Backhausordnungen
August Meyer, Daun
In einem Dorf sind tausend Gründe denkbar, die zu Streit und Feindschaft führen können. Ihnen den Boden zu entziehen ist und war zu allen Zeiten eine wichtige Aufgabe des friedlichen Miteinander der Dorfbewohner. In den Regelungen, welche die Benutzung eines gemeinsamen Backhauses ohne Streit garantierten, haben wir Beweise für entsprechenden Friedenswillen und für Kreativität. Deshalb wäre es gut, solche Ordnungen nicht zu vergessen. Dieser Kurzbericht möchte anregen, dörfliche Eigenregeln zu erfassen und festzuhalten.
In Tettscheid war im Backhaus ein Loch in der Mauer neben der Türe. Dorthin legte die Frau, die am folgenden Tage backen wollte, einen Stab. Kam eine zweite und dritte hinzu, sahen diese, daß sie später an die Reihe kamen und konnten sich auf die entsprechende Zeit einstellen.
In Alflen trafen sich die Frauen, die backen wollten, nach dem Abendläuten und einigten sich auf die Backfolge des kommenden Tages. In Rengen lagen die Wochentage für bestimmte Familien fest. Wollte ein Nichtberechtigter backen, setzte er sich mit den Familien in Verbindung.
In Herdorf, einem großen Arbeiterdorf des Siegerlandes, standen etliche Backhäuser, die von Berechtigten gebaut worden waren. Im Ern (Flur) eines Hauses hing eine Schiefertafel mit Griffel. Wer backen wollte, schrieb seinen Namen und die Backzeit auf. Die Familie, die den »Stein« (= Tafel) hatte, bekam alle im Laufe eines Jahres anfallende Asche als Entgelt. Auf einem jährlichen Treffen wurde ausgelost, wer montags morgens anzuheizen hatte, denn das kostete ja mindestens ein Schanze mehr als normales Backen. Außerdem wurde die Familie ermittelt, die im kommenden Jahr den Stein bekam.