der Schöpfungsgeschichte: »Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht. So wurde aus Abend und Morgen der erste Tag«. Die Gemeinde antwortet darauf mit dem Lieblingslied des Verstorbenen: »Morgenglanz der Ewigkeit. 3. .«

Dann sprach eine Stimme den Text aus Jesaia: »Mache dich auf, werde Licht, denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des Herrn geht auf über dir«. Ferner aus der Passionsgeschichte die Worte Jesu an den mitgekreuzigten Verbrecher: »Heute wirst du mit mir im Paradiese sein!« und den Schluß der Leidensgeschichte, in dem von der Finsternis über dem Land bei Jesu Tod berichtet wird.

Nun verlas Pfarrerin Biebrach die vom Verstorbenen bereits geschriebene Ansprache, daraus ging eine sehr tiefe, persönliche Bindung an das Haus »Tabea« und seine betagten Bewohnerinnen hervor. Mit dem Weihnachtslied »Freuet euch ihr Christen alle. . .« antwortete die Gemeinde, die Kantorei sang nach dem »Kommentar« zu dieser Weihnachtsfeier aus dem Lied »Aus tiefer Not. . .« den Vers. . . »auf Gott allein will hoffen ich, auf mein Verdienst nicht bauen«.

Nach dem Fürbittengebet zog die Trauergemeinde von der Mutterhauskirche zum Mutterhausfriedhof, vorbei an den geschichtsträchtigen Gräbern der Pastorenfamilie Fliedner, des Begründers von Kaiserswerth. Beim Hinablassen des Sarges ins Grab stimmte die Gemeinde nach alter Tradition das Osterlied »Christ ist erstanden. . .« an; die übliche »Beerdigungsstimmung« kam gar nicht erst auf.

Nein, es war nichts »Aufgesetztes«, Gekünsteltes bei alledem, keine falsche Jenseitssehnsucht und keine weltferne Todesverachtung. Die Hoffnung auf den Auferstandenen und auf die Auferstehung der Toten bestimmte alles, bewirkte getroste, getröstete Trauer mit adventlicher, ja, weihnachtlicher Vorfreude.