Türkensteuer in der Grafschaft Virneburg

Die Steuerlisten von 1552

Erich Mertes, Kolverath

 

Aus den Steuerlisten um die Mitte des 16. Jahrhunderts erfahren wir erste Namensverzeichnisse der Familien in den Ortschaften unserer Gegend. Diese Listen geben gleichzeitig Auskunft über die Anzahl der steuerpflichtigen Personen, das Vermögen der Bauern, den Jahreslohn der Knechte und Mägde sowie der Jungen und Mädchen, soweit sie ein steuerpflichtiges Einkommen hatten. Dazu ein kurzer Rückblick in die Geschichte.

Nicht die Franzosen galten in früheren Jahrhunderten als Erbfeinde der Deutschen (wie noch bis zum Zweiten Weltkrieg), sondern die Türken waren damals die «christlichen Erbfeinde« (s. Scotti l, 564). Seit 1526 bedrohten sie die Südostgrenze des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Noch 1683 belagerten sie unter ihrem Großwesir Kara Mustafa die Reichshauptstadt Wien , und erst 1789 wurde Belgrad von dem österreichischen Feldmarschall Laudon endgültig zurückerobert.

Zur Abwehr der Türkengefahr benötigte der Kaiser Geld. Es war die Zeit der Reformationswirren. Um Mittel für seine Türkenkriege zu erhalten, war der Kaiser als katholischer Souverän bereit, konfessionelle Zugeständnisse an die reformatorische evangelische Bewegung zu machen. Auf dem Reichstag zu Augsburg 1548 genehmigte Karl V. (1519 - 1556) den protestantischen Ständen wieder den Laienkelch und die Priesterehe. Aus dieser Entscheidung wird verständlich, warum in jener Zeit auch bei uns so viele Pfarrer verheiratet waren. Das wird bei Pfr. Schug in seiner Pfarrbeschreibung allenthalben deutlich. Der Laienkelch (Austeilung der hl. Kommunion in beiderlei Gestalt) hatte bis zum 12./13. Jh. in der gesamten Kirche bestanden. Das Zweite Vatikanische Konzil hob 1963 das Verbot wieder auf. Das Zölibat, 1139 durch Papst Innozenz II (1130 - 1143) Kirchengesetz, ist bis heute umstritten.

Im November 1548 berief der Trierer Erzbischof und Kurfürst, Johann V. Graf von Isenburg (1547 - 1556) die geistlichen und weltlichen Landstände ein. Die geistlichen Landstände wurden durch kirchliche Würdenträger repräsentiert (Äbte, Dechanten u. a.). Die weitliehen Landstände waren der hohe und niedere Adel, sowie Vertreter der Städte und Gemeinden. Auf diesem Landtag wurde die vom Reichstag zu Augsburg beschlossene Türkenhilfe für das Erzstift Trier verbindlich bestätigt. Die Türkenhilfe war eine außerordentliche Steuer. Sie diente zur Finanzierung der Kriege gegen die Türken. In einer Verordnung vom 24. Mai 1551 werden die Abgaben präzisiert. Danach mußte jeder Einwohner (Steuerpflichtige) ohne Ausnahme 0,5 % seines Vermögens als Türkenhilfe abführen. Wer weniger als 20 Gulden besaß, brauchte nur 4 Kreuzer zu zahlen. Knechte und Mägde zahlten von ihrem Jahreslohn für jeden Gulden einen Kreuzer Türkensteuer. Steuerfrei waren nur Kleider, Schmuck und Hausgeräte des täglichen Bedarfs, sowie die Dienstpferde, Waffen, Rüstung und Munition. Die Kleinodien und Zierate der Kirchen blieben ebenfalls steuerfrei. Das war bedeutsam, weil auch die Stifte, Kirchen, Klöster und Pfarreien zur Türkenhilfe/Türkensteuer herangezogen wurden.

Wir kennen verschiedene Ausschreibungen zur Türkensteuer in der Grafschaft Virneburg, z. B. 1532, 1542 und 1552. Nachstehend die ausführlichen Listen von 1552 für die Dörfer der Grafschaft, die heute im Kreis Daun liegen. Es sind die Ortschaften der Pfarrei Retterath in der Verbandsgemeinde Kelberg, sowie Lind-Nitz. Die Kompetenzstreitigkeiten zwischen Trier und Virneburg lassen wir dabei außer acht.

Das Finanzamt in der Feudalzeit

Bauern liefern ihre Steuern ab. Wer kein Bargeld hatte, brachte den Gegenwert in Naturalien.

Holzschnitt, Augsburg 1479.

Die Steuerlisten von 1552

Vermögen bzw. Jahreslohn in Gulden, abgekürzt G.

Retterath (Retteraedt)

Herr Johann, der Pastor, 600 G; Johann, der Trierisch Hoffman, 125 G; Merge (Maria), seine Magd, 3 G; Steinus, sein Knecht, 5 1/2 G; Hupricht, 100 G; Miß, 30 G; Meister Johann, Schomecher (Schuhmacher), 300 G; Platzen Thöniß (Anton), 12 G; Urban, 200 G; Oswaldt, 250 G; Johann, der Christhoffman, 400 G; Michael und seine Mutter, 250 G; Thernus, 250G; Anna, im Steine Haus, 350 G; Scheffer Heinrich, 250 G; Johann Schmit, 150 G; Hu-prichs Griet (Margarethe) 36 G; Zeigh, 50 G; Schneider Henrich Peter und seine Mutter, 250 G; Herman Hoffman, 250 G; Thöniß, sein Knecht, 6 G; Anna, seine Magd, 5 G; Johann Rodenbach, 20 G; Peter Schomecher (Schu-macher), Herr Johanns (des Pastors) Sohn, 150 G; Peter, des Pastors Eydomb (Schwiegersohn), 100 G; Claeß Scheffer (Schäfer), 100 G; Peter, der Bott, 250 G; die Kirche daselbst (in Retterath) 200 Gulden.

Arbach (Arbach)

Theiß (Matthias) von Arbach, 700 G; Peter, sein Knecht, 10 G; Nieß, seine Magd, 4 1/2 G; noch ein Thöniß (Tünnes, Anton), 6 G; Franz Theisen Sohn, 100 G; Peter Jeßer, 300 G; Merge (Maria) seine Magd, 1 Gulden, 18 Albus; Herman, 50 G; Luicken Johann, 150 G; Michael Hoffman, 200 G; Paupertas (Armut) Franz, sein Junge, 3 G; Peter Moßbruch, 125 G; Merge, seine Magd, 1 1/2 G; Steinen Peter und seine Tochter Gertrud, 200 G; Adam, der Scheffer (Schäfer), 150 Gulden.

Oberelz (Eltz)

Kyrst (Christian), Heimbürger (Bürgermeister), 400 G; Eberhard, sein Knecht, 10 G; Margret, seine Magd, 3 G; Theiß (Matthias), 400 G; Anna von Eltz und ihr Sohn Simon, 100 G; Johann Scheffer, 100 G; Claeß (Nikolaus), 150 G; Plonge (Apollonche), seine Magd, 2 G; Scheffer Claeß, 150 G; Jeßen Johann, 100 G; Karst Peter, 100 G; Siepen Thöniß (Anton), 300 G; Siepen Paul, 200 G; Rech Theiß, 100 G; Karst Mertein, 204 G; Nieß, 75 G; Gerhardt, 300 G; die Kapelle daselbst, 200 G; Thöniß, der Kühe Hirt, 6 Gulden.

Lirstal (Lierstall)

Claeß (Nikolaus), der Vogt, 450 G;, Threinen Paul, 150 G; Müllen Johann, 300 G; Zimmer Theiß und seine Schwäger Frau Gertrud, 300 G; Pauls Trein (Katharina), 100G;Hein, 150 G; Mertens Johanns Theiß, 125 G; Steine, 100 G; Müllers Hupricht (Hubert), 600 G; Heinrich, sein Knecht, 3 1/2 G; Schneider Johann, 125 G; Mertein und sein Sohn Jörg (Georg), 200 G; Thewaldt und seine Mutter, 275 G; Claeß, sein Knecht, 4 1/2 G; Schneider Thöniß, 250 G; Eva, seine Magd, 150 G; Gierden Theiß, 150

G; Bocks Peter, 75 G; Müllers Mertein, 100 G; Franßen (Franzen) Theiß von Dürenbach, 200 G; Grete (Griedt), seine Magd, 4 G; Johann, sein Knecht, 5 G; Theiß Scheffer (Schäfer), 75 G; Johann Hoffman, 300 G; Johanna, seine Magd, 4 1/2 G; Peter vor Pochten, 300 G; Lehentz, der Kuhhirte, 6 G; Peter, der alte Hoffman, 350 Gulden.

Kolverath (Kolfraed)

Henrich (Heinrich) und sein Sohn Theiß, 300 G; Lux (Lukas), Scheffer (Schäfer), 18 G; Theiß Hoffman, 250 G; Krüpell Johann, 100 G; Trein-ßen Johann, 150 G; Seimon (Simon), 75 G; Lenhardt, 100 Gulden.

Bereborn (Berenborn) Kuli Hans, 20 G; der junge Krüpell Johann, 100 G; Rider Simon, 100 G; Theiß und sein Eidomb Johann, 600 G; Lütt Simon, 150 G; Steinen Peter, 150 G; Cleßgin (Kläschen), sein Junge, 3 G; Steffen und sein Sohn Mei (Mey), 300 G; Johann, sein Junge, 3 G; Bärbelen Theiß, 100 G; Peter Klemeister, 100 G; Peter von Eltz, 20 G; Bur Johann, 100 G; Lehentges Johann, 100 Gulden.

Mannebach(Mannenbach)

 Kreusers Johann, 800 G; Johann, sein Knecht, 11 G; Grete, seine Magd, 4 1/2 G; Pauls, der Holzmüller, 200 G; Kuynnen (Keunen) Johann, 200 G; Jakob, 200 G; Feien Johann, Heimbürger, 200 G; Merge (Maria), sein Mädchen, 2 G; Gerhardt, der Schäfer, 100 G; Feien Adam, 100 G; Peter Weffer (Weber), 150 G; Merge, nihil habet nihil dabit (hat nichts, gibt nichts)-; Feien Theiß, 100 G; Marx (Markus), 100 G; Jax, 125 G; Johann Weffer (Weber), 100 G; Goiddartz Johann, 12 G; Hermann, 200 G; Theiß, sein Knecht, 4 G; der junge Karst Johann, 100 G; der alte Karst Johann, 200 G; Theißgen, sein Knecht 2 1/2 G;, Grutte Johann, 250 G; die Kapelle, 250 G; Welpen Peter, 100 G; Fyhen (Feihen) Johann, 50 Gulden.

Sickerath (Sickerodt),

heute Ortsteil v. Mannebach (s. Anm. 1). Schlack Johann, 75 G; Moder, Johann, 500 G; Peter Wehy, 200 G; der junge Müder (Moder) Johann, 200 G; Schneider Johann, 150 G; Lux, 200 G; Giert (Gertrud), seine Magd, 4 G; Lux (Lukas), sein Knecht, 4 G; Weihers, Johann, 75 G; Theiß, 100 G; Breit Johann, 200 G; Johann,sein Junge, 4 Gulden.

Guldentaler von 1560 des Trierer Erzbischofs Johann VI. von der Leyen (1556 - 1567),

Von jedem Gulden Vermögen wurde 0,5 % an Türkensteuer abgeführt. Knechte und Mägde zahlten von jedem Gulden Jahreslohn einen Kreuzer. Nach der Reichsmünzordnung galten von 1551 - 1559: 1 Gulden = 28 Albus, = 72      Kreuzer, = 224 Pfennig. Nach 1559: 1 Gulden = 60 Kreuzer.

Lind-Nitz (Tholtz-Nitz),

heute Ortsteil von Nitz (s. Anm. 2). Johann Baur (Müllermeister), 400 G; sein Knecht Johann, 7 G;, Wurtzels Hans, 100 Gulden. Die Vermögensverhältnisse in steuerstatistischer Übersicht für die gesamte Grafschaft Virneburg.

Gesamtzahl 1552 in der Grafschaft: 328 Steuerpflichtige.

Anmerkungen:

1. Zu Sickerath, s. Alois Mayer/Erich Mertes, Sagen Geschichte Brauchtum aus der Verbandsgemeinde Kelberg, Daun 1986, S. 140ff.

2 Bei Lind-Nitz (Tholtz-Nitz) handelte es sich um den Virneburgischen Ortsteil Nitz, rechts der Nitz. Der Teil des Ortes auf der linken Bachseite gehörte zum kurkölnischen Amt Nürburg; s. Wilfried Manheller/Erich Mertes, NITZ Chronik eines geteilten Dorfes, Nitz 1987, S. 49ff.

Quelle:

Staatsarchiv Wertheim, K11

Literatur:

Johann Josef Scotti, Sammlung der Gesetze und Verordnungen des Kurfürstentums Trier, Band 1, Düsseldorf 1832.

Steuerpflicht. Vermögen in Gulden

Anzahl der Steuerpflichtigen

Anteil in %

0- 20

70

21,34

21 - 100

112

34,15

101 - 200

82

25,00

201 - 300

46

14,03

301 - 400

9

2,74

über 400

9

2,74