Fahrt zur Mühle
Werner Schönhofen, Leutesdorf
Die Eifel mit ihren zahlreichen Bächen ist auch ein Mühlenland. Früher waren bestimmte Dörfer verpflichtet, ihr Mahlgut in einer bestimmten Mühle mahlen zu lassen; erst nach 1800 wurde dieser »Mühlenbann« aufgehoben. Nur so war es möglich, daß wir in den Nachbarort Schönbach zur Mühle fuhren, die zwischen Ulmen und Schönbach im Üßbachtal lag. Das war jedesmal ein besonderer Tag für mich. Vater hatte das Getreide am Tag vorher mit dem Scheffel - einem großen Hohlmaß - in Säcke gefüllt. Nun wurde der Wagen beladen und die beiden braven Kühe vorgespannt. Einen passenden Termin hatte Vater am vorhergenden Sonntag ausgemacht, wenn der Müller zur Messe nach Ulmen kam. Der war eine stattliche Erscheinung mit seinem Schnurrbart, und im Winter trug er einen schwarzen Mantel mit Samtkragen und Hut. Die Fuhre ging durch das ganze Dorf. In der Bahnhofstraße mußten die Kühe ordentlich ziehen, während wir uns auf den Wagen setzen konnten. Der Weg bis in die Dauner Straße zog sich lange hin beim gemächlichen Trott der Kühe. Jetzt bogen wir ins Üßtal ab. An der schon im Kriege geschobenen Trasse der Straße nach Kelberg entlang ging es ins Tal hinab zur Schönbacher Mühle.
Das Leben auf einer einsam gelegenen Mühle erschien mir immer wieder interessant. Schnell verging die Zeit, und mit Mehl und Kleie traten wir wieder den Heimweg an. Doch zwischenzeitlich hatte es die Müllerin wie immer gut mit mir gemeint; ich bekam von ihr eine dicke Schnitte selbstgebackenen Brotes mit Butter.
Als Großmutter dann nicht mehr unser eigenes Brot aus unserem Mehl buk, gaben wir das Getreide an den Bäcker und bekamen Brotmarken dafür. So setzte denn auch in den 50er Jahren das Mühlensterben ein. Heute ist die Schönbacher Mühle wieder bewohnt, aber von den Müllersleuten lebt niemand mehr dort. Der Hauptwanderweg Cochem-Prüm des Eifelvereins führt an der Mühle vorbei und bringt gelegentlich Wanderer in das gar nicht mehr so stille Tal. Eine Straße liegt gleich daneben . . .