Anekdoten aus dem Kreis Daun

Franz-Josef Ferber, Daun

 

Neumodische Dinge

Mitte der fünfziger Jahre brach auch in der Eifel eine neue Zeit an. Die Fernsehapparate hielten in unsere Dörfer Einzug. Das war für die meisten Leute ein geradezu revolutionäres Ereignis. Die Älteren taten sich schwer, moderne Technik zu begreifen. Herrliche Episoden spielten sich zuweilen in den Wohnstuben mancher Bauersleute ab.

Da war zum Beispiel der »Bunge Hannes« in Utzerath, ein Mann in vorgeschrittenem Alter. Er ließ es sich partout nicht nehmen, dabei zu sein, wenn allabendlich das Fernsehgerät eingeschaltet wurde. An den ersten Abenden entspann sich sogar ein Dialog zwischen ihm und dem Fernsehansager. Der Sprecher begrüßte die Zuschauer in freundlicher Manier: »Guten Abend, meine Damen und Herren!« Hannesreagierte prompt und antwortete in ordentlichem Hochdeutsch: »Guten Abend, lieber Herr!« Danach rief er aufgeregt seinen Sohn herbei und erklärte ihm: »Nau kuck eeß Franz, wat dat önn freundlesche Maan öß. Suh freundlesch öß önn janz Uhtzat keeh Mansch zooh däh ahle Leut!«

Bunge's Nachbarn, die »Acker«, waren nicht weniger beeindruckt von dem neumodischen Ding. Erstaunlich, daß auch Juhsep, der alte Junggeselle, sich hierfür begeisterte. Seine Augen waren jedoch schon altersschwach, deswegen setzte er sich direkt vor den Bildschirm und harrte, wie es in der Bibel steht, der Dinge, die da kamen. Auch hier zeigte sich der freundliche Mann vom Vorabend. Brigitt, Juh-sep's Schwägerin, sah ihren Schwager in spekkigen Werktagskleidern vor dem Fernsehapparat sitzen. Voller Entsetzen redete sie ihm zu: »Ömm Himmels Welle, Juhsep, wat soll däh Maan denke. Däh sejt joa dejn dreckesch Klee-da. Jank unn dooh dia önn Sunnesse Oann-zoch oann!« Juhsep jedoch antwortete seelenruhig und seinen Stuhl beiseite rückend: »Oach wat, esch sätze mesch önn de Äck, doah sejt däh mesch net!«

Der heilige Donatus und sein Sohn

Seit Jahr und Tag wird in der Gemündener Kapelle der heilige Donatus, Sohn eines fränkischen Edlen, verehrt. Er gilt als Schutzpatron gegen Feuer und Ungewitter. Ihm ist auch das schmucke Gotteshaus geweiht.

Wie die Gemündener, so verehrten auch die Rengener diesen frommen Mann. Jedes Jahr im August pilgerten sie in einer Prozession nach Gemünden, um Schutz und Segen für ihre Feldfrüchte zu erflehen. Wegen häufiger Gewitter, die der Ernte schadeten, hatten sie einst die Bittgänge gelobt.

Die Donatus-Statue an der Wand war alt geworden, der Zahn der Zeit hatte an ihr genagt. Da sahen es die Gemündener als ihre heilige Pflicht an, die Figur gründlich restaurieren zu lassen. Nun erstrahlte Donatus zur Freude aller in neuem Glanz.

In jenem Jahr war es, daß die Rengener über den Dauner Wehrbüsch betend und singend gen Gemünden zogen. Dort angekommen, bemerkten sie sofort die Veränderung des von ihnen Verehrten. Ein älterer Mann konnte es gar nicht fassen, daß der ihm zeitlebens Vertraute derart verjüngt aussah, daß er ihn nicht mehr so recht wiedererkannte. Tränen traten dem frommen Pilger in die Augen, so gerührt war er. Er muß wohl geglaubt haben, des Heiligen Sohn habe von nun an das Patronat der Gemündener Dorfkirche übernommen. Irritiert kniete sich der alte Herr vor den heiligen Jüngling, blickte erfürchtig zu ihm auf und erklärte ihm, für die ganze Pilgerschar deutlich vernehmbar in freundlichem Ton: »Leewe Jung, dau kannst mat sesche jelöwe, dejne Voadda, dän hoann esch noch joot jekannt!«

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