Der Turm der Uesser Pfarrkirche

Alfons Poss, Daun

 

Zuweilen wird der Turm der Uesser Pfarrkirche als einstiger römischer Wachtturm oder gar Keltenturm angesehen. Treffen diese Ansichten auch nicht zu, so scheint es doch nicht ausgeschlossen, daß der Turm den Platz einer römischen Befestigungsanlage an der Römerstraße, die von der Mosel her durch das Üßbachtal nach Norden führte, einnimmt. Dabei sei auf die ehemaligen römischen Wachttürme auf dem nahen Hochkastei und dem benachbarten Hochkelberg hingewiesen. Zahlreich waren die römischen Siedlungen in der nächsten Umgebung von Uess.

Der Turm der Pfarrkirche zu Uess ist ein Wacht- und Wehrturm des frühen Mittelalters. Nach der Bauweise kann man sein Alter mit etwa tausend Jahren annehmen. Das ursprüngliche Aussehen läßt sich im Innern noch deutlich erkennen. Der Eingang zum Turm befand sich an der Nordseite, fast vier Meter über dem Erdboden. Durch zwei Mauerlöcher unter dem rundbogigen Zugang führten die Balken, die an der Außenseite ein Podest trugen, zu dem man mit Hilfe einer Leiter aufsteigen konnte. Drei seitlich aus der Mauer ausziehbare Balken dienten der Türverriegelung von innen. Vom ersten Stockwerk aus konnte man durch eine Falltür in den zu ebener Erde gelegenen Raum, in das sogenannte Verlies gelangen. Der hier vorhandene Zugang von der Kirche her (Ostseite) wurde erst später geschaffen. Im Verlies konnte ein reichlicher Vorrat an Lebensmitteln gelagert werden. Die in einer Ecke des Bodens befindliche Schieferplatte deckte vermutlich einen Brunnen, vielleicht aber auch einen Notausgang ab. Eine Schlitzscharte gab dem Raum spärliche Beleuchtung. Zu den oberen Teilen des Turmes stieg man mit Hilfe von Leitern auf, die auch heute noch vorhanden sind. Im ersten und zweiten Stockwerk waren Beobachtungs- und Verteidigungsscharten, welche in späterer Zeit zum Teil zugemauert wurden. Der ehemalige Dachaufbau hatte wohldie Form einer niedrigen, vierseitigen Pyramide. Die Seitenlänge des Turmes, dessen Grundriß quadratisch ist, beträgt sieben Meter. Die Höhe bis zum Dach mißt 12.50 m. Die Mauer hat am Grund die beachtliche Stärke von 1,70 m. Bemerkenswert ist, daß der Turm ohne Fundament erbaut wurde.

Im Jahre 1963 sind am alten Teil der Pfarrkirche zu Uess umfangreiche Renovierungsarbeiten, die vor allem der Sicherung der Außenmauern dienen sollten, durchgeführt worden. Besonders der Turm bedurfte einer gründlichen Instandsetzung. Zunächst wurde der alte Kalkmörtelverputz entfernt. Das zum Teil sehr schadhafte Grauwackengemäuer wurde durch Eisenverklammerungen, Stahlmatten und Beton wieder gefestigt. Der Stützpfeiler an der Westseite des Turmes ist beseitigt worden. Bei der Anlage einer Dränage wurden am Fuße des Turmes römische Scherben gefunden, sie könnten die Annahme bestätigen, daß sich am Ort des heutigen Kirchturms einst eine römische Befestigungsanlage befand.

Etwa 500 Jahre alt ist die größte, nur vier Jahre jünger die etwas kleinere Glocke im Turm der Pfarrkirche zu Uess. Wie dies die Inschriften bekunden, wurden beide Glocken in den Jahren 1488 und 1492 von Klaus von Echternach gegossen. Daß er die beiden Glocken in Ringelbachtal goß, gehört ins Reich der Sage und Legende. Die dritte und kleinste Glocke wurde im Jahre 1751 von dem Trierer Glockengießer J. H. Heintz gegossen. Wegen eines Risses erfolgte im Jahre 1965 ein Umguß in der Glok-kengießerei Mark in Brockscheid. Die Pfarrkirche zu Uess besaß früher noch eine vierte Glocke. Sie wurde im Jahre 1550 von Dedrich von Köln gefertigt und während des 1. Weltkrieges (1917) requiriert. Es ist verständlich, daß Turm und auch Glocken der Uesser Kirche unter Denkmalschutz stehen.

Angelehnt an den wuchtigen Turm, den Schirmer unserer Vorfahren im oberen Üßbachtale,wurde im 15. Jahrhundert eine zweischiffige, gotische Kirche erbaut. Sie nahm den Platz eines älteren Gotteshauses in Uess ein und erwies sich bald als zu klein. Aber erst im Jahre 1923 konnte die Uesser Pfarrgemeinde ihr Gotteshaus nach der Nordseite hin erweitern. Dasneue Langhaus mit dem Hauptchor und die alte Pfarrkirche fügen sich zu einem harmonischen Ganzen. Das Gotteshaus birgt zahlreiche künstlerische Kostbarkeiten.

Literatur: August von Cohausen: Die Befestigungsweisen der Vorzeit und des Mittelalters