Zauberer, Hexen und Gespenster

Malte Blümke, Daun

 

Mit der Ausstellung "Von Zauberern, Hexen und Gespenstern, Jugendbuchausstellung Otfried Preußler - Herbert Holzing" stellte das Veranstalter-Team des Leseclubs "Bücherwurm" am Geschwister-Scholl-Gymnasium, der Buchhandlung Werner, der Kreisbibliothek und der Volksbank Daun zum vierten Mal eine große Kinder- und Jugendbuchausstellung der Öffentlichkeit vor. Die erfolgreichen Ausstellungen "So entsteht ein Bilderbuch" mit Gisela Kalow und Achim Bröger, "Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels" mit Tilman Röhrig und besonders "Lesen ist so schön wie fliegen" mit Willi Fährmann hatten die Veranstalter darin bestärkt. Neu war die Mitwirkung des Kulturkreises Daun, der sich neuerdings auch dem Feld der Literatur zuwendet.

Die Ausstellung sollte natürlich Kinder und Jugendliche ansprechen. Es gibt nur wenige, die nicht schon einmal von "Der kleinen Hexe", dem "Räuber Hotzenplotz", dem "Kleinen Gespenst", der "Dummen Augustine", dem "Kleinen Wassermann", "Thomas Vogelschreck", dem "Starken Wanja" oder "Krabat" gehört haben. Denn Preußler, dessen Bücher eine Gesamtauflage von mehr als 12 Millionen Exemplaren erreicht haben, ist einer der erfolgreichsten Kinderbuchautoren.

Der Titel der Ausstellung "Von Zauberern, Hexen und Gespenstern" verwendet den Kindern und Jugendlichen bekannte Figuren aus den Bücheren Otfried Preußlers; er weist in die Welt der Imagination und des Phantastischen, der Märchenerzählung und Sagen, der Mythen und Legenden. Doch woher nimmt Preußler - frei nach Shakespeare - "die Stoffe, aus denen die Träume sind"?

Er findet sie in der Schatztruhe der Geschichten und Erzählungen seiner böhmischen Heimat, dem Isergebirge, wo es von Geistern und Gespenstern, Hexen und Zauberern, Teufeln und Riesen nur so wimmelt. Durch den Vater, der sich sehr für Heimatkunde interessierte, kam Preußler zu den Erzählquellen; durch die Großmutter - hier haben wie eine Parallele zu Fährmann - zum Fabulieren und Geschichtenerzählen.

Der Reiz der Magie, der teilweise in den Vorwurf der Weltflucht umgemünzt wurde, reicht jedoch zur Erklärung nicht aus. Preußler erklärt den Reiz der Volkssage mit der ihm eigenen Prägnanz: "Ich halte diese Geschichten, wie sie in der Volkssage tradiert werden, für außerordentlich wichtig, denn die Sage ist das Gedächtnis des Volkes, des einfachen Volkes. Es sind Berichte von wichtigen Begebenheiten, von Erfahrungen, die die Menschen beeindruckt und beschäftigt haben. Stoffe, die mich auch unabhängig von diesen Geschichten beschäftigen. Eigentlich sind es die großen Themen der Menschen, die darin aufscheinen: Erfahrungen mit dem Übersinnlichen, mit dem Außernatürlichen, mit besonderen Mächten und besonderen Menschen. Immer wieder begegnen einem die großen Fragen nach Schuld und Sühne - abgesehen davon, daß diese Sagen auch Modelle bieten, wie man mit der einen oder anderen Sache leichter fertigwerden kann. Es steckt sehr viel Psychologisches darin."

Hier sind die Bezüge zur Eifel zu sehen, die aufgrund ihrer kulturräumlichen Besonderheiten zahlreiche Sagen und Geschichten aufweist. Allein Mathias Zender zählt ungefähr 1 900; sind - wie bei Preußler - Hexen- und Gespenstergeschichten. Sagen von Tod und Teufel, Schatzsagen, religiöse Sagen, Ritter-, Pest- und Kriegssagen.

In dem Trierer Illustrator Herbert Holzing hat Otfried Preußler einen kongenialen Partner gefunden, dem die Ausstellung zu gleichen Teilen gewidmet war. Herbert Holzing verdankten wir die rund 70 Originalillustrationen, vornehmlich aus dem "Krabat" und "Die Glocke von grünem Erz", dazu das Leitbild zur Ausstellung des über Schwarzkollm fliegenden Vogelmenschen Krabat. In einer Veranstaltung des Kulturkreises im Rahmenprogramm zur Ausstellung erklärte Holzing seine Auffassung von guter Buchillustration. Das Bild im Buch solle den Text erläutern, aber nicht die Phantasie des Lesers einschränken. Deshalb braucht der Illustrator nicht die Stellen graphisch darzustellen, die der Autor bereits ausführlich schildert. Vielmehr soll der Illustrator die Stellen des Textes auswählen, von denen der Leser sich nicht so leicht ein Bild machen kann. Durch Ausstellung und Vortrag wurde deutlich, daß Holzings eigene und einzigartige, fast archaische Bildsprache die Besonderheiten der Geschichten Preußlers aus Böhmen, der Lausitz oder Rußland besonders treffend ausdrücken kann. In Werk und Wirkung des Autors Otfried Preußler führte der Vortrag der Eröffnungsveranstaltung, gehalten von Horst Schaller, dem Vizepräsidenten der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur. Preußlers Werk sei inzwischen in 41 Sprachen erschienen, es lägen 190 Übersetzungen vor, zwischen 1957 und 1988 habe Preußler 24 Auszeichnungen erhalten, und doch habe man Preußler in den siebziger Jahren vorgeworfen, er stelle in seinen Bücheren eine heile Welt dar, lenke damit von wirklich wichtigen Fragen ab. Preußler habe diesen Kritikern erwidert, er stelle eine heilbare Welt dar. Die Originalausgaben der Bücher von Otfried Preußler mit den Übersetzungen in alle wichtigen Sprachen zeigten Breite und Wirkung des Werkes. Entstehungssweise, Werk und Wirkung wurden darüber hinaus in 35 großen Schautafeln, die der Thienemann Verlag Stuttgart zur Verfügung gestellt hatte, mit Dokumenten, Manuskripten, Andrucken, Fotos, Quellen, Briefen, Trickfilmzeichnungen, Plänen und Theaterzetteln dargestellt. Daß die phantastischen Geschichten Otfried Preußlers die Kinder und Jugendlichen zu eigener Kreativität anregen, zeigten die Geschichten, Bilder, Puppen und Bastelarbeiten von Kindern und Jugendlichen aus verschiedenen Ländern, aber auch der Schreib-, Mal- und Bastelwettbewerb zu der Ausstellung, der mit 334 Teilnehmern beachtliche Resonanz fand und dessen Kulturkreis spontan eine Ausstellung der prämiierten Arbeiten veranstaltete.

Einen Höhepunkt der Ausstellung bildeten die Marionetten des Puppentheaters der Hauptschule Hillesheim aus dem Stück "Der goldene Brunnen" von Otfried Preußler.

Autorenlesungen und Hörspiele auf Toncassetten, Schallplatten und Gesellschaftsspiele wiesen schließlich auf die ungebrochene Beliebtheit der Figuren Otfried Preußlers hin.

Leben und Werk von Otfried Preußler und Herbert Holzing dokumentierte der Ausstellungskatalog, der mit Unterstützung des Kultusministeriums Rheinland-Pfalz und Firmen aus der Eitel erstellt werden konnte.

Die Kunde von der schönen Ausstellung in Daun drang sogar bis zum Räuber Hotzenplotz, der in einem Brief an die Veranstalter schreibt:

"Weile zur Zeit wieder einmal bei meinem Freund Otfried in Haidholzen, um mir dort selbst ein paar gute Tage zu machen. Und was kommt mir da so in die Hand? Ich finde auf dem Schreibtisch meines Freundes nicht nur ein Plakat, das auf eine gewisse Ausstellung bei Ihnen in Daun hinweist, ich finde desgleichen den Katalog Von Zauberern, Hexen und Gespenstern, der uns beiden sehr gefällt - also ich meine mich und meinen Freund. Mein Gott, haben Sie sich da einen Haufen Arbeit gemacht ! Also: Vielen Dank für alle freundliche Mühe, verbunden mit tausend Wünschen und den herzlichsten Rrrrrrräubergrüßen vom Rübezahlweg in Haidholzen, auch von Herrn Preußler: Räuber Hotzenplotz.