Der alte Holzapfelbaum

Maria Schüßler, Birresborn

 

Bei einem Spaziergang, der Herbst war

nicht weit,

stand ich plötzlich vor'm Freund aus der

Kinderzeit.

 

Ein Holzapfelbaum, weit abseits er steht,

auf der alten Viehweide, wo mein Weg

hingeht.

Sein Anblick weckt die Erinnerung

an frühere Zeiten, als wir noch jung.

 

Sobald es Mittag, und die Schule war aus,

zogen wir zum Kühehüten hinaus;

und war das Vieh in der Wiese drin,

zog's uns unwiderstehlich zum Apfelbaum

hin.

 

Dort wurde gespielt und schwadroniert,

unsere Wertsachen um den Baum rum

drapiert.

Zog mal ein Regenschauer über das

Land,

sind wir unter sein schützendes Dach ge-

rannt,

und brannte die Sonne zur Heumonatszeit,

er stand mit kühlendem Schatten bereit!

 

Im Herbst sammelten wir seine Äpfel ein

und konnten uns über zusätzliches Kirmes-

geld freu'n.

So war er unser Freund übers ganze Jahr,

ein Freund, der stets für uns Kinder da war.

Jahrzehnte sind seither gegangen ins

Land,

bis ich heut' wieder den Weg zu unserer

Wiese fand.

Dort steht unbeeindruckt vom Geschehen

der Welt,

noch der Baum, wo Gott ihn einst hinge-

stellt,

getreu Früchte tragend, Jahr für Jahr,

wie es schon in unserer Kindheit war.

 

Die Kinder spielen nun nicht mehr hier,

doch die Tiere des Waldes kommen zu

dir,

und da die Menschen deine Frucht nicht

mehr wollen,

die Tiere an den Äpfeln sich laben sollen!

 

Viel hat sich verändert seit der Kinderzeit!

Du bist noch der Gleiche: Leb' wohl, alter

Freund!