Zeitbilder der Kreisgeschichte

Der fröhliche Heilige

Don Bosco und Jünkerath

Alois Mayer, Daun-Pützborn

 

Still und von der Öffentlichkeit viel zu wenig beachtet wurde 1988 eines Mannes gedacht, der genau vor 100 Jahren das Licht der Welt erblickte, Don Bosco.

Wer war dieser Mann, der 1934 von der katholischen Kirche heiliggesprochen, aber schon zu Lebzeiten zu einer Legende wurde und dessen bekanntester Auspruch noch heute Richtschnur für jeden Menschen sein sollte: »Fröhlich sein, Gutes tun und die Spatzen pfeifen lassen!«? Er war keineswegs ein süßer Stubenheiliger, sondern ein temperamentvoller Italiener!

Giovanni (=Johannes) Bosco wird am 16. August 1815 in dem kleinen piemontesischen Dorf Becchi bei Turin geboren. Seine Eltern bewirtschaften dort einen kleinbäuerlichen Betrieb. Er wächst in sehr armen Verhältnissen auf. Der lebhafte, manchmal ungestüme Junge verblüfft seine Mitmenschen durch hohe Intelligenz, durch sein untrügliches Gedächtnis und körperliche, artistische Gewandheit. Schon als Kind sammelt er Gleichaltrige um sich und übt einen positiven Einfluß auf sie aus. Als Neunjähriger hat er einen Traum, der später für sein Leben zum Programm wird. Die Gottesmutter Maria zeigt ihm darin sein Wirkungsfeld mit der Jugend. Sie ermahnt ihn, den Jugendlichen Güte und Liebe zu erweisen.

Mit Gottvertrauen und tatkräftig unterstützt von seiner Mutter Margherita - der Vater Francesco stirbt 1817, als Johannes zwei Jahre alt ist -steuert er beharrlich auf sein Berufsziel zu, das unerreichbar scheint, er will Priester werden. In der Schule macht der Bauernsohn in der geflickten Kleidung durch seine Intelligenz, vielseitige Begabung und Hilfsbereitschaft auf sich aufmerksam. Mit den Fertigkeiten, die er sich in mehreren Handwerksberufen (Schneider, Konditor, Schuster) aneignet, und durch Aushilfe in Gastwirtschaften finanziert er seinen Lebensunterhalt und die Ausbildung. Im Jahre 1835 tritt er ins Priesterseminar in Chieri ein. Dort schart er immer wieder Jugendliche um sich, wie ein Magnet zieht er sie an. Seine Vorgesetzten betrachten das Treiben mit Argwohn, umso mehr, da Johannes es wagt, an ihrer »Unnahbarkeit, der viel zu theoretischen, polemischen und abstrakt vorgetragenen Theologie« Kritik zu üben. Am 5. Juni 1841 wird er zum Priester geweiht und seitdem, wie in Italien üblich, Don Bosco genannt.

Anwalt der Jugend

Sein Lehrer und Freund, Josef Cafasso, führt ihn in Turin in die Seelsorgsarbeit ein, wo er bald durch zahlreiche Besuche in Turiner Gefängnissen mit dem Elend dieser Großstadtjugend konfrontiert wird. Viele Gefangene sind noch halbe Kinder, von denen einige bereits zum Tode verurteilt sind. Meist sind es junge Menschen, die vom Land in die Stadt kommen, dort keine Arbeit finden, in Elendsunterkünften hausen, wie Tiere vegetieren und so rasch und leicht in den Strudel krimineller Banden geraten.

Man müßte ihnen früher helfen, denkt Don Bosco, wenn sie erst einmal auf die schiefe Bahn geraten sind, ist es zu spät. Mit dieser »Präventivpädagogik« wird er zu einem unbequemen Erzieher, dessen Methode selbst heute noch nicht an Aktualität verloren hat, ja, wahrscheinlich die einzig richtige ist. Don Bos-coerkennt seine Lebensaufgabe. Er muß sich um diese körperlich und seelisch verwahrlosten Jugendlichen kümmern. Er holt sie in sein Haus, unterrichtet sie, betet, singt und spielt mit ihnen. Ihre Zahl wächst rasch. Bei diesem humor- und verständnisvollen jungen Priester fühlen sie sich angenommen und geborgen. In den folgenden Jahren zieht Don Bosco mit seinen jungen Freunden durch Turin, nirgendwo geduldet, als »Bandenführer« beschimpft, als »verrückt« bezeichnet, von der Polizei überwacht und von der Geistlichkeit, für die er ungehörige Wege ging, argwöhnisch beobachtet und angefeindet. Mehrmals versuchen Gegner sogar, ihn umzubringen. Allen Widerständen zum Trotz widmet er sein Leben ganz den Jugendlichen.

Dominikus-Savio-Haus in Jünkerath, hier ist das Noviziat in der Jugendbildungsstätte untergebracht.

Ein offenes Haus

Endlich findet er 1846 eine feste Bleibe fürseine auf 800 Jungen angewachsene Schar; einen alten ausgebesserten Schuppen für 320 Lire Jahresmiete. Schritt für Schritt baut er dieses Provisorium zu einem Erziehungs- und Bildungszentrum aus, das bald Lehrwerkstätten und alle Schulformen umfaßt; eine Revolution für die damalige Zeit, die nur Schulen für Privilegierte hat und so etwas wie Lehrwerkstätten mit Schulen gar nicht kennt. Er fördert die Weiterbildung seiner Jugendlichen und ebnet geeigneten Schülern den Weg zum Priestertum. Fehlschläge, Anfeindungen und Hausdurchsuchungen vermögen den Priester Don Bosco nicht auf dem eingeschlagenen Weg zu beirren. Er setzte seine ganze Kraft für die jungen Menschen ein, besucht sie an ihren Arbeitsplätzen und kämpft für sie bei Behörden, Unternehmen und unverständigen Erwachsenen. Lange, bevor Gewerkschaften und Jugendschutzgesetze auf den Plan treten, schließt er die ersten schriftlichen Lehrverträge ab, in denen Erziehungsmittel, Urlaubsanspruch und Löhne festgelegt werden. Revolutionäre Neuerungen für die damalige Zeit.

Um dem Werk Bestand zu geben, gründet Don Bosco am 18. 12. 1859 die »Fromme Gesellschaft des heiligen Franz von Sales« (Salesianer), deren erste Mitglieder Jugendliche sind, die in seinem »Oratorium« ( = Haus für pädagogische Aktivitäten) groß wurden und dann das Werk als Helfer Don Boscos mit aufbauten. Auch hier denkt Don Bosco an eine ganz neue Form, eine einzige Gemeinschaft von Ordenschristen, die durch Gelübde gebunden im Orden leben und von »externen Salesianern«, die ganz in der Welt stehen. Da dies von Rom aus nicht anerkannt wird, gibt er 1876 der »Vereinigung der Salesianischen Mitarbeiter« eine eigene Regel. Schon vier Jahre vorher, 1872, gründet er für die Mädchenerziehung mit Maria Dominica Mazarello zusammen die »Töchter Maria Hilfe der Christen« (Don Bosco Schwestern).

Mit der Aussendung der ersten Salesianer nach Argentinien im Jahre 1875 beginnt die weltweite Ausbreitung seines Werkes.

Johannes Bosco stirbt am 31. 1. 1888 an völligem Kräfteverfall. Sein Grab in Turin wird zum Wallfahrtsort. 1934 wird er von Papst Plus XI. heiliggesprochen.

Sein Werk aber lebt weiter in über 17000 Salesianern und etwa die gleiche Anzahl von Don Bosco Schwestern, die heute in 93 Ländern für die Jugend arbeiten, so auch in Jünkerath.

Das Dominikus-Savio-Haus in Jünkerath

Eine Niederlassung des Salesianerordens befindet sich in Jünkerath. Sie nennt sich nach einem Schüler von Don Bosco, Dominikus Savio, der ebenfalls heiliggesprochen wurde. In der Bevölkerung ist dieses Haus und die Jugendbildungsstätte unter dem Namen »Don Bosco« bekannt.

Der Priester Johann Bosco aus Turin - Zeichnung von Basilia Gürth.

Der Gründer der Jünkerather Niederlassung war der Salesianerpater Heinrich Kremer (1888-1956), der als Sohn eines Bahnbeamten in Jünkerath geboren wurde. Erwägungen einer Neugründung in Jünkerath liefen seit 1950. Vielseitige Verhandlungen waren notwendig zwischen der norddeutschen Ordensprovinz, dem Bistum Trier, dem Kreis Daun und der Gemeinde Jünkerath. Dies nicht nur wegen des Standortes, sondern auch wegen der Zielsetzung, die zwar grundsätzlich auf Jugendarbeit und -ausbildung ausgerichtet war, aber eine spezifische Zielsetzung für eine weitere Niederlassung in Jünkerath bereitete doch Schwierigkeiten. Eine Schule, die auf Priesternachwuchs ausgerichtet war, hatte keine Chance, da schon diözesane Einrichtungen in Gerolstein und Prüm vorhanden waren. Auch der Errichtung einer Schule für »Spätberufene« (15-25 Jahre) wurde nicht entsprochen. Überlegungen in Richtung Handwerksschule oder Lehrlingsheim ließen sich ebenfalls nicht verwirklichen. Schließlich wurde zwischen Bistum und Provinzialat die Errichtung eines Noviziaes festgelegt, wo der Ordensnachwuchs eine entsprechende Einführung ins Ordensleben und pädagogische Grundausbildung erhalten sollte.

1952 schenkte die Gemeinde Jünkerath dem Orden das benötigte Grundstück. Im Vertrag steht: »Dafür verpflichtet sich die Deutsche Provinz der Salesianer, auf dem übertragenen Grundbesitz eine Salesianerniederlassung zu gründen und zu unterhalten zur Ausbildung des Erziehernachwuchses und Pflege der kulturellen Jugendarbeit.«

Am 19. Juli 1953 war die Grundsteinlegung, Pater Kremer, selbst aus dem Hochbaufach kommend, entwarf die Pläne für das Hauptgebäude. Viele Jünkerather und Glaadter Bürger beteiligten sich an den Aufbauarbeiten, viele Einrichtungsgegenstände und Spenden kamen aus der Bevölkerung, von ortsansässigen Vereinen und Firmen, aus den meisten Pfarreien des Kreises Daun und darüber hinaus.

1955 wurde in der Jünkerather Niederlassung das Noviziat errichtet. Allerdings war der Bau noch nicht so weit gediehen, daß die Novizen (= Ordensnachwuchs) einziehen konnten. Dies war erst zwei Jahre später möglich. In der Zwischenzeit wurde das Noviziat in Helenenberg bei Trier untergebracht.

Das Noviziat dauert bei den Salesianern ein Jahr und endet mit der Ablegung der ersten Profeß (= Ordensgelübde). Junge Menschen, die sich zum Ordensberuf als Salesianer berufen fühlen, erproben sich in diesem Jahr und werden in die verschiedensten Möglichkeiten des Einsatzes im Orden eingeführt. Dies geschieht in Unterrichtseinheiten, zusätzlichen Seminarangeboten, Praktikumseinsätzen, im liturgischen Mitgestalten und Mitvollziehen, im Mitleben der Gottesdienst- und Gebetszeiten und der Tagesabläufe der Hausgemeinschaft. Im Jahre 1988 besuchten 12 junge Leute das Noviziat.

Um die hauswirtschaftliche Betreuung sicherzustellen, wurde zwischen 1956 und 1958 ein Schwesternhaus errichtet. Die Don Bosco Schwestern übernahmen diese Aufgabe, mehrere Jahre unterhielten sie auch einen Lehrhaushalt für Mädchen. Die Schwestern versorgten bis 1976 Küche und Haushalt und wurden dann zu anderen, meist pädagogischen Aufgabenbereichen abberufen.

1962 begannen die Arbeiten an der Kirche, die bereits ein Jahr später eingeweiht wurde und 1964 einen freistehenden Glockenturm erhielt. Der Terminkalender der Ordensmitglieder ist randvoll. Dennoch pflegen die Jünkerather Salesianer die Verbindung zur Bevölkerung der näheren Umgebung, sei es in der seelsorglichen Aushilfe in Gemeinden, durch Angebote für Kinder (Basteltage, Juniorentreffen, Ministrantentage), Angebote für Jugendliche (Teestube, Jugendgottesdienste, Pfingstfestival, Betreuung von Firmgruppen) aber auch durch Angebote für Erwachsene (Einkehrtage, Veranstaltungen für Frauen- und Männergruppen auf Gemeinde- und Dekanatsebene).

Die Jugendbildungsstätte Don Bosco

Ab 1971 bahnte sich der heutige Schwerpunkt als Jugendbildungsstätte an, der sich verstärkte, als der Hauptorden den Aufgabenbereich Jugendpastoral von Köln nach Jünkerath verlegte. In jüngerer Zeit (1980) wurden ein weiteres Gebäude, ein Gästehaus mit Tagungsmöglichkeiten, Spiel- und Sportplätze gebaut. So entstand insgesamt ein großer Gebäudekomplex, der den Anforderungen heutiger bildender Jugendarbeit wie auch anderer Gästegruppen weitgehend gerecht wird.

Seit nunmehr 18 Jahren bieten die Salesianer auch Schulklassen und Gruppen die Möglichkeit von Schulendtagen, Besinnungstagen, Ferienfreizeiten, Leiterschulungen, Wochenendseminaren. In 1988 waren der Esperanto-Bund und der Jugendchor Rheinland-Pfalz zu Gast. Der Schwerpunkt liegt bei religiös orientierten Bildungsveranstaltungen, deren abwechslungsreiches und interessantes Programm durch das pädagogische Team des Hauses geleitet wird. Die zunehmenden Teilnehmerzahlen beweisen, daß das Jünkerather Domini-kus-Savio-Haus im »richtigen Trend« liegt und eine Bedarfslücke schließt, die im Kreise Daun vorhanden war. Die bisher höchste Belegzahl weist die Statistik für das Jahr 1987 aus, wo5 653 Gäste mit über 10 000 Übernachtungen das Haus besuchten.

Das Motto der Jugendbildungsstätte lautete: »Miteinander Frohbotschaft erleben«! Das bedeutet, daß in diesem Haus nicht nur vordergründig Wissen vermittelt wird, sondern daß die jungen Menschen über den Erlebnisbereich ganzheitlich erreicht werden sollen. Die Teilnehmer an solchen Veranstaltungen haben die Möglichkeit, ohne Notendruck und Schulstreß Themen und Probleme zu behandeln, die jungen Menschen wichtig sind und für die in der Schule erfahrungsgemäß keine oder nur zu wenig Zeit bleibt. So ist es selbstverständlich, daß die Jugendlichen über die Zusammenstellung ihrer Programme selbst entscheiden. Das Anliegen der Salesianer ist dabei, den Teilnehmern aufzuzeigen, welche Orientierungsmöglichkeiten und Chancen der Glaube an Jesus Christus und an sein befreiendes Wort bietet. Freizeitgestaltung und Gemeinschaftserfahrung ergänzen dieses Bemühen und eine erlebnisreiche Bildungsarbeit.

Der hl. Don Bosco ist über 100 Jahre tot. Aber sein Werk und sein Orden werden weiterleben. Das Leitmotiv des Jubiläumsjahres 1988 wird auch in ferner Zukunft noch Gültigkeit haben: »Mit Don Bosco leben - Hoffnung weitergeben!«

(Für hilfreiche Unterstützung bedanke ich mich bei Herrn Direktor, Pater Herbert Kuptz, SDB, Jünkerath).