Das Maar bei Gillenfeld

Gedanken über Heinrich Rosbach 

Constantin Cnyrim, Königswinter

 

Die Dauner Maare wurden in der Vergangenheit vielfach in Zeichnungen und seit Bestehen der Photographie auf solchen festgehalten. Je weiter man in der Geschichte zurückblättert, um so seltener werden bildliche Darstellungen der Maare. Das meistabgebildete Eifelmaar ist das Toten- oder Weinfelder Maar. Von den anderen Maaren sind Zeichnungen aus dem 18. oder 19. Jhd. selten. Im Herbst 1983 wurde in Köln im Auktionshaus Venator der Nachlaß des Trierer Arztes Heinrich Rosbach versteigert. Er lag rund 150 Jahre auf verschiedenen Dachböden, ehe er im Jahre 1982 von Schwipp-Nachfahren wiederentdeckt wurde. Unter dem Schriftgut aus der Familie Rosbach befanden sich eine große Anzahl Zeichnungen und Skizzenbücher. Obwohl Heinrich Rosbach in dem Trier des 19. Jahrhunderts eine stadtbekannte Persönlichkeit war, blieb völlig unbekannt, daß der Arzt und Kreisphysikus des Kreises Trier von frühester Jugend an ein begeisterter Zeichner war. 

Heinrich Rosbach wurde am 31. Mai 1814 in Trier geboren. Seine Eltern waren nach einer abenteuerlichen Flucht aus Illyrien erst am 5. Januar 1814 wieder in der Heimatstadt Trier eingetroffen. Heinrich besuchte das Gymnasium in Trier bis zum Abitur im Jahre 1832. Aus seiner Kindheit sind bisher nur wenige Dokumente bekannt. In den Tagebuchnotizen seines Vaters steht nur eine Bemerkung über sein lebhaftes Wesen und seine Intelligenz. Das Stammbuch von Heinrich Rosbach mit Notizen aus den Jahren 1822 bis 1841 gelangte bei der oben erwähnten Versteigerung in Privatbesitz und gilt seither als verschollen. Nach dem Abitur immatrikulierte sich Rosbach am 5. 11. 1832 an der Universität in Bonn, um sich dem Studium der Medizin zu widmen. In Bonn wohnte er im Hause der Frau Krumpel in der Brüdergasse 1103. Obwohl seine Eltern von Oktober 1833 bis April 1836 in Köln lebten, wohnte er nicht bei ihnen, sondern es zog ihn oft in seine Heimatstadt Trier, in der noch sein Großvater lebte.

Die schöpferische Zeichentätigkeit Rosbachs verlief parallel zu seiner Schul- und Studienzeit. Die frühesten Zeichnungen sind im April 1829 entstanden, als Rosbach gerade 15 Jahre alt war. Es ist erstaunlich, daß er bei dieser Begabung nicht Maler wurde. Sieht man aber die Berufswahl Rosbach in Beziehung zur gesellschaftlichen Stellung seiner Familie, wird das leichter verständlich. Sicherlich sind ihm vom Vater oder Großvater die Berufsaussichten eines Künstlers vor Augen gehalten worden. In Trier hatte man ja das klassische Beispiel in der Person des Malers J.A. Ramboux. Seine Kollegmappe - gezeichnet »Heinrich Rosbach Studiosus medizinae Trevir. 22. 8. (18)33« ist mit vielen Notizen und Karrikaturen der Professoren und Kommilitonen erhalten geblieben und zeugt heute von dem großen Talent des jungen Rosbach. 

Aus den aufgefundenen Zeichnungen sind viele Hinweise auf eine sehr tieffundierte liberale Haltung zu finden. So entstand 1832/33 eine Zeichnung der Liberte nach Delacroix betitelt: »Die Freiheit auf den Barrikaden«. Auch ein Burschenschaftswappen von 1834 in Schwarz-Rot-Gold mit seiner Devise »Ehre, Freiheit, Vaterland« zeigt, daß Rosbach sich mit den liberalen Strömungen seiner Zeit indentifizierte, die alte Ordnung durch eine neue zu ersetzen. Über eine enge Verbindung zwischen Rosbach und Karl Marx aus Trier kann nur spekuliert werden. Sicher ist, daß sich beide junge Männer kannten, denn Rosbachs Schwester Betty war die Freundin der späteren Frau von Karl Marx, Jenny von Westfalen. Außerdem waren der Vater von Karl Marx und Rosbachs Großvater als Juristen in Trier Berufskollegen.

Die Zeichnungen, die Rosbach in seiner Studienzeit in Bonn anfertigte, stellen einen wesentlichen Teil des Gesamtwerkes dar. Aus den Jahren 1834 bis 1837 sind fast alle Arbeiten vorhanden. Das medizinische Studium beschloß Rosbach 1837; er ging für kurze Zeit nach Siegburg, bereitete sich dann in Trier auf die Promotion vor. Etwa vom April 1838 an war er in Berlin als Assistenzarzt tätig und zwei Jahre später kehrte er in seine Vaterstadt Trier zurück, um sich als Arzt und Geburtshelfer niederzulassen.

Am 13. 9. 1847 heiratete er Emma Tobias, Tochter des Trierer Medizinal- und Regierungsrats Dr. Michael Tobias. Seit seiner Rückkehr aus Berlin wohnte Rosbach im Hause des Vaters in der Simeonsstraße 56 in Trier. 

Das Ehepaar Rosbach/Tobias hatte 4 Kinder. Als seine jüngste Tochter Maria einige Tage alt war, besann sich Dr. Rosbach auf seine zeichnerischen Fähigkeiten und skizzierte seinen Nachkömmling mit wenigen Strichen. 

Im Jahre 1848 wurde Rosbach Arzt im Landarmenhaus in Trier, 1858 zum Kreisphysikus und Sanitätsrat ernannt. Während der Trierer Jahre entdeckte er eine Neigung, der er sehr intensiv nachging. Ab 1854 veröffentlichte Rosbach eine Reihe Abhandlungen zu botanischen Themen, zunächst in Trier, später auch in Luxemburg und Gent; 1860 wurde er zum Vizepräsident und im folgenden Jahr zum Präsidenten der »Gesellschaft für nützliche Forschung« ernannt.

Aus den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts datieren nochmals einige Zeichnungen. Besonders widmete er sich botanischen Studien und arbeitete mit großem Aufwand an einer »Flora von Trier«. Heinrich Rosbach, Arzt und Botaniker, starb am 19. 12. 1879.

In keinem Nachruf, noch bei späteren Forschungen über das Trier des 19. Jahrhundert trat zu Tage, daß Heinrich Rosbach ein sehr talentierter Zeichner war. Nirgends tauchten seine Arbeiten auf. Als der Rosbach'sche Nachlaß 1930 weitervererbt wurde, kamen die Zeichnungen zu einer Nichte Rosbachs nach Niederemmel an der Mittelmosel. Hier gerieten sie in Vergessenheit, bis sie im Jahre 1982 wiederentdeckt und ein Jahr später versteigert wurden. Mit viel Mühe und Arbeit war es verbunden, das Werk Rosbachs zu retten. Der größte Teil der Zeichnungen befindet sich seit 1986 im Besitze der Stadt Trier. Wenige Zeichnungen sind im Privatbesitz.

Heinrich Rosbach, Daguerreotypie von 1847

Die Bleistiftzeichnung des »Maares bei Gillenfeld« ist 172 mm x 278 mm groß. Unten links ist sie monogrammiert »H.R. del.Bonnae«, unten rechts betitelt. Die Skizze entstand am Pulvermaar am 27. 8. 1833.

Auf leicht kartoniertem gelblichen Papier wurde die Zeichnung angefertigt. Der Standort des Malers war die Straße von Gillenfeld nach Daun, etwas unterhalb des Scheitelpunktes des Maarberges in Richtung der Kreuzungnach Eilscheid. Mit zarten Bleistiftschraffuren ist vor dem Römerberg eine leichte, hohe Bewölkung dargestellt. Demnach ist anzunehmen, daß der 27. August 1833 ein schöner Hochsommertag war. Auffallend ist, daß der Römerberg noch ohne jegliche Bodenbedekkung dargestellt ist. Da Rosbach als ein sehr genauer Zeichner beurteilt wird, ist davon auszugehen, daß der Vulkankegel noch völlig kahl war. Um das Maar stand schon damals ein dichter Mischwald. Die Zeichnung ist so genau, daß man nach 155 Jahren kaum einen Unterschied zu dem heutigen Zustand erkennt, ausgenommen der mittlerweile bewaldete Mosenberg. Bäume und Buschwerk im Vordergrund stehen nicht mehr. Dafür ist dort das Freizeitzentrum mit Wohnwagen und Wochenendhäusern angesiedelt. Die von Rosbach dargestellte Idylle des Maares geht heute unter im Lärm aus Radios und Recordern.

So wie auf der Rosbach'schen Zeichnung wird man das »Maar bei Gillenfeld« nicht mehr sehen. Aus diesem Grund ist das Bild für Heimatkundler und Naturschützer im Kreis Daun ein wichtiges Zeitdokument.

Heinrich Rosbach zeichnete nicht nur das Pulvermaar bei Gillenfeld. Er hatte immer seinen Skizzenblock bei sich, vor allem während der Schul- und Studienzeit.

Die meisten Zeichnungen, die Zeugnis ablegen von einer großen Liebe zu Heimat und Natur, befinden sich heute im Städtischen Museum seiner Heimatstadt Trier; wenige sind in Privatbesitz.

Das Maar bei Gillenfeld, Zeichnung von Heinrich Rosbach

Repro: Foto Eichen, Bonn

Foto: H. H. Rosenkranz, Hillesheim